Magersucht und Bulimie

„Die erste Reaktion auf mein Abnehmen kam damals von einer Freundin. Sie fragte mich, ob ich abgenommen hätte und ich dachte, ich wäre cool.”
Text: Christine Glaser, Gerlinde Heil

Traumfigur in 14 Tagen

Täglich werden wir und unsere Kinder mit Themen wie “Ihre Traumfigur in 14 Tagen” und diversen Beauty-Tipps in Talkshows, Soaps und Magazinen bombardiert. Wie kann man da wegschauen?
Vor allem Mädchen produzieren im pubertären Alter Komplexe bezüglich ihrer Figur und die Medien tragen noch ihren Teil dazu bei. Doch was steckt dahinter? Das Abnehmen ist meist nur vordergründig das primäre Ziel. Oft verbergen sich zerstörte Seelen hinter der bereits knochigen und abgemagerten Fassade. Auslöser gibt es unendlich viele und meist liegt die Ursache Jahre zurück.

Aber auch die Anforderungen der Gesellschaft und der Familie können den “Druckkochtopf der Psyche” zum Platzen bringen. Oft sehen Eltern erst Jahre nach dem Ausbruch der Krankheit, wie sehr ihr Kind leidet.

Täglich werden wir und unsere Kinder mit Themen wie “Ihre Traumfigur in 14 Tagen” und diversen Beauty-Tipps in Talkshows, Soaps und Magazinen bombardiert. Wie kann man da wegschauen?

Vor allem Mädchen produzieren im pubertären Alter Komplexe bezüglich ihrer Figur und die Medien tragen noch ihren Teil dazu bei. Doch was steckt dahinter? Das Abnehmen ist meist nur vordergründig das primäre Ziel. Oft verbergen sich zerstörte Seelen hinter der bereits knochigen und abgemagerten Fassade. Auslöser gibt es unendlich viele und meist liegt die Ursache Jahre zurück. Aber auch die Anforderungen der Gesellschaft und der Familie können den “Druckkochtopf der Psyche” zum Platzen bringen. Oft sehen Eltern erst Jahre nach dem Ausbruch der Krankheit, wie sehr ihr Kind leidet.

Viki war 14 Jahre alt, als sie eine Essstörung entwickelte. “Damals war meine Großmutter gestorben und das habe ich nicht verkraftet. Auch meine Familiensituation war nicht die beste. Meine Eltern sind geschieden. Ich habe meinem Körper alles entzogen und fühlte mich oft überfordert.

Manchmal wollte ich einfach nur sterben, weil ich verzweifelt war, aber ganz im Inneren spürte ich den Wunsch doch leben zu wollen. Meine Mutter entdeckte mein magersüchtiges Verhalten, als ich 16 war.” Das lange Hungern, das für die Magersucht charakteristisch ist, hält man nur eine Zeitlang aus, deswegen sind die meisten Magersüchtigen auch Bulimiker.

Nahrungsentzug und Heißhunger

“Nach tagelangem Nahrungsentzug kamen die Heißhungerattacken. Essen und Erbrechen waren Symbol für nicht perfekt erledigte Taten, nicht erreichte Ziele und nicht ertragbare Situationen.
Ich habe mir nichts mehr gegönnt. Bestimmte Speisen waren erlaubt und andere einfach tabu. Essen war während der Heißhunger-Attacken der einzige Gedanke, egal ob salzig oder süß, fett oder kalorienarm. Danach bekam ich immer Schuldgefühle, denn ich hätte stärker sein müssen. Das Bedürfnis den Druck des Vollgefühls wieder los zu werden wurde zum Zwang und die Toilette zum häufigsten Aufenthaltsort.”

Die Merkmale sind nicht eindeutig, aber meist spüren Mütter, was sich in ihrem Kind abspielt. Doch leider fehlt oft der Mut hinzuschauen. Sichtbare Merkmale sind zum Beispiel Narben am Handrücken durch die Reibung der Finger an den scharfen Zähnen, oder Ausschläge am Hals und im Gesicht. Auch die Persönlichkeit beginnt sich zu verändern.

Leichte Reizbarkeit und schnelle Stimmungswechsel, sowie Depressionen nehmen im Verlauf der Krankheit zu. Freunde und Familie haben nicht mehr den selben Stellenwert wie früher. Der “Patient” lebt in einer selbst konstruierten Welt mit eigenen Regeln und Gesetzen.

Vorbeugen

Vorbeugen kann man einer Essstörung kaum. Aber man kann versuchen seinem Kind ein gesundes Essverhalten zu vermitteln. Es muss nicht immer alles zu Hause vorhanden sein wie in einem Supermarkt. Manche Nahrungsmittel sollten ihren besonderen Stellenwert für besondere Anlässe beibehalten. Auch Schokolade als Belohnung ist kein Mittel, um ein Kind glücklich zu machen, denn Essen sollte nicht als Problemlösung angeboten werden.
Was kann man tun, wenn man bemerkt, dass das eigene Kind unter einer Essstörung leidet? Vorerst wäre es günstig ein Gespräch mit seinem Kind zu führen. Oft geht es dann beiden besser, denn jede Sucht ist ein Hilfeschrei. Danach muss das Kind selbst Hilfe wollen. Es ist keine Schande psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen!

Psychologen sollen helfen, wieder Ordnung in das Leben bringen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten Essstörungen zu behandeln. Grob wird zwischen therapeutischer und ambulanter beziehungsweise stationärer Behandlung unterschieden. Die Kosten für eine Behandlung können teilweise oder ganz von der Kranken-kasse übernommen werden.

Viki hat es geschafft und kann sich heute akzeptieren: “Heute kann ich mich hinsetzten und Ruhe finden. Ich fühle mich nicht mehr so unsicher und bin geduldiger geworden. Ich bin als Model tätig und das macht mir großen Spaß. Bestimmte Körperteile habe ich akzeptiert. Ich bin nicht perfekt, aber das ist mir jetzt egal.”

Interview

Wir haben das Institut für Menschen mit Essstörungen “sowhat” in Wien besucht und mit Mag. Rahel Jahoda gesprochen.

FRATZ & CO: Welche Möglichkeiten der Behandlung von Essstörungen gibt es?
Mag. Rahel Jahoda: Unser Institut arbeitet mit verschiedenen Methoden. Neben der klassischen Psychotherapie, die vorwiegend eine Einzeltherapie ist, gibt es die Familientherapie, Psychoanalyse, Gruppenpsychoanalyse, Gestalttherapie, Hypnose, Logotherapie und Existenzanalyse, Körpertherapie, und Bewegungstherapie.

FRATZ & CO: Was wird in der Gestalttherapie versucht?
Mag. Rahel Jahoda: Die Gestalttherapie beschäftigt sich mit Tanz, Rollenspiel, Fantasiereisen und Malen.

FRATZ & CO: Woher weiß der Patient nun, welche Behandlung für ihn oder sie das Richtige ist?
Mag. Rahel Jahoda: Nach einem Erstgespräch mit einer Psychologin und einer Therapeutin wird zusammen entschieden, welche Therapieform gut tun würde.

FRATZ & CO: Welchen Rat können Sie betroffenen Eltern geben?
Mag. Rahel Jahoda: Ich denke, dass es wichtig ist, dass man sagt, ich bin für dich da. Eltern sollten versuchen, Ich-Botschaften zu senden. Beginnen Sie Sätze nicht mit “Du hast, aber…”, sondern sagen Sie “Ich bin enttäuscht” oder “Ich würde mich freuen”. Eine Sucht ist zwar ein Hilfeschrei. Hilfe kann aber nur von außerhalb der Familie wirksam sein, denn sonst wäre es nie so weit gekommen.

FRATZ & CO: Können Essstörungen auch bei Müttern auftreten?
Mag. Rahel Jahoda: Ja, allerdings gab es meist schon vorher eine Essstörung. Die Mütter konnten während der Schwangerschaft mit Fressanfällen und Erbrechen nicht aufhören. Die Magersucht ist während der Schwangerschaft eher selten.

Foto: VGstockstudio – shutterstock.com

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