Ich meine nicht nach einer wilden Party, wenn die Eltern außer Haus waren, sondern Nacht für Nacht zwischen Mama und Papa auf der Besucherritze.
Ulkige Vorstellung, nicht wahr?
Und trotzdem ist es genau das, was junge Eltern von allen Seiten zu hören kriegen, wenn sie ihr Baby zu sich ins Bett holen: “Fang das bloß nicht an – du kriegst das Kind NIE WIEDER raus!!”
Alternative Familienbett
Wer nächtliche Wanderungen nie mitgemacht hat, kann sich den Leidensdruck der Mütter kaum vorstellen. Tinas Kind ist vier Monate alt und sie selbst bis vor kurzem – verzeih’ mir, Tina – ein Bild des Jammers. Ringe unter den Augen und ständig todmüde. Das ist cool, wenn man drei Nächte durchgetanzt hat, aber nicht, wenn man monatelang Nacht für Nacht durch die Wohnung wandert, weil der liebe Ehemann darauf besteht, dass das Kind im eigenen Bett schläft.
Fazit: Tina schläft den Schlaf der Gehetzten, immer in furchtsamer Erwartung, wann Tyranno-Toni wieder wach wird und nach seinem Recht (ihrem Busen) schreit. Immer derselbe Gedanke, wenn es wieder soweit ist (“Nein, nicht schon wieder!”), immer dieselbe bleierne Schwere, gegen die sie ankämpft um aus dem Bett zu kriechen, immer dieselbe Wut auf ihren Mann, der sie auch nicht ablösen würde, wenn Toni die Flasche bekäme (“Ich habe schließlich einen anstrengenden Arbeitstag vor mir!”).
Neulich war ihr Göttergatte Ralf auf Dienstreise und sie kam am nächsten Tag freudestrahlend auf ein Tässchen Tee bei mir vorbei. So ausgeruht hatte ich sie lange nicht gesehen. “Stell’ dir vor, ich habe Toni gestern Abend einfach mit ins Bett genommen.
Wenn er wach wurde, habe ich ihn im Liegen gestillt und wir sind beide dabei eingeschlafen!” Jetzt hatte Tina nur noch Panik, Toni im Schlaf womöglich zu erdrücken, aber auch da konnte ich sie beruhigen: Wer keine Schlaf- oder Beruhigungsmittel nimmt, weder von Alkohol noch von Drogen berauscht ist, der wird sein Kind nicht erdrücken oder ersticken. Der Diplom-Psychologe Stephan Mayer aus Passau sagt dazu: “Dass die Kinder bei den Eltern schlafen wollen, ist eine Instinktsache. In den zehn Millionen Jahren der menschlichen Entwicklung muss sich dieser Instinkt herausgebildet haben.
Die Kinder haben bei unseren frühzeitlichen Vorfahren in der Höhle auf dem gleichen Stroh- und Blätterlager geschlafen.” Er findet eher die Vorstellung unnatürlich, dass Kinder ein eigenes Bett, ein eigenes Zimmer brauchen… Vor allem, wo der Säugling evolutionsbedingt davon ausgehen darf, dass die körperliche Nähe, die er neun Monate lang genossen hat, nicht abrupt beendet wird.
Machen Kinder im Bett die Beziehung kaputt
Tinas Mann hat das dann auch eingesehen, ganz im Gegensatz zu ihrer Schwiegermutter, die darin den Beginn von gravierenden Beziehungsproblemen sah. Man genießt die Nähe zu einem Säugling natürlich ganz anders als zu seinem Partner. Vielen Frauen ist es anfangs sicher ganz recht, das Baby als eine Art Barriere bei sich im Bett zu haben: Die Lust auf Sex sinkt in den Wochen und Monaten nach der Geburt durch die Hormonumstellung, durch Damm- oder Kaiserschnitt und die ständige Müdigkeit bei den Frauen häufig auf den Nullpunkt.
Irgendwann kommt jedoch der Punkt, an dem man sich darüber klar werden sollte: Sind die Argumente nur noch vorgeschoben, weil vielleicht ein ganz anderes Problem dahinter steckt, wenn man die körperliche Nähe des Partners nicht mehr erträgt? Bei Ralf und Tina war das jedoch nicht der Fall und Ralf war dann auch geistesgegenwärtig genug, seiner Mutter zu entgegnen: Dass das Elternbett ist wohl nicht der einzige Platz ist, an dem Sex stattfinden kann. Das saß, und Ralf ist seitdem in meiner Achtung gestiegen! Der Platzmangel im Bett ist ein zusätzliches Kriterium, warum viele Eltern die Kinder irgendwann in ihr eigenes Bett schicken wollen.
Ich kann gleich Entwarnung geben: Unsere vier Kinder haben alle mit spätestens drei Jahren von selbst festgestellt, dass es sich im eigenen Bett (oder in dem der Geschwister) viel besser schlafen lässt. Einfach, weil es ihnen durch das jeweils neue Baby zu laut wurde oder weil sie dann so weit waren, dass sie (bis auf gelegentliche Ausnahmen) den nächtlichen Schutz im Elternbett nicht mehr benötigten.
Ich halte mir allerdings immer vor Augen, dass die Zeit, die ein Kind durchschnittlich im Elternbett verbringt, im Vergleich zum Rest seines Lebens sehr schnell vorbeigeht, und ich möchte jede Minute davon auskosten. Der Blick auf ein schlafendes Engelchen entschädigt auch oft für die Tobsuchtsanfälle, die am Tage vorausgegangen sein mögen. gen sein mögen. Es hat uns jedenfalls nicht uneingeschränkt gefreut, als unsere jüngste Tochter Julia (3 1/2) vor einigen Wochen nach dem abendlichen Kuscheln in unserem Bett fragte: “Mama, darf ich jetzt runter in mein Bett?”
Ein Bett für mich allein
Gerade eben (ich kann spätabends am besten arbeiten) wollte ich Julchen in ihrem Bett noch einmal zudecken. Dort fand ich sie aber nicht, sondern in der Spiel- und Kuschelecke, die ich in einem der Kinderzimmer eingerichtet hatte – neben Philipp (5) und Friederike (9), die dort ebenfalls selig schliefen. Vielleicht würde es sich ja lohnen, die leerstehenden Betten gelegentlich zu vermieten?
Wenn die Kinder älter werden, nachts nicht mehr soviel Zuwendung wollen und die Eltern doch irgendwann keine Lust mehr haben, für Sex ins leerstehende Kinderbett oder auf den Küchentisch auszuweichen, kann man den Kleinen das Schlafen im eigenen Bett durchaus schmackhaft machen. Von Anfang an sollte das Kind zumindest wissen, wo sein Bett ist, d.h. auch gelegentlich hineingelegt werden, selbst wenn es dort nicht einmal mittags schlafen mag.
Ein schön gestaltetes Kinderzimmer, eine gemütliche “Schlafhöhle”, selbst ausgesuchte Bettwäsche, ein neues Kuscheltier können hilfreich sein.
Je mehr Kinderbett und das dazugehörige Zimmer in den Alltag integriert werden und je öfter man sich dort aufhält, desto leichter wird der Übergang. Gute-Nacht-Rituale (singen, vorlesen, über die Erlebnisse des Tages reden) erleichtern die Umgewöhnung.
Auch den Wünschen des Kindes, zum Beispiel die Tür nur anzulehnen oder das Licht im Flur anzulassen, sollte man nachkommen.
Wenn sich ein Geschwisterchen ankündigt, kann man dem älteren Kind beispielsweise ein Bett in Normalgröße spendieren (da kann man sich zur Not unverknotet dazulegen), mit dem Hinweis darauf, dass das ein Bett nur für „Große“ ist. Bei manchen Kindern wirkt das wahre Wunder.
Wenn alles nichts hilft: Immer daran denken, dass jede Phase einmal vorbei geht!
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