Frankreich, Großbritannien und die USA
In Frankreich wird man nach dem Besuch einer Vorschule (l ècole maternelle) mit 6 Jahren in die Grundschule (l école elementaire) übernommen, von welcher die Kinder nach 5 Jahren in ein College wechseln, welches mit unserer Mittelstufe zu vergleichen ist. Nach weiteren 4 Jahren ist die Schulpflicht beendet und der Schüler kann sich entscheiden, ob er in das Berufsleben eintreten oder doch lieber seine Schullaufbahn fortsetzen möchte.
Wenn die zweite Möglichkeit angestrebt wird, hat er nun die Wahl zwischen dem lycee d’ènseignement general (allgemeinbildendes Gymnasium), dem lycee d’ènseignement technique (technisches Gymnasium) oder dem lycee l’ènseignement professionnel avec un apprentissage (eine berufliche Bildung, in der man auch seine Lehre absolvieren kann).
Schulminister Chevenement setzte auch einen neuen Lehrplan durch, der für alle Primarstufen absolut verpflichtend ist: Lesen, Schreiben, Rechnen. Das klingt banal, aber die Vermittlung des Grundwissens ist in Frankreich längst noch keine Selbstverständlichkeit. Die Zahl der Schüler, die ohne jeden Abschluss die Schule verlassen, ist katastrophal hoch.
In Großbritannien besucht die Mehrheit der Schüler staatliche Schulen, obwohl auch eine große Anzahl an privaten Institutionen angeboten wird. Vor dem Eintritt in die Junior Schulen (Volksschulen) müssen Kinder schon mit 5 Jahren oder wie in Nordirland bereits mit 4 Jahren eine Vorschule (Infant school) zu besuchen.
Nach der Junior School (diese wird auch als Vorbereitungsschule für die Secondary Schools bezeichnet), wechseln die Kinder nach 4 Jahren in Secondary Schools (Senior Schools). Dabei entscheiden sich nahezu 90% der Schüler für den Eintritt in eine Comprehensive School, welche man mit einer Gesamtschule vergleichen kann.
Diese kann mit 18 Jahren vor einem unabhängigen Prüfungskomitee mit dem Ablegen der GCE Prüfung beendet werden und berechtigt bei Erfolg zu weiterem Universitätsbesuch. Ein kleiner Teil der Schüler entscheidet sich allerdings auch für den Wechsel in eine Secondary Modern School, deren System unserer Hauptschule ähnelt und die mit 16 Jahren beendet wird.
Als dritte Wahlmöglichkeit bietet sich noch der Eintritt in eine Grammar School an, welche unserem Gymnasium entspricht und hauptsächlich auf eine weitere akademische Laufbahn abzielt.
Das amerikanische Schulwesen:
Auch hier wird der Nachwuchs nach dem Besuch einer Vorschule (in Amerika heißt diese “Kindergarten” im Vergleich zum echten Kindergarten, der “Nursery School” heißt) mit 6 Jahren in die Grundschule eingeschult um danach in die High School zu wechseln, die man als eine Art Gesamtschule des Sekundarbereiches betrachten kann.
Hierbei gibt es allerdings Strukturunterschiede, die aber keinerlei inhaltliche Konsequenzen für die Schüler haben: erstens das “2-4” Modell: (Junior/ Senior High School) oder “8-4” System (8 Jahre erweiterte Grundschule, 4 Jahre High School). Die amerikanischen High Schools werden als Ganztagsschulen geführt und arbeiten nur als Kurssystem, es existieren also keine Klassengemeinschaften wie bei uns, sie funktionieren mit individualisierten Stundenplänen.
Dies funktioniert auch bei oftmals 3.000 oder 5.000 Schülern und über 100 verschiedenen angebotenen Fächern von Französisch bis Blumengärtnern als Beruf. Etwa zwei Drittel graduieren von der High School, die anderen gehen nach der gesetzlichen Schulpflicht von 10 Schuljahren ab. Das amerikanische Notensystem ähnelt dem britischen. Auch hier gibt es Buchstaben (Grades) von A bis F ( es gibt allerdings kein E).
Kanada, Japan und Schweden
Kanada: Kanadische Kinder besuchen 6 Jahre eine Grundschule, ihr gehen, je nach Provinz, ein oder zwei Jahre Vorschule voraus. Dieser Ausbildungsabschnitt vermittelt Elementarkenntnisse in Mathematik, Sprachen, Sport, … Danach wechseln die Kinder in den Sekundarbereich, welcher 5 Jahre umfasst.
Hier haben die Schüler die Möglichkeit sich zwischen dem Besuch einer dreijährigen Junior High School, zwei Jahren Senior High School oder beiden zusammen in einer Combined Junior Senior High School zu entscheiden.
Auch hier werden wie im amerikanischen Schulwesen einzelne Kurse belegt, in welchen sogenannte Credits (ein Credit bedeutet in der Regel eine Stunde Kurs pro Woche im Verlauf eines Semesters, welches sich über 15 Wochen erstreckt) erworben werden müssen. Ist die erforderliche Anzahl an Credits erbracht, wird man in die nächsthöhere Stufe eingeordnet.
Japan:
In Japan beginnt ein Schuljahr bereits im April, wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass auch das Rechnungsjahr zu diesem Zeitpunkt beginnt. Bei der Mehrzahl der Grund- und Mittelschulen ist ein Trisemester-System üblich. (1: von April-Mitte Juli; 2: September bis Ende Dezember, 3. Januar bis Ende März). Dazwischen fallen die Ferien. Der zweite und vierte Samstag im Monat sind jeweils schulfrei.
Seit 1992 werden der Sozialkunde und naturwissenschaftliche Unterricht durch ein Kombinationsfach, das als “Lebenserfahrung” bezeichnet wird, ersetzt. Dadurch erhofft man sich, dass auch schon den jüngsten Schülern ihr unmittelbares Lebensumfeld und ihre natürliche Umwelt bewusster werden und sie besser mit dem Leben zurechtkommen.
Der Einsatz von Computern und die Entwicklung neuer Bildungssoftware wird in den japanischen Schulen sehr stark gefördert, um die späteren Erwachsenen auf eine hochtechnisierte Welt vorzubereiten. Der Konkurrenzkampf und das Bestreben der Eltern ihren Kindern eine möglichst gute Ausbildung zu ermöglichen ist in Japan enorm hoch.
Schweden: Auch hier beginnen die Kinder nach dem Besuch einer Vorschule mit sechs Jahren mit der neun Jahre dauernden Grundschule. Dem Lehrplan entsprechend sollen Schüler zusammen mit den Lehrern die tägliche Arbeit planen und an ihr mitwirken. Wie diese Mitwirkung konkret aussieht, entscheidet der jeweilige Schuldirektor nach Absprache mit Schülern und Lehrern.
Den schwedischen Schuldirektoren und deren Mitarbeitern werden sehr viele Freiheiten zugebilligt, so können sie im Allgemeinen über ihre Organisation, Planung des Unterrichtes, Klassengrößen usw. frei entscheiden.
Der Direktor ist berechtigt zu entscheiden, ob ein Kind wegen besonders guter Lernerfolge schon während eines Schuljahres in die nächsthöhere Klasse aufsteigen kann. Etwa 98% der Schüler wechseln nach der Grundschule in die dreijährige Gymnasialschule, die berufsorientierte und theoretische Programme anbietet.
Im Herbsthalbjahr 1995 wurde ein neues Notensystem eingeführt. Danach werden ab der 8. Klasse in den Schulfächern Noten nach einer dreigradigen Skala erteilt: Genügend (G), Gut (VG) und Sehr gut (MVG).
Dänemark und Singapur
Dänemark: In Dänemark besteht Unterrichts- aber keine Schulpflicht. Das heißt, die Kinder könnten auch zu Hause von geprüften Lehrern unterrichtet werden. Die Volksschule beinhaltet eine einjährige Kindergartenklasse, eine neunjährige Grundschule und eine einjährige zehnte Klasse.
Die Kindergartenklasse und die 10. Klasse sind allerdings nicht unterrichtspflichtig, nach Beendigung der neunten und zehnten Klasse können die Schüler, falls erwünscht, Prüfungen zum Abschluss der Volksschule ablegen und in das Berufsleben einsteigen. Jede Schule hat einen Vorstand, der sich überwiegend aus Elternvertretern zusammensetzt.
Der Vorstand legt die Richtlinien für den Schulbetrieb fest, erarbeitet Vorschläge zum Lehrplan und genehmigt Lehrmittel. Die Schulleitung trägt die pädagogische und administrative Verantwortung, während die Lehrer weitgehend frei in ihrer Unterrichtsgestaltung und den -inhalten sind.
Singapur: Dass es, für unsere Begriffe, kein Vergnügen ist, in Singapur eine Schule zu besuchen, beweist schon das allmorgendliche Ritual an den einzelnen Instituten.
Kurz vor 7:25 erteilt der Direktor per Lautsprecher den Befehl: “Beeilung!”, wonach um Punkt 7:25 ein Schüler vor dem Schulgebäude “Achtung!” schreit. Alle Kollegen stehen stramm, legen eine Hand auf ihr Herz und beginnen lautstark unter der gehissten rot-weißen Flagge von Singapur die Nationalhymne zu schmettern.
Danach erfolgt völlig lautlos und einzeln hintereinander der Einzug in die Klassenzimmer, welche äußerst geräumig gestaltet sind und ungefähr jeweils 40 Schüler beherbergen. Lehrer werden prinzipiell mit “sir” oder “ma’am” angesprochen, Schuluniform mit Krawatte für die Burschen ist selbstverständlich. Wenn der Lehrer die Klasse betritt, stehen alle auf und begrüßen ihn mit einem “Good morning, Sir!”
Um 1:40 muss innerhalb von 20 Minuten das Mittagessen in der Kantine eingenommen werden, die meisten lernen danach noch bis 15 Uhr, bevor sie in den Sportclub wechseln. Fitness wird in Singapur ein fast ebenso hoher Stellenwert eingeräumt wie dem Lernen von Mathematik und wissenschaftlichen Gegenständen. Der Tag ist allerdings noch lange nicht zu Ende. Unvorstellbarerweise verbringen singapurianische Schüler durchschnittlich zusätzlich 4,5 Stunden mit der Erledigung ihrer Hausaufgaben.
So ist es auch zu verstehen, dass Singapur im Vergleich mit 45 anderen Staaten den höchsten mathematischen und wissenschaftlichen Bildungsstand aufweist. Das Land ist klein und hauptsächlich durch Ölvorkommen das neuntreichste der Welt, im Grunde können die Schüler auch jede beliebige Schule besuchen, aber nur jene werden an Elite-Schulen aufgenommen, die wirklich erstklassige Noten vorweisen können. Diese Tatsache erhöht das Konkurrenzdenken und den Druck auf die Schüler natürlich zusätzlich.
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