Sodbrennen, saures Aufstoßen und Magendrücken. Das sind häufige Beschwerden, vor allem nach üppigen Mahlzeiten. Vom Reflux, wie der medizinische Fachausdruck lautet, sind etwa 30 Prozent der Bevölkerung betroffen. Lesen Sie hier, wie man ihn wirksam bekämpft.
So schön es ist, Feste zu feiern – sie bleiben einem manchmal ganz schön im Magen liegen. Nicht nur der Stress, der mit dem Veranstalten von Feierlichkeiten einhergeht, sondern auch Beschwerden wie Sodbrennen können einem das Feiern ganz schön vermiesen. Wenn das Ventil, das die Speiseröhre zum Magen schließt, nicht mehr richtig dicht ist, kommt es immer wieder zu Problemen wie saurem Aufstoßen oder Sodbrennen. „Aber auch morgendliche Heiserkeit, Husten und Halsschmerzen können durch die Refluxkrankheit ausgelöst werden“, sagt Univ.-Prof. Dr. Martin Riegler vom ersten europäischen Reflux Medical Diagnose-und Therapiezentrum in Wien.
Zu fett und zu süß
Die wichtigsten Ursachen der Refluxkrankheit, von der etwa 30 Prozent der Bevölkerung betroffen sind, sind zu üppige Mahlzeiten und zu viele Süßigkeiten. Bei Frauen kommt noch ein spezieller Risikofaktor dazu: „Häufiges Erbrechen, etwa während der ersten Stadien einer Schwangerschaft, tragen ebenfalls dazu bei, das Antirefluxventil am Übergang von Speiseröhre und Magen auszuleiern“, weiß Reflux-Spezialist Martin Riegler. Etwa 50 Prozent aller Schwangeren haben Refluxprobleme. Auch die Hormone spielen eine wichtige Rolle, wenn es zu Refluxbeschwerden kommt. Die Umstellungen im Hormonhaushalt führen nämlich ebenfalls zu einem Erschlaffen des Antirefluxventils, was den Rückfluss von Speisebrei, Gallenflüssigkeit und Magensäure aus dem Magen in die Speiseröhre fördert. Am Ende der Schwangerschaft kann das Kind, aufgrund seiner Größe, Refluxbeschwerden auslösen.
Um den Schaden möglichst zu minimieren, ist es sinnvoll, mehrere kleinere Mahlzeiten am Tag zu sich zu nehmen, anstatt von drei Hauptmahlzeiten. Auf Süßigkeiten sollte möglichst zur Gänze verzichtet werden. Wenn das nicht geht, dann gilt: Fruchtzucker ist besser als Industriezucker. „Der Verzicht auf Süßes tut nicht nur der Speiseröhre gut“, so Riegler: „Er kann auch das Risiko, an Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken, verringern.“ Inwiefern sich Reflux in der Schwangerschaft auf die Funktion des Refluxventils nach der Geburt des Kindes auswirkt, ist derzeit noch Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung.
Krebsrisiko nimmt zu
Wer seine Beschwerden jahrelang ignoriert, riskiert übrigens nicht nur eine Verschlechterung der Symptomatik: „Auch das Risiko für Speiseröhrenkrebs steigt“, erläutert Martin Riegler. „Dieses Risiko kann aber dann fast zur Gänze ausgeschlossen werden, wenn die Speiseröhre mindestens einmal im Jahr mit Hilfe einer Endoskopie untersucht wird.“ Denn bevor sich ein Tumor in der Speiseröhre bildet, kommt es – etwa fünf Jahre vorher – zu Gewebeveränderungen, dem sogenannten Barrett-Ösophagus. „Und diese Gewebeveränderungen können wir mit Hilfe der Endoskopie aufspüren und beseitigen“, hält Riegler fest: „Damit ist auch das Krebsrisiko gebannt.“
Etwa 20 Prozent der Betroffenen mit Reflux-Beschwerden entwickeln einen Barrett-Ösophagus. Und einer von zehn aus dieser Personengruppe entwickelt innerhalb von 20 Jahren ein Karzinom.
Checkup für die Speiseröhre
Damit es nicht so weit kommt, heißt es: Wehret den Anfängen. So sollte die jährliche Untersuchung der Speiseröhre ebenso Teil der Gesundheitsvorsorge sein, wie eine Lebensstilveränderung, wenn bereits Beschwerden vorliegen. Dabei gilt: Wer keine Beschwerden hat, sollte ab dem 50. Lebensjahr wenigstens einmal eine endoskopische Untersuchung der Speiseröhre durchführen lassen. Liegen Beschwerden vor, gilt diese Altersgrenze nicht, dann muss so rasch wie möglich untersucht werden. „Im Reflux Medical Diagnose- und Therapiezentrum ist das wichtigste diagnostische Instrument das Gespräch“, so Riegler. „Im Erstgespräch klären wir die Symptome ab, sprechen über die Lebensqualität, die Ernährung und den Lebensstil, und wir legen weitere Untersuchungsschritte fest.“ Grundlage des Untersuchungsprozesses im Zentrum ist die von Riegler entwickelte Reflux Medical Methode: „Dieses standardisierte Behandlungskonzept ist die erste individualisierte, Lebensqualitätsbasierte Methode zur Diagnostik und Therapie der Refluxerkrankung“, erläutert Riegler. Die Symptome werden mit Hilfe von Fragebögen quantifiziert und eingegrenzt. Erst dann werden weitere diagnostische Schritte gesetzt. Dazu gehört die bereits erwähnte Endoskopie der Speiseröhre ebenso wie die Messung des Drucks im Ösophagus und die Refluxmessung.
Zu viel, zu süß, zu fett
Schuld am Reflux ist übrigens allein der Lebensstil: Zu viel, zu süß, zu fett zu essen, rauchen und Alkohol zu trinken, trägt maßgeblich dazu bei, dass der Schließmuskel, der den Magen gegen die Speiseröhre abschließt, „ausleiert wie ein Gummiband“, was zu den bereits beschriebenen Beschwerden führt. „Deshalb ist unser erster Schritt die Planung einer Lebensstiländerung“, zeigt sich Martin Riegler überzeugt. Erst an zweiter Stelle stehen Medikamente, wie etwa Protonenpumpenhemmer, die die Säureproduktion im Magen reduzieren – das saure Aufstoßen wird damit beseitigt.
Antirefluxventil „reparieren“
„Im Anschluss werden die Befunde besprochen und die Therapie geplant“, erläutert der Chirurg die Strategie hinter der RM-Methode. Liegt eine Gewebeveränderung in der Speiseröhre vor, so kann dies mittels Radiofrequenzablation entfernt werden. Dabei wird der Patient/die Patientin in einen Kurzschlaf versetzt. Über den Mund wird ein Ballonkatheter in die Speiseröhre eingeführt. Elektroden auf der Oberfläche des Ballons zerstören die erkrankte Schleimhaut mittels Radiofrequenzenergie. Auch wenn kein Barrett-Ösophagus vorliegt, sollte die Funktion des Antirefluxventils wieder hergestellt werden. Eine Möglichkeit dazu ist die Fundoplicatio. „Bei diesem Eingriff wird ein Teil des Magens um das Ende der Speiseröhre gelegt und damit das Antirefluxventil „repariert“.“ Operiert wird mittels Schlüssellochchirurgie. Eine ganz neue Methode zur Reparatur des Antirefluxventils ist ein magnetischer Ring. Der Ring besteht aus magnetisierten Titanperlen. Er wird – ebenfalls im Schlüssellochverfahren – um das Antirefluxventil gelegt und stellt seine Funktion wieder her. In etwa 85 bis 90 Prozent aller Fälle besteht auch drei Jahre nach dem operativen Eingriff noch Beschwerdefreiheit“, hält Riegler fest. „Damit stellt der Ring eine ausgezeichnete Alternative zur – manchmal jahrelang notwendigen – medikamentösen Behandlung mit Protonenpumpenhemmern dar.“
Babys haben Reflux
Übrigens leiden nicht nur Erwachsene unter Reflux. Auch Babys sind sehr häufig mit dieser Symptomatik konfrontiert. Das beginnt bereits nach der Geburt des Kindes: „Das Antirefluxventil ist beim Neugeborenen noch nicht abgeschlossen“, weiß Martin Riegler: „Das dauert bis zum zweiten Lebensjahr.“ Reflux ist dafür verantwortlich, wenn mit dem „Bäuerchen“ nach dem Essen, auch Milch wieder aus dem Mund fließt. Negative Auswirkungen hat das auf das Baby nicht. Wenn das Antirefluxventil vollständig entwickelt ist, sollte eine bei Kindern höchst unpopuläre Maßnahme gesetzt werden: „Um langfristig Reflux zu verhindern, sollte gänzlich auf Süßigkeiten verzichtet werden“, hält Riegler fest. Zusätzlich gilt auch hier: Ausgewogene Ernährung und kleine Portionen erhalten Speiseröhre und Antirefluxventil gesund.
Gewicht reduzieren
Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Reduktion refluxbedingter Beschwerden ist die Gewichtsabnahme. Auch mäßiges Übergewicht belastet den ohnehin bereits überlasteten Magenschließmuskel. Mit einer Lebensstiländerung, wie mehreren kleinen täglichen Mahlzeiten und dem Verzicht auf Süßigkeiten lässt sich Gewicht verlieren. „Aber wir bieten außerdem ein neues Verfahren an, das die Gewichtsabnahme maßgeblich erleichtern kann“, sagt Riegler. Ein neuer Magenballon hilft Menschen mit mäßigem Übergewicht, innerhalb von drei bis vier Monaten 40 bis 50 Prozent des Übergewichts abzunehmen. Dieser Ballon wird nicht endoskopisch in den Magen eingebracht. Vielmehr wird eine Kapsel, etwa so groß wie eine Weintraube, an einem sehr dünnen Schlauch verschluckt. Über diesen winzigen Schlauch wird der Ballon im Magen durch das Einbringen von Stickstoff entfaltet. Wenn der Ballon gefüllt ist, wird der Schlauch abgetrennt.
Der Ballon enthält etwa 250 ml Stickstoff. Er ist somit viel kleiner als bisher verwendete Modelle. „Das verhindert Übelkeit und Erbrechen der PatientInnen“, so Riegler. Einmal geschluckt, dockt der Ballon am Fundus des Magens an und verringert über die Regulation des Hormons Ghrelin das Hungergefühl. Nach einigen Monaten kann der Ballon endoskopisch wieder entfernt werden.
„Reflux ist kein Schicksal“, betont Chirurg Martin Riegler: „Eine vernünftige Lebensführung, keine dauernde Überdehnung des Magens durch zu üppige Mahlzeiten und regelmäßige Vorsorge kann die Erkrankung wirksam verhindern.“
Text: Priska Reich
Fotos: Alena Ozerova, Miljan Mladenovic – shutterstock.com