Warum Kärntner Kinder kurz nach Weihnachten die Erwachsenen „schlagen“

„Karntn is lei ans“ heißt es im Volksmund. Tatsächlich ist Kärnten vor allem eines: Anders – liebenswert anders, und vor allem vielfältig. Davon zeichnen die Bräuche und Traditionen in der Advents- und Weihnachtszeit ein beredtes Bild.

Die stille Zeit des Jahres gehört hier den Menschen: Kärntner Advent- und Winterbräuche bringen sie zusammen und lassen gemeinsam das Land erleben. Wir stellen die schönsten Bräuche rund um das Weihnachtsfest vor.

 

Barbaratag: Blühende Zweige, die Glück bringen

Am 4. Dezember, am Barbaratag, werden Zweige von einem Obstbaum (meist Kirsche oder Apfel) oder einer Forsythie geschnitten und ins Wasser gestellt. Am Heiligen Abend soll dann der Zauber des Lebens die Winterzeit erhellen: Blühende Zweige mitten im Winter, auch das ist das Wunder der Heiligen Nacht. Sie symbolisieren Glück und Segen für die Familie. Oder eine, die es erst werden soll: junge Mädchen dürfen jedem Zweig den Namen eines Verehrers zuweisen. Der, der zuerst aufblüht, wird der Glückliche, sagt man. Was natürlich auch passieren kann, bei solchen Wundern: alle Zweige verdorren. Dann heißt es freilich ein weiteres Jahr warten.

 

Der Krampus kommt. Und dann der Nikolaus

pixabay/ Martin Herfurt

Ganz gegensätzlich zu solch ruhigem Brauchtum sind der Krampus und die Perchten, die rund um den 5. Dezember vielerorts laut und aufdringlich durch die Ortschaften ziehen. Zottelig, mit beeindruckenden Masken und auch Glocken kommen sie daher. Früher einmal noch viel wilder als heute, um die Geister auszutreiben. Die Tradition des Krampus reicht weit in die Antike zurück. In Oberdrauburg und in Feistritz im Rosental – so sagen viele Kärntner – gibt es die schönsten Exemplare des ganzen Alpenraums. Was an diesem spektakulären und lebendigen Brauchtum besonders spannend zu sehen ist: es hat sich mit der modernen Mythologie aus der Massenkultur neu belebt und an Breite gewonnen: heute mischen sich Orcs und Elfen unter das doch irgendwie heidnische Treiben.

Ruhiger und christlicher wird es am 6. Dezember, wenn der Nikolaus kommt. Da waren sicher alle brav und die Kinder dürfen am Vorabend Schuhe, Stiefel oder Teller vor die Tür stellen, damit der Heilige sie auf seinem Weg durch die Nacht mit Nüssen, Mandarinen, Schokolade oder Lebkuchen füllen kann. Der Nikolaus lobt und tadelt die Kinder und weiß aus seinem goldenen Buch, wie sich die Kleinen im vergangenen Jahr verhalten haben.

 

Rorate, Klöckeln und Roateln

Sujet: pixabay/Albrecht Fietz

Viele religiöse Bräuche haben sich in Kärnten erhalten. Die „Rorate“ ist eine traditionelle Frühmesse. Ihr Name stammt vom Eröffnungsgesang in der katholischen Liturgie: „Rorate caeli desuper, et nubes pluant iustum“ – „Tauet Himmel, von oben, ihr Wolken, regnet den Gerechten“. Früher einmal kamen die Menschen im Finstern mit Kerzen zur Kirche, heute ist es eine Messe, die ohne elektrisches Licht im Gotteshaus auskommt. Abgeschlossen wird sie meist mit einer „Agape“, einem gemeinsamen Frühstück.

Die Bräuche bringen so die Menschen zusammen. Im Gegendtal ziehen an drei Donnerstagabenden im Advent Menschen von Haus zu Haus, wünschen den Bewohnern Gesundheit, Glück und Segen für das kommende Jahr. Früher war es ein Brauch der Bauernburschen, heute sind es Bürger, die diesen Kärntner Weihnachtsbrauch nicht in Vergessenheit geraten lassen wollen. Mit Versen und Gesängen wird um Einlass gebeten – wenn’s geschafft ist, wartet eine schmackhafte Jause. Mehr über das Klöckeln finden Sie hier.

Einen „messerscharfen“ Weihnachtsbrauch gibt es im Lavant- und im Görtschitztal, das sogenannte „Roateln“. Alles, was eine Schneide hat, wird vor Weihnachten geschärft und am Heiligen Abend unter den weiß gedeckten Tisch gelegt. Am Tisch stehen ein Reindling, ein traditioneller Kärntner Hefeteigkuchen, eine Schale Weihwasser und Kerzen. Die Tischbeine werden mit eisernen Ketten umwickelt. So bleibt der Tisch bis zum Neujahrstag stehen. Es ist ein uralter Abwehr- und Bindezauber, der den Bauern Glück und eine gute Ernte bringen soll.

 

Lichtgestalten und Maria auf Wanderschaft

pixabay/Angeline Bauer

Der 13. Dezember gehört dann der Heiligen Luzia. In Kärnten sind ihr vier Kirchen geweiht: Altersberg bei Spittal/Drau, St. Luzia in Aich bei Bleiburg, Rupertiberg in der Pfarre St. Egyden/Drau und Tratten in der Pfarre St. Georgen im Gailtal. Die echte Lucia soll vor mehr als 1700 Jahren als junges Mädchen heimlich die verfolgten Christen auf Sizilien versorgt haben, dabei trug sie, so die Legende, in den Katakomben eine Lichtkrone mit Kerzen, die sie symbolisch in den Kirchen heute noch trägt.

In Globasnitz, Kleindorf macht sich dann neun Tage vor Weihnachten eine Marienstatue auf Wanderschaft. In einer Prozession wird sie jeden Tag in ein anderes Haus gebracht. Dort bleibt sie für eine Nacht. Auf dem Weg zur neuen Herberge wird gebetet und gesungen. Jenes Haus, in das Maria am Heiligen Abend kommt, beherbergt die Statue 40 Tage lang – bis zum 2. Februar, dem Feiertag Maria Lichtmess.

 

Christbaum versenken, Pferdesegnung und „Unschuldiger Kinder Tag“

Ein anderer, durchaus spektakulärer Brauch ist das Christbaum versenken. Damit wird aller im See verunglückten Menschen gedacht. Und Kärnten hat viele Seen. Der Brauch lebt u.a. am Wörthersee, Ossiacher See, Silbersee, Aichwaldsee, Millstätter See und Klopeiner See. Am Sonntag vor Weihnachten verschwinden so die ersten Bäume des Festes im Gewässer.

Am 26. Dezember, wird der Stefanitag begangen. Im traditionellen bäuerlichen Leben war der Stefanitag ein wichtiger Tag mit Markt, Pferdehandel und oftmals dem Wechsel des Arbeitsplatzes von Knechten und Mägden. Ein spezieller Brauch an diesem Tag, der bis heute lebt, ist der Stefaniritt und die damit verbundene Pferdesegnung, wie sie heute u.a. noch in St. Stefan, St. Michael, St. Johann (alle Lavanttal), Keutschach und St. Donat stattfindet. Durch die Weihe sollen die Pferde vor Krankheit und Unheil bewahrt werden.

Kinder kommen mit einem Tannenzweig oder Birkenruten, schlagen Erwachsene auf den Hintern und werden dafür belohnt? Das ist Kärnten, das ist der „Unschuldige Kinder Tag“ am 28. Dezember. Früh morgens ziehen die Kinder um die Häuser, die Erwachsenen werden mit der Rute „geschappt“, dazu gibt es das Gedichtlein:

„Frisch und gsund,
frisch und gsund,
long leben, gsund bleibm,
nix klunzn und klågn
bis i wieda kum schlågn“

Glück und Gesundheit soll das bringen. Die Kinder bessern damit auch ihr Taschengeld auf, denn wer so beglückt wird, gibt Süßigkeiten und/oder Geld. Dieser Neujahrsbrauch ist ein menschlicher Höhepunkt im ansonsten mythenumrankten Brauchtum der Winterzeit. Der Brauch zum „Unschuldigen Kinder Tag“ erinnert an den angeblichen Kindermord in Bethlehem mit dem König Herodes Jesus los werden wollte: https://de.wikipedia.org/wiki/Kindermord_in_Bethlehem.

Weltkulturerbe Sternsingen

Nach Weihnachten sind in ganz Kärnten die Sternsinger unterwegs. Ganz besonders ist dieser Brauch aber in Heiligenblut erlebbar. Bis ins 16. Jahrhundert lässt er sich hier zurückverfolgen. Das „Sternlied“, „Der Haussegen“ und das „Danklied“ stammen aus dieser Zeit. Neun Männer-Rotten wandern in der Nacht von 5. auf 6. Jänner bis zur Morgendämmerung durch die verschneite Landschaft, begleitet von Musikanten und Laternenträgern, von Haus zu Haus, und bringen den Segen für das neue Jahr. Die einzelnen Gruppen werden jeweils von einem Sternträger angeführt, der mit seinem vielzackigen, drehbaren und von Innen beleuchteten Stern die kalte Nacht erhellt. Noch etwas Besonderes hat dieser Brauch: 2010 wurde das Heiligenbluter Sternsingen von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe ausgezeichnet.

 

Alte Weiblein und getragene Kirchlein

pixabay/LoganArt

Lokal gibt es sehr unterschiedliche Bräuche. Im Süden von Kärnten kommt die „Pehtra Baba“ in den Raunächten im Jänner. Sie stellt ein hässliches altes Weib dar, mit einem schwarzen Tuch vor dem Gesicht und einer großen zweizinkigen Gabel. „Pehtra Baba” geht von Haus zu Haus, bekommt Würste, um das Haus im laufenden Jahr vor Unheil zu bewahren und lässt Nüsse und Apfelspalten für die Kinder zurück. Mehr über diesen Brauch hier lesen.

Die Bad Eisenkappler Kinder übergeben am 1. Februar, dem Abend vor Maria Lichtmess, selbstgebastelte, hellbeleuchtete und auf langen Stöcken getragene Kirchlein dem Vellach Bach. Der war im Mittelalter sehr gefährlich, die Dorfbewohner mussten öfters zur erhöhten Kirche flüchten und gelobten für die Rettung der Vellach jährlich eine beleuchtete Kirche zu übergeben. So geschieht es bis heute. Mehr über diesen Brauch hier lesen.

 

Was  in Kärnten rund um die Weihnachtszeit gegessen wird

Die Winter- und Weihnachtszeit lockt auch mit besonderem Essen. Das kann auch anlassbezogen sein. Mancherorts gibt es, wenn der erste Schnee fällt, sogenannte Apfelradeln, das sind Apfelscheiben, die mit Teig umhüllt in Öl herausgebraten werden (Rezept dazu hier). Ebenfalls zum Adventbrauch gehört das traditionelle Kletzenbrot, das mit Nüssen und getrockneten Früchten gefüllt im Holzofen gebacken wird.

Am Heiligen Abend ist das Essen im ländlichen Bereich traditionsgemäß eher karg: Dampfnudeln mit Honigschmalz oder die traditionellen Stockplattln (Rezept hier), eine Besonderheit des Lesachtals. Das sind Schichten aus Teig, die mit Schwarzbeermarmelade und Mohn gefüllt und mit Honigschmalz übergossen werden.

In Südkärnten ist es die „grüne Wurst“ (frisch hergestellt, nicht geräuchert) mit Kraut, die am Weihnachtstisch duftet. Erst am Christtag biegen sich dann die Tische von der Weihnachtsgans oder dem geschmorten Karpfen. Beim feierlichen Essen unterscheiden sich Stadt und Land, bäuerliche und bürgerliche Kultur und die verschiedenen Regionen in Kärnten sehr stark.

 

Bild oben: pixabay/talpa

Text: Kärnten Werbung

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