Die Kunst des Fliegens!

 

Je höher, desto besser. Und: Je mehr Wind, desto eher steigt der Drachen. Bei Flaute läuft sich Papa die Lunge aus dem Hals, damit die Kleinen ihren Spaß haben …

Schon seit Jahrtausenden faszinieren Drachen die Menschen. In frühen Zeiten galten sie als Boten, um Wünsche und Bitten der Menschen zu den Göttern zu tragen. Die ersten Drachen aus Seide und Bambusstäben stiegen im fünften Jahrhundert vor Christus in China gen Himmel.

Von dort aus gelangten die hauchdünnen Flugkörper nach Japan und Korea. Erst im 16. Jahrhundert eroberten Drachen die Herzen der Europäer. Bald kamen sie als Kinderspielzeug zu Ehren, wurden aber auch in der Wissenschaft eingesetzt. So erforschte etwa Benjamin Franklin mit seinen elektrischen Drachen die Wirkung von Blitzen.

Stabilität und Symmetrie gefragt

Eigentlich wollen wir ja weniger die Historie bemühen denn die Gegenwart. Traditionelle Drachen werden zwar immer noch aus Papier und Holz gemacht, die haltbareren Modelle aus dem Handel sind jedoch aus Kunststoff. Sie bestehen aus Drachengewebe, der Drachenwaage, die dem Ausbalancieren dient, einem Waagering, in den der Wirbel der Drachenleine eingehängt wird, und dem Gestänge. Den ruhigen Flug stellen Schwänze oder Kiele sicher. Das Wichtigste, um einen Drachen gut steigen zu lassen: sein geringes Gewicht, der Widerstand und die Stabilität. Wer sich selbst an die Arbeit macht, sollte unbedingt darauf achten, dass der Drachen exakt symmetrisch ist.

Daher: immer genau messen! Als Einsteiger- Modell zum Selbermachen bietet sich der Flachdrachen an, der aus einem Dreieck in einer Ebene sowie der Leine besteht. Ihm genügt schon schwacher Wind, um sich in die Lüfte zu erheben. Der Lenkdrachen, eine etwas anspruchsvollere Variante, eignet sich eher für ältere Kinder. Sein Vorteil: Er steigt schneller und lässt sich außerdem mit zwei oder vier Leinen manövrieren. Zugbewegungen steuern den Drachen; so kann er hoch aufsteigen oder sinken und sogar Loopings fliegen. Der Nachteil: Wer Meister werden möchte, braucht viel Übung.

Hightech-Drachen wiederum stellen die Kür unter den Drachen dar. Da sie einige Kraft entwickeln, braucht der Pilot ein Trapez, um ihnen standzuhalten. Daraus hat sich übrigens der Trendsport Kite-Surfen entwickelt: Auf einem Surfbrett stehend, lassen sich Abenteurer vom Drachen übers Wasser ziehen und werden beim Sprung über die Wellen hoch in die Luft geschleudert.

Hoch und höher

Wer seinen Drachen steigen lassen will, sucht sich ein möglichst freies Gelände. Vorsicht: An hohen Bäumen kann der Drachen hängen bleiben, zudem erschweren bei Hindernissen die geänderten Windverhältnisse das Steigen des Drachens. Besonders fernhalten sollte man sich von Strom-Masten. Auch was den Boden betrifft, heißt es aufpassen: Unebenheiten können dem Drachenfreund beim Laufen gefährlich werden … und nichts mindert das Vergnügen mehr als ein verstauchter Knöchel! Gestartet wird gegen den Wind, am besten bei einer Windgeschwindigkeit zwischen zehn und 25 km/h. Als Anhaltspunkt gilt: Die Äste der Bäume bewegen sich leicht im Wind.

Kein Spaß ohne Vorschrift

Bei aller Begeisterung: Auf die Sicherheitsbestimmungen sollte man nicht vergessen! Denn auch kleine Drachen gelten in Österreich als Luftfahrzeuge. Sie dürfen also nicht höher als 100 Meter steigen. Daher eine Schnur in maximal dieser Länge verwenden; zu kurz darf sie aber auch nicht sein, sonst fliegt der Drachen nicht! Die Schnur sollte außerdem aus Perlon bestehen, um im Fall des Falles die Leitfähigkeit für Strom gering zu halten. Bei Gewitter den Drachen sofort einholen – die feuchten Schnüre könnten den Blitz leiten! Übrigens: In der ehemaligen DDR war „Einen Drachen steigen lassen“ der Code pubertierender Jugendlicher, wenn es zur Sache gehen sollte. Aber das ist ebenfalls schon wieder Geschichte …

Bastelanleitungen:

Einsteiger-Modell

Ein richtiger Drache zum Selber-Basteln für die Kleinen, der zwar nicht fliegen kann, sich aber als Deko gut macht.
Material: Regenbogenpapier und Wackelaugen.
Kopf: Ein Quadrat (20x20cm) diagonal falten. Die gegenüberliegenden Ecken nach unten zur Mitte falten. Die Kopfspitze nach unten falten. Auf dem Gesicht die Wackelaugen anbringen und eine lange Zunge ankleben.
Körper: Zwei Streifen (49x6cm) schneiden und wie eine Hexentreppe falten. Dreieckige Zacken in die Taschen des Körpers einkleben. Schwanz ankleben.

Bunter Geselle

Benötigt werden ein unbeschrifteter Plastiksack, Acrylfarben, Pflanzenstäbe, ein 90 cm starker Faden.

  • 1. Aus dem Plastiksack ein Quadrat mit 48 cm Seitenlänge ausschneiden, am linken und rechten Rand sowie genau in der Mitte 14 cm von der oberen Kante hinuntermessen und markieren. Von der oberen Mitte zu den Markierungen an der Seite sowie zur unteren Mitte Linien ziehen, den Drachen ausschneiden.
  • 2. Klebeband auf die Mittellinie und über die Ecken kleben. Ecken einschlagen und lochen, zwei Schlitze (an der Ober- und Unterseite des Drachens) durch das Klebeband in die Mittellinie schneiden.
  • 3. Drachen nun mit bunten Acrylfarben lustig bemalen.
  • 4. Umdrehen und die Stäbe durch die Löcher stecken. Faden durch beide Schlitze in der Mitte fädeln und am senkrechten Stab hinten festbinden, sodass der Faden an der Vorderseite an zwei Stellen befestigt ist. Restlichen Faden über Stöckchen wickeln.
  • 5. Geschenkbänder als Schwanz anbinden, fertig!Flugobjekt

Erhebt sich bei guten Windverhältnissen in die Lüfte und macht dabei besonders gute Figur.

Material: Tyvek (erhältlich im Baumarkt) in Weiß 60 mal 50 cm, viermal 1 m mal 3 cm sowie Reste; Glasfiberstäbe 2 mm Durchmesser, einmal 57 cm, zweimal 23,5 cm lang; Winkel für Stäbe mit 2 mm Durchmesser, Acrylfarbe, Handgriff mit Schnur, Säge.

  • 1. Drachen mit geradem unteren Rand aufzeichnen, ausschneiden und bemalen.
  • 2. Beide Querstäbe in den Winkel stecken, mit Zange zusammendrücken und mit Tyvek-Streifen auf dem Drachen fixieren. Den Längsstab in der Mitte mit Tyvek-Streifen fixieren.
  • 3. Klebestreifen auf der Rückseite entlang der Mittellinie als Verstärkung für den Anknüpfpunkt der Schnur anbringen.
  • 4. Fünf Schwanzstreifen ankleben und mit Nadel und Faden fixieren. Wer will, bringt seitlich ein paar Streifen als Deko an. 5. Die Schnur von der Vorderseite auf die Rückseite durchstecken, 3 cm oberhalb des Kreuzes am Längsstab anbinden. Knoten mit Klebstoff fixieren.

 

Text: Dr. Marion Breiter-O’Donovan
Foto: camilla$$/Shutterstock.com