Instagram, Facebook, TikTok, Youtube – allways on lautet die Devise moderner Kids. Ohne Handy ist man schnell der Looser. Ob das gut ist? Tipps für Eltern, wie sie am besten mit der Handybegeisterung ihrer Kinder umgehen können.
Die Kids von heute sind regelrecht Smartphone-fixiert. Wie Eltern mit der Handybegeisterung ihrer Kinder am besten umgehen, verrät Dipl. Päd. Heike Podek, Coach in Erziehungsfragen.
Die Augen von Moritz fixieren das Handy, die Finger wischen in raschem Tempo über den Screen. Telefonieren, chatten, mailen, Musik hören, Spielen … Dank Email, What’s App, Facebook und Co. ist er ständig erreichbar und up to date – egal ob unterwegs, am Weg in die Schule oder abends vorm Schlafengehen – das Handy ist sein ständiger Wegbegleiter. Vielen Eltern geht es ähnlich wie denen von Moritz. Sie sorgen sich und sind verzweifelt, wenn ihre Kinder ständig das Handy in der Hand haben. Immer mehr Jugendliche verlassen das Haus überhaupt nicht mehr ohne ihr Smartphone, um nichts zu verpassen und permanent verfügbar zu sein.
Ist mein Kind bereits online-süchtig?
Nahezu jeder Haushalte in Österreich hat mittlerweile Zugang zum Internet. Das Kommunizieren übers Handy gehört zu unserem Leben und damit auch für viele Kinder und Jugendliche zum Alltag. Aber was tun unsere Kinder eigentlich die ganze Zeit mit ihrem Handy? Viele Kinder und Jugendliche präsentieren sich in sozialen Netzwerken wie Facebook, Pinterest, You Tube u.ä., um sich mit anderen auszutauschen, Fotos und Videos zu teilen, neue Kontakte zu knüpfen und auch um gemeinsam mit anderen Spiele zu spielen.
Darüber hinaus kommunizieren sie per sms, Chat oder What’s App mit Freunden und Bekannten – teilweise sogar in Gruppen. Auch Musik und Videos werden vielfach übers Netz geladen und gehört bzw. angeschaut.
Was ist noch normal?
Wie die Eltern von Moritz haben viele Eltern das Gefühl, dass ihre Kinder nur mehr im Handy leben und sonst kaum noch anwesend sind, weil sie ständig mit dem Handy kommunizieren. Meist sind dies aber nur Phasen, in denen die Kinder so gefesselt sind, dass sie ihre gesamte Zeit dieser Tätigkeit widmen und auf alles andere vergessen. Diese Phasen, die von Eltern oft als Vorstufe zur Sucht eingestuft werden, gehen meist nach ein paar Wochen oder Monaten wieder von selbst vorüber.
Die tägliche vielseitige Nutzung des Handys gehört zum Alltag von Kindern und Jugendlichen und es handelt sich dabei in der Regel um eine „normale“ Nutzung – denn nicht die Dauer und Intensität der Handynutzung entscheiden über Sucht oder Nicht-Sucht, sondern eher die Gründe, die jemanden dazu bringen, soviel Zeit am Handy/ im Internet zu verbringen.
Bewusste Medienerziehung von Anfang an
Doch auch wenn nicht gleich von Sucht die Rede ist, treibt viele Eltern der Umgang ihrer Kinder mit dem Handy in den Wahnsinn und sie fragen sich, was sie tun können. Argumente und Erklärungen stoßen bei den Kindern auf taube Ohren, das Ausmachen von Handyzeiten bzw. handyfreien Zeiten ist oft sehr nervenaufreibend und mühsam und elterliche Verbote funktionieren auch nicht wirklich. Was aber soll ich nun als Elternteil tun, wenn mir das ständige Hantieren meines Kindes mit dem Handy auf die Nerven geht? Eine frühe Medienerziehung liegt ganz klar im Verantwortungsbereich der Eltern.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist es, nicht erst einzuschreiten, wenn die Jugendlichen in der Pubertät sind und sich nichts mehr sagen lassen (wollen), sondern von Anfang an, als Vorbild und Beziehungspartner im Umgang mit Medien zur Verfügung zu stehen. Erfahrungsgemäß ist es sinnvoll bereits sehr früh damit zu beginnen. Bereits Kleinkinder machen frühe Erfahrungen mit Fernsehen und Spielen am Tablet.
Die digitalen Medien sind heutzutage kaum wegzudenken und werden von den Herstellern bewusst oft so einfach konzipiert, dass sie bereits von Kinderhand intuitiv bedient werden können. Diese frühe Heranführung an die neuen Medien hat natürlich auch viele Vorteile, dennoch ist ein verantwortungsbewusster Umgang damit unerlässlich.
Leider nutzen viele Eltern allerdings die digitalen Medien nicht zum Vorteil ihres Kindes sondern lediglich zu ihrem eigenen: „Maria sitzt mit ihrer Tochter Lisa (3) beim Arzt im Wartezimmer. Lisa quengelt und zerrt immer wieder an Mamas Jacke. Die anderen Leute schauen immer wieder zu Maria und Lisa herüber. Maria ist das unangenehm, weil sie das Gefühl hat, Lisa stört sie. Nachdem gutes Zureden nicht funktioniert, zieht sie ihr Handy aus der Tasche und gibt es Lisa. Diese strahlt, setzt sich auf den Schoß ihrer Mama und tippt zufrieden auf dem Handy herum.“
Spiele und Apps als Babysitter?
Um einen Moment Ruhe zu haben, nicht gestört zu werden, den Blicken anderer Leute zu entgehen o.ä.drücken wir unserem Kind schnell das Handy in die Hand – Spiele und Apps dienen uns dann als Babysitter. Kurzfristig oder auch in einer Situation, wie bei Maria und Lisa beschrieben nachvollziehbar und praktisch, bringt eine regelmäßige Ruhigstellung des Kindes klare negative Folgen mit sich: Beim Hantieren mit dem Handy, dem Anschauen von Videos, kleinen Filmen oder dem Spielen fehlt Kleinkindern die Beziehung.
Anstatt im gegenseitigen Austausch ihre Reaktionen in Beziehung zu einem Gegenüber bringen zu können, sind die Kinder mit ihren Eindrücken allein. Die Gefühle und Emotionen, die sich beim Anschauen bzw. Spielen einstellen, werden weder gespiegelt noch kommentiert – die Kinder sind dabei vollkommen sich selbst überlassen.
Fatale Auswirkungen auf spätere Verhaltensweisen
Wenn hier nicht frühzeitig eingeschritten wird und das Kind in einen lebendigen Kontakt und eine lebendige Beziehung geholt wird, wirkt sich das spätestens in der Pubertät oft fatal aus. Jugendliche in diesem Abschnitt der Autonomiephase stellen sich die klassischen Fragen: Wer bin ich, wo komm ich her und wo will ich hin und sind durch Hormone, die Umstellung des Körpers und ihre zunehmende Unabhängigkeit von den Eltern oft verunsichert. Hinzu kommt in dieser Phase, in der die Peergroup eine zentrale Rolle einnimmt, die Angst vorm Anders und Allein-Sein, davor nicht dazuzugehören.
Genau dagegen wirkt das Handy durch die dauernde Erreichbarkeit. Weiters gaukeln soziale Netzwerke, in denen sie mit unzähligen Menschen „befreundet“ sein können, Jugendlichen vor, nicht allein zu sein, sondern zu einer Gemeinschaft dazuzugehören. Sowohl hier, als auch in einer Vielzahl von Internetspielen, erhalten Jugendliche die Möglichkeit, sich idealisiert darzustellen, einen Idealmenschen zu erschaffen, abzutauchen, Frust und Realität hinter sich zu lassen und scheinbar alles unter Kontrolle zu haben.
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Bild: Sujet – pixabay/Peggy und Marco Lachmann-Anke