Wohin mit dem Kind? Die Corona-Lockdowns haben Alleinerziehende, vor allem berufstätige Mütter, vor extreme Schwierigkeiten gestellt. Aber auch ohne Pandemie ist der Burn-out zwischen den Anforderungen im Job und dem ständigem schlechten Gewissen, dem Kind nicht genug geben zu können, häufig schon vorprogrammiert.
Sabine W. aus Insbruck war nach 5 Monaten als Alleinerziehende am Ende. “Ich war ausgebrannt, habe meine Alltag nicht mehr auf die Reihe bekommen. Ich habe mir einfach nicht eingestehen wollen, dass ich Hilfe brauche. Heute weiß ich, dass es keine Schande ist, wenn man die Dreifachbelastung Kind, Job und Haushalt nicht mit “links” erledigt. Ich habe mir alle Unterstützung gesucht, die ich bekommen konnte, aber erst einmal war es eine Überwindung”.
Für Brigitta K. aus Wien war die finanzielle Situation die größte Belastung. “Ich wusste manchmal nicht, wie ich den Monat überstehen sollte”, so die 30 jährige Hausfrau. “Ich wusste gar nicht, welche Förderungsmöglichkeiten es gibt und habe manche Unterstützung aus Unwissenheit nicht wahrgenommen. Dann habe ich mich informiert und verschiedene Anträge gestellt. Heute ist mein Leben wesentlich stressfreier”, so die allein erziehende Mutter von 2 Kindern.
Im folgenden ein paar Survival-Tipps, die dazu beitragen können die Situation zu entschärfen:
- Haushaltseinkommen und Versorgung
Erstellen Sie ein grobes Budget: Welche Einnahmen haben Sie, welche finanziellen Hilfen bekommen Sie? Erstellen Sie auch eine grobe Auflistung Ihrer Ausgaben, damit Sie sehen, wo Sie stehen. Haben Sie schon irgendwelche Hilfen beantragt? Tipp: Eine Übersicht über mögliche finanzielle Hilfen für Alleinerziehende finden Sie unter diesem Link: https://www.alleinerziehende.org/finanzielles.html - Bildungs- und Berufssituation
Schreiben Sie auf, wie Ihre derzeitige berufliche Situation ist und wie Sie sich dabei fühlen. Falls Sie einen Job suchen, notieren Sie, wie der Arbeitsplatz aussehen soll. Arbeitszeiten, Entfernung von Ihrem Zuhause etc. – schreiben Sie einfach alles auf. - Netzwerk für die Kinderbetreuung
Schreiben Sie alle Namen von Menschen auf, die Ihr Kind betreuen (könnten). Erstellen Sie einen Wochenplan und notieren Sie, wer wann Zeit hat – so machen Sie die Zeiten aus, in denen Sie niemanden für Ihr Kind haben. Schreiben Sie auch auf, welche Institutionen in Ihrer Stadt Ihnen weiter helfen könnten. Fördern Sie außedem Ihre Kinder: Je selbstständiger Ihre Kinder sind, um so geringer ist die Belastung für Sie und um so harmonischer kann Ihr Familienleben verlaufen. Kontakte zu Erwachsenen beiderlei Geschlechts sind ebenso wichtig wie Freundschaften mit gleichaltrigen Kindern.
Soziale Kontakte – Hilfe suchen und annehmen können
- Hilfe annehmen
Gerade allein erziehende Mütter tappen in die Falle, ihrer Umwelt etwas beweisen zu müssen. In dem Irrglauben, alles allein schaffen zu können und zu müssen, ist manche Mutter schnell ausgebrannt. Lernen Sie, Hilfe anzunehmen – nicht nur aus dem Freundeskreis und der Verwandtschaft. Auch Beratungsstellen wie die Familienberatung oder Mütterzentren können Ihnen viele Tipps geben, wie Sie das Leben mit Kind meistern können. Hier bekommen Sie nicht nur guten Rat, sondern meistens auch tatkräftige Unterstützung. Nutzen Sie jede Unterstützung, die Sie bekommen können und die Ihnen weiter hilft, ein besseres Familienleben zu führen. - Bilden Sie ein Netzwerk
Vielen anderen Müttern geht es genau wie Ihnen. Scheuen Sie sich nicht, andere Mütter und Väter anzusprechen und ein Netzwerk aufzubauen. So ist es zum Beispiel eine immense Erleichterung, wenn sich einige Mütter zusammenschließen und wechselseitig die Kinderbetreuung übernehmen. Auch andere Aufgaben können gebündelt werden. Müssen Sie ab und zu auf Ämter gehen, um Anträge zu stellen etc.? Organisieren Sie sich mit anderen und erledigen Sie Anträge und anderes gebündelt. Genauso lässt sich vieles im Haushalt gemeinsam mit anderen besser und schneller erledigen. Bilden Sie Fahrgemeinschaften und organisieren Sie abwechselnd die Freizeit der Kinder. Seien Sie kreativ und finden Sie gemeinsam mit anderen Eltern Wege, wie Sie sich gegenseitig unterstützen können. - Raus aus der Einsamkeit
Alleinerziehende geraten schnell in eine Isolation, insbesondere, wenn sie nicht arbeiten. Iris aus Wien: “Ich fühlte mich wie eine Gefangene zwischen Fläschchen und schmutzigen Windeln. Meine Freunde gingen aus und ich saß allein zu Hause. Ich habe Kontakt zu anderen allein erziehenden Müttern gesucht – die haben ähnliche Probleme wie ich. Nun unterstützen wir uns auch gegenseitig bei vielen Alltagsaufgaben”.
Nehmen Sie Kontakt zu anderen Müttern/Vätern auf, die in einer vergleichbaren Situation sind. Achten Sie darauf, dass sich nicht alles um die Kinder dreht, sondern auch Ihre emotionalen Bedürfnisse nicht zu kurz kommen. Organisieren Sie Kinderbetreuung und brechen Sie regelmäßig aus dem Alltag aus – das kommt auch Ihrem Kind zu Gute.
Nur für Sie
Was tun Sie für sich? Nehmen Sie ab und zu eine Auszeit und kümmern sich nur um sich? Schreiben Sie einmal auf, woraus Sie Ihre Energie beziehen. Was würden Sie gerne tun? Sie müssen gar nicht tief in die Tasche greifen. Überall finden Sie tolle Angebote, die kaum Geld kosten. An Volkshochschulen und anderen Bildungshäusern finden Sie etwas für jeden Geschmack.
- Achten Sie auf sich
Haushalt, Job und Kind – diese dreifache Belastung kann schnell zu einem Burn-out Syndrom führen – selbst bei Müttern, die von einem Partner unterstützt werden. Allein erziehende Mütter sind jedoch weitaus häufiger betroffen. Gönnen Sie sich ganz bewusst Pausen und tragen Sie diese Auszeiten in Ihren Terminplaner als Termine mit sich selbst ein – sonst wird meistens im Alltagsstress sowieso nichts daraus. Wenn Sie wissen, was Ihnen gut tut, wird Ihnen das dabei helfen, die Herausforderung Eineltern-Familie zu meistern.
Schauen Sie sich einmal in Familienbildungsstätten und Volkshochschulen um, die viel zum Thema Wellness, Gesundheit und Stressbewältigung anbieten. Yoga, Autogenes Training, Tai-Chi sind wahre Stresskiller. Jede Beschäftigung, bei der Sie nichts leisten müssen, sondern einfach nur “sein” dürfen, hilft Ihnen, Ihren Alltag zu bewältigen. Nehmen Sie Mutter-Kind Kuren in Anspruch und beantragen Sie mögliche Zuschüsse.
- Sehen Sie das Positive
Viele Frauen können der neuen Lebenssituation ohne die Unterstützung eines Partners auch Positives abgewinnen. Uta, 32, aus Annaberg genießt Ihre neue Freiheit: “Mein Mann hat ständig an mir herumgenörgelt – nichts war ihm recht. Seit ich mit meinen 3 Kids allein bin, ist mein Leben zwar stressiger und turbulenter, aber auf der anderen Seite spüre ich eine Ruhe und Zufriedenheit, die ich vorher nicht gekannt habe”. Machen Sie sich klar, welche Vorteile das neue Leben für Sie bietet. Allein durch diese Einstellung wird manche Unannehmlichkeit unbedeutend.
Vermeiden Sie Ärger mit dem Ex
Versuchen Sie das Verhältnis mit dem Ex-Partner so stressfrei zu gestalten, wie es nur geht. Je weniger Fronten, desto besser. Auch wenn es schwer fällt – versuchen Sie, zu Ihrem Ex-Partner eine “Arbeitsbeziehung” aufzubauen. Es gibt einen Job (sich um das Kind kümmern), den Sie beide gemeinsam erledigen sollten. Je geschäftsmäßiger Sie das Ganze sehen, um so besser für Ihr Seelenleben und auch für Ihr Kind. Wenn es Probleme gibt, sehen Sie das wie eine Verhandlung: Bereiten Sie sich gut vor, notieren Sie alle wichtigen Punkte und Ihre Argumente.
Weitere Tipps für ein konstruktives Miteinander mit dem/der Ex:
* Reden Sie nicht schlecht über den Ex-Partner.
* Fragen Sie die Kinder nicht über neue Beziehungen des Ex-Partners aus.
* Tragen Sie Konflikte nicht vor dem Kind aus.
* Halten Sie sich an Abmachungen.
* Missbrauchen Sie den gemeinsamen “Elternjob” nicht, um es dem anderen heimzuzahlen.
* Verlangen Sie von den Kindern nicht, dass sie Partei ergreifen.
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Bild: Pixabay_khusen_rustamov