Babys auf Entzug

Drogen – ich doch nicht! Nicht einmal probiert. – Das ist vermutlich die Reaktion der meisten Schwangeren. Aber was sind Drogen? Ist ein Glaserl Sekt giftig? Wo endet Genuss und wo beginnt der Missbrauch? Und vor allem, was könnte dem Baby schaden?

Drogenkonsum, Trinken oder Rauchen – in der Schwangerschaft ist das Baby live dabei. Es ist ‚high’, wird betrunken, oder ihm bleibt die Luft weg. Niemand würde ein Trinkfläschchen mit Rotwein füllen, oder statt des Schnullers eine Zigarette anbieten. Doch solange es noch im Bauch ist, bekommt ein Baby oft von beidem ab. Eine Reihe von Substanzen haben aufgrund ihrer Wirkung auf das Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) die Tendenz, süchtig zu machen. Dazu gehören neben ‚echten Drogen’ auch Alkohol und Nikotin. Je nach Konsum unterscheidet die Medizin: Genuss (gesunden Gebrauch), Missbrauch und Sucht (Abhängigkeit).

Die Übergänge verschwimmen allerdings, und der Prozess hin zur Sucht ist meist schleichend. Die legalen Suchtgifte Alkohol und Nikotin sind in unsere Gesellschaft weitgehend toleriert und bagatellisiert. Doch auch sie wirken toxisch (giftig) und können beim ungeborenen Kind unmittelbaren Stress und dauerhafte, irreparable Schäden verursachen.

Illegale Drogen

Illegale Drogen die eine Frau während der Schwangerschaft zu sich nimmt, erreichen über die Plazenta direkt das Ungeborene. Wenn das Baby auf die Welt kommt (die Gefahr einer Fehlgeburt ist hoch), ist es oft schon selbst von den Drogen seiner Mama abhängig und macht gleich einen Entzug durch.
Für Dr. Klaudia Rohrmeister, Oberärztin der Neonatologie am Wiener AKH, gehören ‚Drogenbabys’ seit Jahren zum Berufsalltag. Unaufgeregt berichtet sie von den Vorteilen des interdisziplinären Betreuungsmodells zwischen Geburtsklinik und Psychiatrie. Dadurch sind drogenkranke Frauen schon vor der Entbindung an der Drogenambulanz in Behandlung und werden ‚stabilisiert’. Das bedeutet, sie erhalten während der Schwangerschaft in kontrollierter Weise eine Substitutionsdroge (Methadon, Morphin..), und das Geburtshilfeteam ist auf die besondere Problematik vorbereitet. Dieses Vorgehen ermöglicht in 90 Prozent der Fälle eine normale Geburt. Die Babys kommen meist ins ‚Kinderzimmer’, und nicht auf die Intensivstation.

Entzugssyndrom bei Neugeborenen

Ob ‚Straßendroge’ oder Ersatzmedikament, die Gefahr eines ‚Neonatalen Abstinenzsyndroms’ ist gegeben. – Das gilt übrigens auch für Alkohol und Nikotin. – Die Symptome sind vielfältig (extreme Reizbarkeit, Zittern, Durchfall und Erbrechen..) und treten meist innerhalb der ersten drei Lebenstage auf.
Wie beim kleinen Tom. Vor zwei Tagen ist er auf die Welt gekommen. Ein bisschen kleiner und leichter als die meisten zwar, sonst aber okay. Doch bald wechselten sich bei ihm Schreiattacken und Krampfanfälle ab. Bekommt er das Fläschchen, saugt er wie wild, nimmt dabei aber nichts zu sich. Auch das Atmen bereitet ihm Probleme. Seine Mama ist drogen- und nikotinsüchtig, bisher unbehandelt. Der kleine Tom startet sein Leben folglich mit einem Entzug. Ob er sich normal entwickeln wird, wird sich erst im Laufe der nächsten Jahre zeigen.

­­Je nach Schwere der Entzugssymptome werden die Neugeborenen mit ‚comfort care’ (reizarme Umgebung, festes Wickeln – das sog. ‚kangarooing’, häufiges Füttern), oder aber mit Medikamenten behandelt. Die Entzugstherapie dauert durchschnittlich 2-3 Wochen, dann gelten die Winzlinge als geheilt. Rückfallgefahr besteht keine, da bei ihnen die ursprüngliche Problematik, die die Mutter zu den Drogen greifen ließ, wegfällt.

Ob es ihnen dann gut gehen wird in ihrem Leben? Wachsen sie bei ihren Eltern auf? Neigen sie selbst zu Suchterkrankungen? – Diese Fragen stellt man sich zwangsläufig. Können an dieser Stelle aber nur angerissen werden. – Fast alle ‚Drogenbabys’ verlassen die Geburtsklinik mit ihren Müttern, nach zwei Jahren sind noch rund die Hälfte bei ihnen. Die anderen bei Pflegefamilien und Adoptiveltern.

Im AKH Wien bekommen die Babies nach der Geburt einen kleines Gerät mit Monitor mit nach Hause, das ihre Herz- und Atemtätigkeit kontrolliert. Die Eltern werden eingeschult und müssen mit Sprössling und Monitor regelmäßig die SIDS (Sudden Infant Death Syndrom) Ambulanz aufsuchen. Weiters wird der Kontakt zum Neurologischen Zentrum Rosenhügel zur weiteren Beobachtung des Kindes hergestellt. Die drogenkranke Mutter wird psychiatrisch (weiter)betreut.

Straße oder Therapie

Dr. Rohrmeister sieht die größte (Lebens-)Gefahr für drogenkranke Mütter und ihre Babys im illegalen, unbehandelten Bereich. Wo Straßendrogen oft durch Prostitution beschafft werden müssen und Stress, mangelnde Hygiene, unreine Drogen und Entzugsphasen die Lebensumstände bestimmen. All das führt häufig zu Fehlgeburten. Erlebt das Baby seine Geburt, ist diese meist frühzeitig und kompliziert. Höchstwahrscheinlich leidet es an unmittelbaren Problemen und dauerhaften Schädigungen wie Atem- und Trinkschwierigkeiten, Infektionen, Entwicklungsverzögerungen und Schäden des Nervensystems.

Im Vergleich dazu haben Ersatzsubstanzen Wirkungen und potentielle Nebenwirkungen um die man weiß. Sie unterbinden den Beschaffungsstress der Drogenkranken und wirken auf den Fötus nicht direkt schädigend. Allerdings können sie eine Abhängigkeit hervorrufen, welche zum beschriebenen Entzugssyndrom führt. Dieses ist behandelbar und zeitlich begrenzt.

Entzug ja, aber nicht jetzt

Außer Frage steht, dass KEIN Drogenkonsum das beste für Mama und Baby wäre. Allerdings ist laut Dr. Rohrmeister die Schwangerschaft der falsche Zeitpunkt, um einen Entzug durchzuführen. Durch die daraus resultierenden mütterlichen Spiegelschwankungen würden vorzeitige Kontraktionen, Mangelversorgung und Wachstumsstörungen das Ungeborene akut gefährden. In der Substitutionstherapie wird daher die Dosis aufgrund der hormonellen Veränderungen der Schwangeren sogar erhöht, um sie zu stabilisieren. Für drogenkranke Frauen – die übrigens in allen Gesellschaftsschichten zu finden sind – ist eine Schwangerschaft oft auch eine Chance. Um für das Kind gesund zu werden.

Alkohol

Univ. Prof. Dr. Otto-Michael Lesch, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Suchtmedizin, meint: “Die Menge an Alkohol, die in der Schwangerschaft erlaubt ist, ist Null! Abweichende Angaben sind ein Kompromiss zwischen Politik und Alkoholindustrie.“
In den westlichen Industrieländern ist Alkohol die Hauptursache für Schädigungen des Ungeborenen. Trinkt die Schwangere Alkohol, gelangt er über die Plazenta ungehindert zum Baby. Der Alkoholspiegel von Mutter und Kind ist rasch ident.

Achtung giftig!

Alkohol ist Gift. Er schädigt alle Systeme und Organe des Ungeborenen, insbesondere das Gehirn. Je nach Zeitpunkt – d.h. in welcher Entwicklungsstufe er gerade stört – richtet er unterschiedliche Schäden an. Innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen werden alle Organe angelegt. Alkohol in dieser Zeit führt oft zu Missbildungen und geistiger Retardierung. Danach behindert Alkohol v. a. die vorherrschenden Wachstumsprozesse. Babys werden meist untergewichtig, mindergroß und mit zu kleinem Kopf geboren.

Die schwerste Form der alkoholbedingten Schädigung wird in der Medizin als ‚Fetales Alkohol Syndrom’ (FAS) bezeichnet. 30-40 % der Babys alkoholkranker Mütter sind vom FAS betroffen. In Österreich sind das jährlich etwa 200 Kinder.
Symptome des Fetalen Alkohol Syndroms

Entwicklungsverzögerungen

Mental
Motorisch
Sprache
Soziale Reife

Vermindertes Wachstum
Größe
Gewicht
Kopf

Missbildungen
Gesicht
Herz
Nieren

Hirnfunktionsstörungen
Von leichten Lernstörungen bis zu schweren geistigen Behinderungen
Hyperaktivität
Gereiztheit
Konzentrationsschwäche
Koordinationsprobleme

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Alkohol dem Ungeborenen schadet. Welche Menge welche Konsequenz hat, bleibt aber ungewiss, denn das ist von Mutter zu Mutter und von Baby zu Baby unterschiedlich. Anders gesagt: es gibt keine Grenze, bis zu der Alkoholkonsum als unbedenklich gilt. Außer: null Komma null.

Alles oder Nichts

Innerhalb der ersten Tage der Schwangerschaft (während derer sie oft noch nicht bekannt ist) geht die Wissenschaft von einer ‚Alles-oder-Nichts-Regel’ aus. Zwischen Befruchtung der Eizelle und ihrer Einnistung in die Gebärmutter verursacht Alkohol keine bleibenden Schäden, da leicht geschädigte Zellen noch ersetzt werden können. Bei zu starker Schädigung kommt es zu einer Fehlgeburt (in diesem Stadium oft sogar unbemerkt).

Nikotin

Eine einzige gerauchte Zigarette lässt die Herzfrequenz des Babys im Bauch um 10-15 Schläge pro Minute steigen. Das klingt nach Stress!
Das in Zigaretten enthaltene Nikotin – aktiv oder passiv geraucht – wirkt doppelt negativ für das Ungeborene. Einerseits verengt es die Gefäße und schädigt so die Plazenta. In Folge ist die (Sauerstoff-)Versorgung des Kindes mangelhaft. Andererseits gelangt das Nikotin direkt zum Fötus und hat eine toxische Wirkung auf sein Zentralnervensystem. Für die Mutter kann das Blutungen, vorzeitige Wehen und sogar eine Fehlgeburt zu Folge haben. Für das Kind bedeutet es oft:

Unreife, Atemnot, oder –stillstand
Vermindertes Geburtsgewicht
Nikotin-Entzugserscheinungen nach der Geburt
Erhöhtes Risiko des plötzlichen Kindstodes
Höheres Krebsrisiko
Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitätsstörung
Emotionale Störungen, Suchtgefährdung
Entwicklungsrückstände
Asthma, Krankheitsanfälligkeit

Im Vergleich zu alkoholbedingten Schädigungen (FAS) sind diese Symptome medizinisch in keinem Syndrom zusammengefasst, woraus man auf mangelndes Problembewusstsein schließen könnte. Nikotin verschärft die Probleme vieler suchtkranken Schwangeren (Alkohol, Drogen) zusätzlich, da die meisten von ihnen auch rauchen.

Ein Verzicht auf Zigaretten während (und idealerweise schon vor) der Schwangerschaft ist absolut erstrebenswert. Ist das aus eigenem Antrieb nicht mehr möglich, ist professionelle Hilfe und gegebenenfalls eine Nikotin-Ersatz-Therapie (Pflaster, Kaugummi..) notwendig.

bosch hundefutter ohne getreide Hundefutter im Test: Was versorgt die Vierbeiner mit allen Nährstoffen: bestes hundefutter im test Wie heißt es so schön: Der Hund ist der beste Freund des Menschen der unabhängige Hundefutter Test von Stiftung Warentest trockenfutter wolfsblut test

Was haben Suchtgifte mit mir zu tun?

Die wenigsten schwangeren Frauen sind abhängig von Suchgiften. Gott sei dank. Aber mit dem Wissen um deren Wirkungsweisen sollte auch der persönliche Alkohol- und Zigarettenkonsum überdacht werden. Denn schwanger sein bedeutet Verantwortung haben. Man ist nicht mehr alleine in seinem Körper. Da ist ein kleines Wesen, das alles mitabbekommt. Ohne Mitspracherecht. Die Konsequenzen daraus muss jede schwangere Frau für sich selbst ziehen.

Ebenso sind Partner und das Umfeld gefordert. Denn raucht der Mann, ist seine Spermienqualität und Zeugungskraft vermindert. Und Passiv-Rauchen ist für Frau und Kind ähnlich schädlich, wie selbst am Glimmstengel zu ziehen. Auch Freunde in geselligen Runde sollten abstinente werdende Mütter nicht zum Trinken animieren.
Denn jedes Baby verdient denn bestmöglichen Start ins Leben!

Hilfreiche Kontakte

Literatur und Anlaufstellen

 “Auf Dein Wohl mein Kind“
Gratisbroschüre der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
www.bzga.de


„Zum Thema Sucht“ und „Der ganz normale Alkoholkonsum“

Gratisbroschüren des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen
Bestelltelefon 01 711 00 – 4700
www.bmgf.gv.at

AKH Wien
Drogen- und Alkoholambulanz 01 40400 – 3547
www.akhwien.at

Anton Proksch Institut Wien (Kalksburg)
Therapiezentrum für Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängige
www.api.or.at

Nikotininstitut Wien
01 585 85 44

Grüner Kreis
Verein zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Personen; österreichweit
www.gruenerkreis.at

Mag. Barbara Windisch

Fotocredit: Ivanna Pavliuk/Shutterstock.com

Fratz&Co (01_20_12_21)