Gemeinsam sind wir stärker

Sie lachen und toben durch die Gruppenräume, spielen mit der Holzeisenbahn oder legen voller Begeisterung ein Puzzle. Dazwischen fällt schon einmal ein Becher mit Saft zu Boden oder ein Kind weint, weil es mit derselben Puppe spielen wollte wie die beste Freundin.

Claudia Schmid, dipl. Montessoripädagogin, und ihre Helferin Helga Bauer bringt das alles nicht aus der Ruhe. Gelassen meistern sie den Alltag von 7 Uhr früh bis 16 Uhr nachmittags mit der übermütigen 14-köpfi gen Schar in der Kindergruppe „Purzlbaum“. Nichts unterscheidet sie auf den erstenBlick von so vielen anderen betreuten Kindergruppen. Erst wenn Claudia ruft: „Wir gehen jetzt zu den Senioren. Wer möchte mitgehen?“, merkt man, dass hier doch einiges anders läuft. Meist stürmen die Kids sofort zur Türe, danach treten allerdings erstaunliche Disziplin und Ruhe ein.

Die Kleinen ordnen sich in einer Zweierreihe und schon marschiert die fröhliche Truppe vom untersten Stockwerk des Pensionistenwohnhauses, in dem der Kindergarten untergebracht ist, zu ihren um so viele Jahre älteren Freunden in den darüber liegenden Geschoßen.

Überall begegnen sich nun Jung und Alt, in den Gängen, der Aula, den Gruppenräumen bis in den Garten. Hier ein „Hallo“, dort ein „Schön, dich wiederzusehen!“ bis zu „Spielst du wieder mit mir?“ Der Versuch, mehrere Generationen unter einem Dach zu vereinen, ist o ffensichtlich gelungen.

Wir sprachen mit Claudia Schmid, der Gründerin der Kindergruppe:

fratz&co Die Arbeit mit Kindern erfordert viel Geduld und Liebe? Ist das deine Berufung?

Claudia Schmid: Ja, wahrscheinlich. Ich bin mit zwei Geschwistern aufgewachsen, unsere Mutter war immer zu Hause bei uns, hat sich viel mit uns be schäftigt und großartige Kinderfeste veranstaltet. Vielleicht hat mich das geprägt. Ich selbst habe auch drei eigene Kinder.

fratz&co Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Kindergartengruppe in ein Pensionistenwohnhaus zu integrieren?

Claudia Schmid: Ich wollte mich mit einer Kollegin zusammen selbständig machen, wir haben nach Räumlichkeiten gesucht.
Von einer Freundin habe ich erfahren, dass der Direktor des Pensionistenwohnhauses in Hetzendorf, Mag. Vinzenz Kiener, gerne ein Projekt, bei dem Jung und Alt zusammenkommen, in seinem Haus starten möchte. So ergab eines das andere! Bis heute sind wir dem Direktor unendlich dankbar. Die Zusammenarbeit klappt großartig!

fratz&co Wie funktioniert es?

Claudia Schmid: Viel besser als erwartet. Ich bin jeden Tag aufs Neue erstaunt, wie willkommen die Kleinen bei den älteren Leuten sind. Schon wenn wir durch die Gänge gehen, strahlen die älteren Menschen und erfreuen sich an der Lebhaftigkeit der Kinder.

fratz&co Besucht ihr sie täglich?

Claudia Schmid: Im Grunde schon, jedoch die gesamte Gruppe nur einmal in der Woche. Täglich gibt es bei uns unterschiedliche Aktivitäten – Turnen, Basteln, Musik, Montessori, an diesen nehmen immer so an die fünf Kinder teil. Im Rahmen dessen tre ffen sie die Pensionisten im Turnsaal oder Bastelraum. Die Senioren können uns auch jederzeit besuchen kommen. Die Kinder sind so etwas wie ein Enkelersatz für sie. Wir feiern sogar Feste zusammen.

fratz&co Welche Erfahrungen macht ihr in diesem Projekt?

Claudia Schmid: Nicht nur das Arbeitstempo von Senioren und Kindern harmoniert wunderbar, sondern beide Altersgruppen teilen auch die Freude am Spielen, Singen und kleinen Handarbeiten. Beide Generationen pro tieren voneinander: die Kinder erfahren von den älteren Menschen viel Liebe und Aufmerksamkeit, lernen von ihnen soziales Gespür, nehmen auf diese Rücksicht. Die Kinder wiederum geben viel Freude und Lebensenergie.

fratz&co Gibt es ein besonders schönes Erlebnis, das du in Erinnerung hast?

Claudia Schmid: Ja, vor kurzem ist die kleine Anna in unsere Gruppe aufgenommen worden. Sie hat anfangs sehr viel geweint. Eine Bewohnerin des Pensionistenwohnhauses hat das mitbekommen und ihr aus einem Taschentuch eine kleine Maus gebastelt. Anna hat sich so gefreut, seitdem weint sie nicht mehr und die Maus trägt sie immer mit sich. Das war sehr berührend!

fratz&co Was sind deine Pläne?

Claudia Schmid: Ich würde gerne noch so ein Projekt starten. Unser Direktor ist informiert, vielleicht klappt es ja mit einer zweiten Kindergruppe im Haus. Meine Kolleginnen, Helga Bauer, Michelle Teuschler und Sabine Smola sind eine großartige Stütze. Ohne sie würde das alles gar nicht funktionieren.

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