Noten ja, aber nur für Schüler: Wer nicht „spurt“ wird geklagt

GÖD* behüte uns. Lehrer tun es fast täglich, sie beurteilen ihre Schüler: Noten 1 bis 5. Wer den Spieß umdrehen will, der muss sich fürchten. Fürchten vor der geballten Macht und Finanzkraft der Lehrergewerkschafter.

Rückblick: Herbst 2019 – der damals 17jährige Schüler Benjamin Hadrigan launcht eine App mit dem Namen „Lernsieg“. Zweck der App: Schüler können an Hand eines kleinen Kriterienkatalogs ihre Schulen und ihre Lehrer bewerten. Statt Noten gibt es Sternchen. Wie es der Zufall will genau fünf.
Nicht weiter schlimm mögen sich da viele, vor allem Unternehmer denken, die tagtäglich von irgendwelchen anonymen Postern auf Google, Herold und Co mit Sternchen bewertet werden. Für einige Lehrer, vor allem aber für den obersten Lehrergewerkschafter von der GÖD* (=Gewerkschaft Öffentlicher Dienst) des Landes, ist die App allerdings eine Provokation par excellence. Die Aufregung war groß. Warum, wieso und weshalb? Mehr dazu in diesem Podcast des Standard.
Kurz nach dem Launch wird die App auch schon wieder offline gestellt, weil – so die damalige Begründung des App-Erfinders – Hassbotschaften einen Rückzug erzwungen hätten. Etwas mehr als drei Monate später war die App zurück und führte binnen kürzester Zeit die Charts der beliebtesten Apps an.  Laut einem Bericht des Standards vom 3. März 2020 sah die Datenschutzbehörde keinen Grund zur Kritik und ein Gutachten aus dem Bildungsministerium äußerte nur teilweise Bedenken.
Dann kam Corona und mit dem Virus die Ära der Schulschließungen – pardon des Distance-Learnings. Im Chaos der ersten Lockdown-Tage wurde von den App-Betreibern kurzerhand eine Plattform geschaffen die in Zeiten des Coronavirus gratis Nachhilfe vermitteln sollte. Mehr dazu hier. https://bit.ly/lernsieg_nachhilfe
GÖD behüte uns
Den Gewerkschaftern – allen voran dem obersten Lehrervertreter Paul Kimberger – blieb und bleibt die App aber ein Dorn im Auge. Mit aller Macht und allem „verwalteten“ Geld wurde und wird gegen die App zu Felde gezogen. Dabei geht es nicht „um einen Konflikt des Paul Kimberger“, wie dieser in einem Standard-Artikel betonte: „Es haben sich tausende Kolleginnen und Kollegen an die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gewandt, damit ihre Rechte gewahrt bleiben.“ Im selben Artikel heißt es: Mit einer Verweigerung von Feedback habe der Widerstand nichts zu tun. „Die Frage ist, ob sich alles im Leben in Sternchen und Likes pressen lässt – vor allem, wenn es um den zwischenmenschlichen Bereich geht.“ Sternchen nein – Noten ja?
Gebt der App eine Chance
Dass es neben den „tausenden Kolleginnen und Kollegen“ auf die sich der Lehrergewerkschafter beruft auch andere Stimmen gibt beweist der Gastkommentar des Kärntner Gymnasiallehrers Hugo A. Brander, der schon kurz nach dem erstmaligen Launch der App (November 2019) in einem Kommentar in der Tageszeitung Die Presse meinte, dass man der App eine Chance gebe sollte. Mehr dazu hier: https://bit.ly/diepresse_kommentar_lernsieg
Nicht mit uns
Eine Chance, die die Lehrergewerkschafter dem Start-Up bzw. dem Unternehmensgründer keinesfalls gewähren wollen. Eine Klage folgt der nächsten und für den Fall, dass diese verloren geht, geht es in die nächste Instanz. Auf der Internetseite von lernsieg.at heißt es dazu: „Von 35 Verfahren nach der EU-Datenschutzgrundverordnung hat Lernsieg bereits 18 gewonnen. Mit dem weiteren Instanzenzug verfolgt die Gewerkschaft eine klare Strategie: Sie möchte ein unliebsames Start-up finanziell ausbluten und damit mundtot machen! Die zahlenreichen Klagen der Gewerkschaft stellen Lernsieg vor eine finanzielle Herausforderung, die für ein junges Unternehmen kaum zu bewältigen ist: Bis zum Sieg im Verfahren müssen Anwälte und Gerichtsgebühren vorfinanziert werden.“ In einem Akt von Verzweiflung hat das Unternehmen bzw. der Gründer jetzt einen Spendenaufruf gestartet, den Sie hier finden: https://www.lernsieg.at/ 
Am Ende bleibt ein mehr als bitterer Beigeschmack. Während die Notenvergabe für viele Lehrer – selbst in Corona-Zeiten in denen sie ihre Schüler kaum gesehen haben – kein Problem ist, sehen ihre Gewerkschafter im umgekehrten Fall ein sakrosanktes Unterfangen. GÖD sei Dank.
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