Das Foto zeigt sie mit nacktem Oberkörper. Eine schöne Frau – zweifellos. Doch quer über ihren Brustkorb zeichnet sich eine große Narbe ab. Die Brust fehlt ihr an dieser Stelle.
Das Bild erregte ungemeines Aufsehen und ging um die Welt. Matuschka wurde, wie sie selbst sagt, zum Brustkrebs-Pin-up. Ziel ihrer Aktivitäten ist es, den Brustkrebs in der Gesellschaft zu thematisieren und so ein Tabu zu brechen. “Ich habe das Video meiner Operation gesehen und mir gedacht, niemand sollte das je erleben müssen”, erzählt sie. Bei entsprechender Information und Früherkennung lässt sich eine Brust-Amputation fast immer vermeiden. Auch in Matuschkas Fall war diese radikale Operation nicht gerechtfertigt; die Entfernung des Knotens hätte gereicht…
Kaum eine Krankheit schreckt Frauen mehr als Brustkrebs
Eine von neun Frauen ist heute einmal in ihrem Leben mit der Diagnose Mamma-Karzinom konfrontiert. In den letzten 15 Jahren ist die Zahl der Neuerkrankungen um erschreckende 30% angestiegen. So weit – so schlecht! Die gute Nachricht daran: Die Faktoren, die zur Entstehung von Brustkrebs führen, sind heute relativ gut erforscht. Das heißt, Frauen können selbst etwas tun um sich vor der Geißel Krebs zu schützen.
“Bei uns liegt Krebs einfach in der Familie”,ist ein gerne zitiertes, fatalistisches Mantra, wenn es um die Vorbeugung von (Brust)Krebs geht. Eindeutig liegt in manchen Familien eine erbliche Disposition für bestimmte Arten von Krebs vor. Allerdings sind nach Auskunft der Österreichischen Krebshilfe nur 5% aller Krebserkrankungen durch Veränderungen im menschlichen Erbgut bedingt.
Mitte der 90-er Jahre ist es Gentechnikern erstmals gelungen, die “schuldigen” Erbanlagen für Brustkrebs zu entdecken. Frauen sollten hellhörig werden, wenn mindestens zwei ihrer Angehörigen (Mutter, Schwester, Tochter, Tante…) einer Verwandschaftslinie vor dem 50. Lebensjahr an Brust- und/oder Eierstockkrebs erkrankt sind. Anna S. war 25 Jahre alt, als sie ihre Mutter durch Brustkrebs verlor, wie schon zuvor auch ihre Großmutter.
“Der Arzt sagte mir, dass ich durch eine genetische Abweichung mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% in meinem Leben an Brustkrebs erkranken werde. Ich war vollkommen am Boden zerstört. Mir präventiv Brust oder Eierstöcke entfernen zu lassen kam für mich trotzdem nicht in Frage, das war mir zu radikal! Heute nehme ich regelmäßig Medikamente aus der Gruppe der Östrogenblocker, die das Risiko einer Erkrankung drastisch verringern. Außerdem gehe ich in kurzen Intervallen zur Mammographie.”
Wesentlich häufiger als genetische Faktoren beeinflussen jedoch laut Univ. Prof. Dr. Ernst Kubista, Leiter der Abteilung für spezielle Gynäkologie der Uni-Frauenklinik in Wien, die Folgen des modernen Lebensstils die Entwicklung von Brustkrebs. “Übergewicht, Bewegungmangel, besonders fett- und eiweißreiche Ernährung sowie erhöhter Alkoholkonsum lassen das Brustkrebs-Risiko um bis zu 40% in die Höhe schnellen.”
“Apfel statt Schokolade” sollte deswegen die Devise für eine gesündere Zukunft lauten. Oder noch besser: Brokkoli statt Fleisch. Denn Gemüse aus der Gruppe der Kreuzblüter wird brustkrebsschützende Wirkung zugeschrieben. Die in den verschiedenen Kohlarten, aber auch in Radieschen, Ruccola und Kresse enthaltenen Wirkstoffe senken den Östrogenspiegel ohne selbst hormonartige Wirkung zu entfalten. Wer es außerdem schafft sich zumindest zwei- bis dreimal die Woche eine Stunde körperlich zu ertüchtigen, wird nicht nur mit einer strafferen Figur belohnt, sondern hat auch Wesentliches für die Gesundheit geleistet.
Risikofaktoren
Weniger Einfluss hat frau leider auf andere Risikofaktoren: Etwa ein früher Beginn der ersten Regelblutung (vor dem 11. Lebensjahr), Kinderlosigkeit oder die erste ausgetragene Schwangerschaft nach dem 30. Lebensjahr sowie fehlende Stilltätigkeit können die Entstehung eines Mamma-Karzinoms leicht begünstigen. Die lange Zeit immer wieder mit Brustkrebs in Verbindung gebrachte Anti-Baby-Pille hat sich allerdings in dieser Beziehung als harmlos herausgestellt.
So gut die körperlichen Risikofaktoren für Brustkrebs erforscht und analysiert sind, so wenig ist über die psychischen Auslöser bekannt. Ein Thema, dem sich Frau Prof. Dr. Hengstberger, Leiterin eines Brustkrebsvorsorgezentrums in Wien, besonders verschrieben hat. So achtet Frau Dr. Hengstberger bei ihren Patientinnen besonders auf deren psychische und soziale Situation.
“Nicht oder schlecht bewältigte Schicksalsschläge, Verlusterlebnisse, eine unerfüllte Partnerschaft uvm. können die Entstehung von Krebs begünstigen”, ist sie überzeugt. Die Ursache dafür sieht sie in einer Fehlregulation, im Hormonhaushalt, ausgelöst durch chronische Leid- und Stresssituationen.
Ein wichtiger Bestandteil der Brustkrebsvorsorge ist für sie die monatliche Selbstkontrolle der Brust. Der ideale Zeitpunkt dafür ist kurz nach der Menstruation. Diese Tastuntersuchung erfolgt am besten nach Anleitung des Arztes, man kann sich darüber aber auch im Internet bei der Österreichischen Krebshilfe informieren.
Derbes Gewebe oder Knotenbildung
Eingezogene Brustwarzen oder Haut
Rötung oder rauhe Oberfläche der Brustwarze, bräunliche oder blutige Absonderung
Vergrößerte Lymphknoten am Rand der Brust oder in den Achselhöhlen
Veränderungen in Form, Größe und Beweglichkeit der Brüste
Frau Dr. Hengstberger, eine Pionierin auf dem Gebiet der Brustkrebsvorsorge, hat in ihrem Zentrum blinde Krankenschwestern speziell für die Tastuntersuchung der Brust ausgebildet. Blinde Frauen sind durch ihren ausgezeichneten Tastsinn für diese Tätigkeit besonders prädestiniert. Die Untersuchung erfolgt in einem kleinen Becken mit warmem Wasser, da man dadurch auch Verdichtungen im unteren Brustbereich gut spüren kann.
Sollte auf dem Röntgenbild ein Knoten sichtbar sein, muss das noch lange kein Krebsgeschwür sein. Hier helfen weitere Untersuchungsmethoden wie Ultraschall oder Magnet-Resonanz-Tomographie um die Beschaffenheit des Knotens abzuklären.
Lebe heute ohne Angst
Die nackte Panik überfällt Renate Fischmann, heute 54 Jahre alt, als sie plötzlich einen Knoten in ihrer rechten Brust ertastet. Aus Angst vor einem positiven Befund vermeidet sie den Gang zur Mammographie ein halbes Jahr lang. Der Knoten vergrößert sich beträchtlich, bis er bereits die Größe einer Kinderfaust erreicht hat. “Als mich der Konten bei jeder Bewegung geschmerzt hat, bin ich endlich zum Arzt gegangen.”
Es folgen eine Mammographie und eine Gewebeprobe. Danach steht fest, dass Frau Fischmann unter einem bösartigen Karzinom leidet. Der Tumor hat die Lymphknoten bereits angegriffen. In einer Operation wird die rechte Brust abgenommen, die Lymphknoten werden entfernt. Fünf Jahre muss sie jetzt regelmäßig Hormonpräparate nehmen um das Risiko einer neuerlichen Erkrankung zu senken.
“Ich glaube, der ewige Stress hat den Krebs bei mir ausgelöst,” ist Frau Fischmann überzeugt. Stress im Beruf als Chefsekretärin, aber auch Stress im Privatleben als Alleinerzieherin. Frau Fischmann ist ein sozialer Typ und neigt in der Partnerwahl zu schwierigen Männern. Ein Alkoholiker, ein Spieler… die Probleme ihrer Partner lassen wenig Freiraum für sie selbst. Immer ist sie mit den Problemen anderer beschäftigt. Sie will immer die Starke sein, Schwäche oder Angst zu zeigen ist ihr völlig fremd. “Wenn ich angespannt bin, rauche ich einfach mehr”, sagt sie. Dann können es statt der täglichen Packung Zigaretten auch einmal zwei oder drei werden.
Rein äußerlich hat Frau Fischmann an ihrer Lebensführung seit der Operation nicht viel verändert. Allerdings geht sie jetzt immer pünktlich zu allen Vorsorge-Untersuchungen. Sie kann heute kaum mehr verstehen, dass sie 25 Jahre nicht beim Frauenarzt war. “Heute ist jeder Tag wie ein Geschenk. Ich genieße das Leben viel mehr als früher.
Es gibt kaum noch etwas, das mich wirklich aufregt, weil ich meine Prioritäten ganz anders setze. Obwohl mir kein Arzt gesagt hat, dass ich geheilt bin, sehe ich das so. Ich fühle mich gesund und für meine Narbe geniere ich mich nicht. Alle Freunde sind informiert, niemand schaut mich deswegen blöd an. Es ist komisch, aber ich lebe ohne Angst.”
Foto: Vanatchanan – shutterstock.com