Aus zwei mach drei – Wenn es nur so einfach wäre. Wenn als Paar die Beziehung funktioniert, bleibt der Wunsch nach Kindern nicht aus. Doch der neue Mensch im Leben eines Paares sorgt auch für neues, unerwartetes Konfliktpotential. Text: Kerstin Pfeifer
Monatelang freut man sich gemeinsam auf den Nachwuchs. Man fühlt den Bauch nach Tritten, man richtet das Kinderzimmer ein und kauft Babykleidung. Das Thema Baby hat das werdende Elternpaar vollkommen eingenommen. Gemeinsam wird von der Zukunft als Familie geträumt. Der große Tag rückt näher und das Baby kommt. Doch dann, die Enttäuschung, alles ist anders, als man es erwartet hat. „Wenigen ist bewusst, wie sich die Beziehung durch ein Kind verändern wird“, weiß Petra Hainz, Lebens- und Sozialberaterin bei Nanaya – Zentrum für Schwangerschaft, Geburt und Leben mit Kindern.
Denn außer schlaflosen Nächten können sich Paare nur schwer etwas unter der Versorgung eines Kindes vorstellen. „Dass man aber wirklich 24 Stunden die Verantwortung für anderes Wesen hat, das ist etwas, das man sich einfach nicht vorstellen kann“, so Hainz. Während Mann und Frau versuchen in ihre Rolle als Eltern hineinzuwachsen, verlieren sie ihre bisherigen Rollen teilweise völlig aus den Augen. Irgendwann – zwischen Windeln wechseln, füttern und in den Schlaf singen – schießt einem der beiden Eltern eine Frage durch den Kopf: „Wo bleibe ich bei der ganzen Sache?“ Der Konflikt ist vorprogrammiert.
Liebst du mich noch?
In den meisten Fällen sind es die Väter, die sich durch die innige Beziehung zwischen Mutter und Kind ausgegrenzt fühlen. Doch auch Mütter sind zu jener Eifersucht fähig. „Als mein Mann unseren Sohn liebevoll im Arm wiegte, fragte ich mich, wann er das letzte Mal zu mir so zärtlich gewesen ist. Gleich im nächsten Moment schämte ich mich für diesen Gedanken“, berichtet uns Monika, Mutter des fünf Wochen alten Jonas. Was sie beschreibt, passiert vielen Frauen. Denn der neue Hormoncocktail alleine macht uns nicht gegen alle negativen Gedanken und Gefühle immun, doch darüber zu sprechen gilt noch immer als tabu.
Was kann man tun, wenn man sich ausgegrenzt fühlt und Eifersucht gegenüber einem unschuldigen Baby empfindet? Das Wichtigste ist die ehrliche Kommunikation mit dem Partner. Wer offen über seine Gefühle spricht, ist auf einem guten Weg, sie in den Griff zu bekommen. Im nächsten Schritt sollte für Zweisamkeit gesorgt werden, denn wie wichtig gemeinsame Zeit für eine Beziehung ist, merkt man schnell, wenn man keine mehr hat. „Gerade am Anfang kann man viel mit dem Baby machen, das trotzdem als Zeit für das Paar zählt“, beruhigt Petra Hainz, Schwieriger wird es, wenn das Kind größer wird und mehr Aufmerksamkeit fordert. Hier greift ein gutes Netzwerk aus Verwandten und Babysittern, um trotzdem Zeit für die Beziehung zu finden“.
Finden Sie Ihren Weg
Ziehen Sie sich auf keinen Fall von Ihrem Partner, ihrer Partnerin oder gar dem Baby zurück. Ignorieren Sie Ihre Gefühle nicht! Denn auch wenn Sie es zurzeit nicht so empfinden, Ihre Familie braucht Sie und Ihren Beistand. Ein weiterer Tipp: Verbringen Sie viel Zeit mit Ihrem Baby! Bauen Sie selbst eine intensive Beziehung zu ihm auf. Tragen Sie Ihren Nachwuchs zum Beispiel im Tragetuch spazieren und haben Sie so viel Hautkontakt wie möglich mit Ihrem Kind. So können Sie die Hingabe Ihres Partners oder Ihrer Partnerin besser nachvollziehen. Jedes Paar sollte nie vergessen, dass es seinen eigenen Weg in der Beziehung mit Kind finden muss. Hilfe von außen kann eine mögliche Richtung zeigen. „Nicht zögern, Beratungsangebote anzunehmen, die es gibt. Denn es ist eine große Veränderung“, gibt Petra Hainz abschließend.
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