Sie wollen nicht so unbedingt darüber reden, nein? Nun, aber ein paar fröhliche Geschichten aus den Betten anderer machen Ihnen bestimmt ein bisschen Spaß, wetten? Sehen Sie. Wieder etwas, das uns verbindet.
Geschichte in Sex
Sex ist ein Thema. Und war’s auch schon immer und überall: Finster wurde es erst im Mittelalter um den Spaß an der Sache. Denn alles, was Freude machte, war vom Teufel. Und wer gab schon sein Faible für Teuflisches zu, wenn ihn das vor die Inquisition bringen konnte? Verschwunden war das Interesse an Kirchen-nonkonformem Sex aber natürlich nicht, nur diskreter geworden.
Also lebte die Erotik in Märchen und Legenden weiter. Und als die Brüder Grimm ihre Volks- und Hausmärchen sammelten, da war schon klar: Für die Jugend musste man sie häufig erst bearbeiten. Denn dass der Prinz sich nach einem Sieg über eine hundertjährige Hecke mit einem staubigen Kuss zufrieden geben musste, das war natürlich nicht ganz so gemeint.
Genauso wenig übrigens, wie sich Rotkäppchen vor dem Wolf in Acht nehmen sollte: Wölfe überfallen nämlich bekanntermaßen keine Menschen. Pädophile schon.
Lehrhafte Legenden also!
Auch wenn wir heute nicht mehr gemeinsam die Spinnräder surren lassen – Kaffeetratsch, ein Telefonat oder ein kurzes Mail bringen sie: Legenden nämlich. Oder kennen Sie nicht auch eine Geschichte, die garantiert passiert ist? So eine, bei der Ihre Freundin eine Bekannte hat, die eine Frau kennt, deren Cousine daran beteiligt war?
Und haben Sie nicht auch schon von der wissenschaftlichen Studie – irgendwo aus Amerika – gehört, die irgendeine kleine feine Sexualschweinerei stichhaltig nachgewiesen hat? Sicher haben Sie’s gehört. Haben wir ja schließlich alle. Und daher muss es doch wohl stimmen, oder?
Nun, natürlich sprechen wir von Urban Legends, den kleinen verrückten Ideen und Geschichten, die manchmal vielleicht irgendwann sogar einen wahren Kern hatten. Und die hinter vorgehaltener Hand auch den letzten Bewohner des hintersten Osttiroler Bergdorfes erreichen. Und das Schönste an Urban Legends: Man kann nicht einmal beweisen, dass sie falsch sind – würde ja sowieso keiner glauben.
Die Sache mit den 10.000 “Schuss” zum Beispiel: Wetten, fast jeder Junge, der gerade die ersten Erfahrungen mit sich selbst macht, zählt, von schlechtem Gewissen geplagt, mit? Denn 10.000mal Spermienreserve – das ist bedrohlich wenig. Und wer kann sich schon sicher sein, dass es nicht stimmt? Das wussten auch die Erfinder des Märchens. Und sie hofften damit – vergebens natürlich – den Onaniekoeffizienten ein wenig zu senken.
Vom Schwimmbecken, dem Cola und dem Scheidenkrampf
Junge Mädchen haben da weniger Sorgen – zumindest, wenn sie sich nach den Verhaltensregeln unserer Großmütter richten: Trag nichts Schweres, geh nicht reiten, lass das Rad fahren – sonst bist du deine Jungfräulichkeit los und weißt nicht einmal was davon. Gibt Schlimmeres, meinen Sie? Klar. Eindeutig eine Geschichte, die erfunden wurde um ein gelegentlich abhanden gekommenes Hymen ohne Gesichtsverlust zu erklären.
Legendäre Schutzbehauptungen haben überhaupt schon eine längere Tradition: Kennen Sie die Story vom Mädchen, das schwanger wurde, nachdem es in einem Pool geschwommen war, in den der Nachbarsjunge ejakuliert hatte? Nein? Nun ja, ejakuliert hat er sicher.
Aber genauso sicher nicht in den Pool. Solche Geschichten fallen natürlich unter die Rubrik “Ätsch” – gemeinsam zum Beispiel mit jener vom Scheidenkrampf, der ein Pärchen dazu zwang, sich ineinander steckend ins Krankenhaus einliefern zu lassen. Aber wie steht’s mit alten Weisheiten wie der von der “Nase des Mannes und seinem Johannes”? Leiderleider: Vergessen Sie es.
Auch hinter dem größten Elefantenrüssel kann eine Mogelpackung stecken. Genauso wie verborgen zwischen Riesenbrüsten auch ein sexuell wenig interessiertes Herz schlagen kann: Die Größe macht’s nicht aus. Und die Form genauso wenig.
Da halten wir uns doch schon lieber an die Wissenschaft, oder? Wir alle kennen doch die Studie, die nachgewiesen hat, dass ein Mann durchschnittlich alle sieben Sekunden an Sex denkt. Fragen Sie einmal bei Ihren männlichen Bekannten herum: Die meisten werden das bestätigen. Denn welcher Mann gibt schon zu, dass er weniger oft an Sex denkt als seine Geschlechtsgenossen? Dabei hat der Kinsey-Report (und den gibt es wirklich!) nachgewiesen, dass bloß 54 % aller Männer einmal täglich oder öfter einen Gedanken an Sex knüpfen – der Rest füllte seinen Kopf mit anderen Interessen.
Apropos füllen: Coca Cola, das Jahrhundertgetränk, ist Basis für Legenden der Superlative. Fleisch soll es zersetzen, in Verbindung mit Aspirin high machen und überhaupt eine sagenhafte Potenz bescheren. Nun ja, zersetzt wird gar nichts – im Gegenteil, unzählige Fettzellen verdanken ihre Entstehung dem braunen Saft. Und high wird man auch nicht – wenn man vom Zuckerflash absieht.
Eines aber stimmt: Cola ist ein Killer. Und zwar für Zähne und Spermien. Besonders Diät-Coke enthält Sodium Bicarbonat, Fruchtsäuren und Öle, die den Samenzellen den Garaus machen – allerdings nur, wenn man sie darin schwimmen lässt. Trotzdem: Spülungen mit Cola als Verhütungsmethode werden sich wohl kaum auf Dauer durchsetzen – sie wären ungefähr so sicher wie ein selbst gebasteltes Kondom aus Frischhaltefolie.
Pfefferminze, Schokolinsen und der Mond
Und wie wäre es mit den Geschichten über Pfefferminzpillen? Sie wissen schon, die ganz scharfen. Wenn Sie sich ein Stück davon genehmigen und dann Ihren Partner mit Oralsex erfreuen, dann verschaffen Sie ihm damit ein Erlebnis der Wahnsinn!!!-Art. Angeblich, jedenfalls. Keine Ahnung, ob es stimmt. Einschlägige Recherchen im Internet haben nur Widersprüche ergeben. Und Interviews mit meinen Freundinnen höchstens ein Grinsen.
Nun ja. Wenn Sie’s interessiert: Pfefferminzbonbons gibt’s in jedem Supermarkt. Genauso wie M&Ms, übrigens. Und die haben schon seit ihrer ersten Produktion 1941 wenigstens in den USA Kultstatus: Die bunten Schokolinsen lassen sich ja auch hervorragend als Orakel gebrauchen. Wenn das letzte M&M im Sackerl rot ist, zum Beispiel, dann geht ein Wunsch in Erfüllung, ist es gelb, dann können Sie den Tag vergessen.
Ein oranges verspricht Glück, ein braunes warnt Sie vor Unglück. Und die grünen? Die sind etwas ganz Besonderes: ein Aphrodisiakum nämlich. Und so fütterten Generationen von jungen Männern ihre Partnerinnen mit grünen M&Ms. Ob es genutzt hat? Naja, ausgestorben sind die Amerikaner bis jetzt noch nicht.
Wie ernst die Legende genommen wird, zeigt ein Gerichtsfall: Eine Konkurrenzfirma produzierte 1992 Schokolinsen mit ausschließlich grünem Überzug und nannte sie “The Green Ones”. Sie gingen weg wie die warmen Semmeln und M&M klagte. Und erhielt Recht. Denn der Begriff “The Green Ones” ist in den US-Köpfen schon so sehr mit M&M verknüpft, dass er als Markenzeichen gilt.
Typisch Amerika!, meinen Sie?
Vielleicht – die USA sind groß und weit und daher natürlich eine ideale Brutstätte für Urban Legends. Wussten Sie zum Beispiel, dass Neil Armstrong seinen ersten Mondspaziergang nicht nur mit “Ein kleiner Schritt für mich, ein großer Schritt für die Menschheit!” einleitete? Er setzte noch die geheimnisvolle Botschaft hinzu: “Viel Glück, Mr. Gorsky.
” Worum es dabei ging? In der Kindheit des Astronauten waren die Gorskys die Nachbarn der Armstrongs. Und eines Tages konnte er durch ein offenes Fenster die entrüstete Stimme von Mrs. Gorsky hören: “Was willst du? Oralsex? Denn kriegst du erst dann, wenn der Junge von nebenan auf dem Mond spazieren geht!” Eine nette Geschichte, nicht wahr? Und wir alle freuen uns doch darüber, dass Mr. Gorskys langes Warten nicht vergeblich war.
Schade nur, dass Neil Armstrong gar nichts von seinen Worten an Mr. Gorsky weiß. Und dass auch die Tonbandmitschnitte der ersten Mondlandung keinerlei Botschaft an Armstrongs Nachbarn nachweisen. Und das ist auch gut so: Denn schließlich ist immer noch in 16 US-Bundesstaaten Oral- oder Analverkehr verboten und kann – laut Gesetz – sogar mit Todesstrafe geahndet werden.
Amerika ist natürlich ein bisschen weit weg. Und interessanter sind da schon Geschichten über Männer, die auch hierzulande greifbar sind: Jene über besonders potente Glatzköpfe zum Beispiel. Nur leider: Stimmt auch nicht. Glatzenträger haben zwar etwas mehr Testosteron im Blut – Sie wissen ja, das Männlichkeitshormon – aber: “Ein Auto mit 50 Litern Sprit im Tank fährt auch nicht schneller als eines mit 25 Litern”, bemerkt der Androloge Dr. Wolfgang Schulze dazu.
Wieder ein paar Illusionen dahin? Nun ja. Aber zumindest wissen Sie nun, was Ihre Nachbarin am Abend plant, wenn Sie in ihrem Einkaufssackerl Diätcola, Pfefferminzzuckerln und einen Haufen M&Ms finden. Und allein das ist doch schon was wert, oder?
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