Das Kinderzimmer quillt über, Ihr Kind ertrinkt in einem Meer aus Spielzeug. Längst hat es den Überblick verloren. Statt zu tüfteln und ausdauernd zu spielen, betreibt Ihr Kind „Spielzeug-Hopping“, kleckst zwei Minuten Wasserfarbe aufs Papier, wühlt drei Minuten in ausgekippten Puzzleteilen, stapft unbeirrt über entgleiste Lokomotiven, zerfledderte Bilderbücher und eine Puppe mit verdrehtem Kopf. In einem halbvollen Saftglas strampeln Obstfliegen ums Überleben. Da hilft nur eines: Aufräumen und Ausmisten.
Hilfe statt Härte
Kleinere Kinder brauchen Hilfe, je kleiner desto mehr. Das ganze Spielparadies alleine aufräumen – eine unlösbare Aufgabe. Ordnung verlangt organisatorisches Denken, die Fähigkeit Prioritäten zu setzen. Im Klartext: Mama und Papa zeigen wie´s geht. Sortieren Puzzleteilchen, entwirren die Schienen verschiedener Zugsysteme. Das Kind pfeffert indes seine Autos in die Blechkiste, bettet seine Stofftiere zum Schlafen auf die Fensterbank. Wer ist schneller fertig? Loben Sie Ihr Kind, so verbindet es etwas anfänglich Lästiges mit Positivem.
Regale alleine sind nicht genug
Kisten, Beutel, Schachteln und Schubladen – hier hat jedes Teil seinen Platz: Legosteine, Kugelbahnen, Bauklötze. Ist alles schön übersichtlich, kommen auch kleine Kinder klar. Es gilt: Kinderkisten sollten doppelt so groß sein, wie der dafür vorgesehene Inhalt. Voll ist die Box dann, wenn sie halb gefüllt ist. Nur so macht es Spaß darin zu wühlen und auch zu finden. Helfen Sie Ihrem Sprößling beim Sortieren, aber nehmen Sie ihm nicht jede Arbeit ab. Ihr Kind wird eigene Strategien entwickeln, für das nächste Mal.
Regelmäßiges Ausmisten
Entsorgen Sie zerrissene Bilderbücher, ausgetrocknete Filzstifte oder Autos mit fehlenden Rädern sofort. Spielt Ihr Kind wirklich noch mit Ringpyramide, Rasseln und Nachziehtieren? Aussortiertes Spielzeug findet neue Liebhaber auf dem Flohmarkt oder Tauschbasar. Größere Kinder haben Spaß daran. das Taschengeld etwas aufzubessern oder Spielsachen auszutauschen. Aber auch Kinder im Kinderheim oder Nachbarn, die weniger haben als man selbst, erleben Glücksmomente mit neuem alten Spielzeug.
Nein, das bitte nicht!
Manche Kinder brauchen alles: Wertloses, aber geliebtes Krimskrams (Beigaben aus Müslipackungen, Inhalt von Schokoladeeiern, Klopapierrollen) findet Platz in einer Übergangs-Box. Was nach einigen Wochen keiner vermisst, wird (unbemerkt) entsorgt. Bleiben Sie konsequent. So lernt Ihr Kind, dass Unordnung andere stört, dass Sie im Chaos-Zimmer keine Lust auf Vorlesen oder Spielen haben. Wenn Kinder sich trotzig weigern: Räumen Sie die Spielsachen für ein paar Tage weg. Streichen Sie eine geplante Aktivität (zum Beispiel Basteln). Wichtig ist, dass Sie Ihrem Kind die Konsequenzen ankündigen und – sie dann auch durchziehen.
Ein Auge zudrücken
Mühsam zusammengesteckte Zugschienen winden sich quer durch das Zimmer, daneben kurvt die selbstgebastelte Straße aus Papier. Manche Spiele dauern mehrere Tage. Lassen Sie die kleinen Kunstwerke stehen. Wichtig ist eine spielzeugfreie Schneise zwischen Kinderbett und Türe. So fällt keiner auf die Nase, der im Dunkeln aufs Klo oder ins Elternzimmer tappt. Spielt das Kind am nächsten Tag nicht weiter, wird weggeräumt.
Nur die Ruhe
Ermuntern Sie Ihr Kind zum Aufräumen, vermeiden Sie harschen Befehlston. Schafft Ihr Kind eingeschüchtert Ordnung, findet kein Lernprozeß statt. Zwingen Sie Ihr Kind nicht zur Ordnung, wenn es übermüdet ist. Reißen Sie es nicht mitten aus dem Spiel, kündigen Sie die Aufräumaktion vorher an. Wegräumen soll keine Strafe sein. Bestimmen Sie einen wöchentlichen Groß-Aufräumtermin und bleiben Sie konsequent. Motivieren Sie Ihre Kinder, Musik hebt die Stimmung. Und manchmal findet man beim Ordnungmachen auch längst verschollene Schätze.
Das Zimmer ist endlich sauber. Freuen Sie sich mit Ihrem Kind darüber. Und bleiben Sie gelassen: Tipps, Routine und Strategien erleichtern das Aufräumen. Nie mehr Chaos im Kinderzimmer – das können sie wohl nicht garantieren.
Text: Beate Giacovelli
Foto: pixabay_andreas lischka