Bloß keine Kinder: Familien werden bei der Wohnungssuche benachteiligt

Herbergssuche in Österreich – für Familien mit zwei Kindern ein langwieriges Unterfangen. Nicht nur dass in Städten wie Wien geeignete Wohnungen Mangelware sind, berichtet jede vierte Familie von einer Benachteiligung – meist wegen der Kinder.

Geduld ist angesagt – zumindest für Familien die aus vier oder mehr Personen bestehen. In einer österreichweiten Umfrage unter  Immobiliensuchenden von s REAL und Wohnnet gaben mehr als 55 Prozent der befragten Familien an, dass sie länger als ein Jahr suchen, um ein passendes Zuhause zu finden.  Familien empfinden eine Benachteiligung bei der Wohnraumvergabe aufgrund ihrer Kinder, der Personenanzahl ihres Haushalts und der Haustiere. Das ergab eine „Spezialauswertung Familien“ der von s REAL & Wohnnet.at durchgeführten Umfrage zur Wohnraumsuche ergab.
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Während Besserverdienende und Titelträger:innen sich gegenüber anderen Interessentengruppen bei der Immobiliensuche im Vorteil einstufen, ist die Diskrepanz auf der anderen Seite hoch. Jede fünfte Immobiliensucher:in fühlt sich demnach schon einmal bei der Immobiliensuche benachteiligt. Schaut man konkret auf den Bereich Miete und lässt Kaufsuchende außen vor, berichtet sogar jede vierte Person von Benachteiligung. Gründe für die Benachteiligung sind laut Angabe der Befragten vorrangig der Status der Erwerbstätigkeit, das Einkommen  und auch das Alter.

Eine Gruppe, die bei der Immobiliensuche einen besonders schweren Stand hat, ist die Gruppe der Familien ab vier Personen. Neben der empfundenen Benachteiligung wegen der Kinder kommt für Familien erschwerend dazu, dass sich vor allem im städtischen Raum nur wenige Angebote für ihre Haushaltsgröße finden.

Kaum Angebote für Familien in Wien und anderen Städten

Nach den Ergebnissen der Umfrage besteht aktuell jeder fünfte immobiliensuchende Haushalt aus vier Personen oder mehr. Geht man davon aus, dass ein Vier-Personenhaushalt meist eine Vier-Zimmerwohnung benötigt (Wohnzimmer, Elternschlafzimmer, zwei Kinderzimmer oder vier Zimmer für eine Wohngemeinschaft), dann stehen diese Haushalte vor dem Problem, dass sie nicht ausreichend Angebote finden. Vor allem in den Städten wie Wien, wo es weitaus weniger Häuser und mehr Wohnungen gibt, das Platzangebot also geringer ist.

Eine Abfrage der plattformübergreifenden Immobiliendatenbank IMABIS zeigt, dass zum Stand 3. November 2023 in Wien nur jede fünfte Wohnimmobilie vier oder mehr Zimmer aufweist. 21 Prozent der Befragten suchen eine Wohnimmobilie für einen vierköpfigen Haushalt oder größer. Hier ist die Notwendigkeit für diese Zimmeranzahl also gegeben. Wenn man nun berücksichtigt, dass auch Zwei- oder Drei-Personenhaushalte zum Teil den Wunsch nach einer Vier-Zimmerwohnung haben, wird das Angebot für passende Wohnimmobilien für Familien noch knapper. Der Faktor Leistbarkeit ist hier noch nicht berücksichtigt. Viele Immobilien mit dieser Zimmeranzahl im städtischen Bereich, die zum Kauf angeboten werden, sind für einen großen Teil der Familien nicht leistbar. Erschwerte Kreditvergaberichtlinien durch die KIM-Verordnung und ein gestiegenes Zinsniveau führen dazu, dass viele Familien, die sonst eher gekauft hätten, nun den Wohnraum in der Miete suchen. Die Umfrage zeigt gerade im Bereich der Miete einen hohen Grad an Unzufriedenheit in Zusammenhang mit Benachteiligung.

 

Jede vierte Familie berichtet von einer Benachteiligung

So berichtet jede vierte Familie davon, Situationen erlebt zu haben, in denen sie sich benachteiligt fühlten. Die Gründe dafür geben die Befragten wie folgt an:

  1.  Benachteiligung aufgrund der Kinder
  2.  die Personenanzahl des Haushalts
  3.  Haustiere

Diese drei Gründe lösen den sonst vorrangig genannten Benachteiligungsgrund „Einkommensverhältnisse“ ab, denn die Familien können sich häufig die Wohnräume in der Miete leisten.

 

„Nach wie vor herrscht bei vielen Vermieter:innen die Meinung, dass Familien mit Kindern eine größere Abnutzung der Immobilie verursachen und es zu Lärmbildung kommt. Vergessen wird häufig, dass Familien aber wesentlich seltener umziehen, die Vermieter:innen also viel langfristiger vermieten können.“, sagt REAL Geschäftsführerin Martina Hirsch.

Wenig überraschend schätzen Vier-Personenhaushalte (und größere) ihre Wohnraumsuche eher pessimistisch ein. 38 Prozent geben an, dass sich ihre aktuelle Immobiliensuche sehr schwierig gestaltet und längere Zeit in Anspruch nimmt, weil es kaum passende Angebote gibt. Weitere 43 Prozent geben an, nur wenig passende Angebote zu finden und lediglich 19 Prozent sehen die Voraussetzungen positiv und finden ausreichende Angebote am Markt. Unter jenen Vier-Personenhaushalten (oder größer), die innerhalb der letzten zwölf Monate ihre passende Immobilie gefunden haben, berichten 55 Prozent davon, über ein Jahr auf Suche gewesen zu sein. Damit liegt die Suchdauer deutlich über dem Zeitrahmen von Ein- bis Drei-Personenhaushalten. Und jene Vier-Personenhaushalte (oder größer), die fündig wurden, gaben zu 71 Prozent an, bei der Auswahl der Immobilie Kompromisse eingegangen zu sein.

Martina Hirsch: „Viele Familien suchen vermehrt in Vororten, Bezirksstädten oder am Land, weil das Angebot in der Großstadt einfach nicht ausreichend ist. Wenn wir aber Familien nicht aus den Städten verdrängen wollen, muss auf ihren Wohnraumbedarf reagiert werden. Sehr lange haben Entwickler bei Bauprojekten auf kleine Vorsorgewohnungen gesetzt. Hier könnte ein Umdenken stattfinden.“

 

Situation verschärft sich

Durch die sinkende Zahl an eingereichten Baugenehmigungen wird es in den kommenden Jahren zu weniger Fertigstellungen von Neubauprojekten kommen und somit zu einem noch größeren Bedarf. Suchende werden mehr Absagen bekommen und die Immobiliensuche wird sich noch schwieriger gestalten. Deshalb ist es umso wichtiger, auf Transparenz und Fairness zu achten. Die Entscheidung über die Wohnraumvergabe treffen in letzter Instanz die Eigentümer:innen. Martina Hirsch dazu:
„Unsere Verantwortung ist es, eine vermittelnde Position einzunehmen und im Einzelfall Hürden und Vorurteile aus dem Weg zu räumen. Nur so können wir unseren Teil dazu beitragen, dass keine Gruppe benachteiligt wird.“

 

Bild oben:pixabay/Stefan Schweihofer

Photo: s REAL Geschäftsführerin Martina Hirsch –  beigestellt: sreal_c_huger

Quelle: Wohnumfrage 2/2023: Faire Immobilienvergabe! Wohnumfrage 2023 im Auftrag von s REAL-Immobilien & Wohnnet
Durchführungszeitraum: 27. April – 14. Juli 2023; Onlineumfrage (deutsch/englisch) auf den Plattformen sreal.at und wohnnet.at, n=1.875 Personen (18+ Jahre), österreichweit, Spezialauswertung Oktober 2023.