Und weil sie ziemlich gut aussah, ziemlich viel Geld hatte und es ziemlich gut fand, dass er knackig und frisch war, blieben sie zusammen und hatten ziemlich viel Spaß.
So lange jedenfalls, bis sie herausfanden, dass sie Mutter und Sohn waren. Und dann erhängte sich Iokaste, Ödipus stach sich die Augen aus, ließ sich von bösartigen Rachefliegen von einem Hain des antiken Griechenlands zum anderen hetzen und gab einem belächelten Komplex seinen Namen.
Nun, auch wenn Ödipus – was für ihn selbst sehr erfreulich sein dürfte – natürlich niemals wirklich gelebt hat, so verrät uns die Sage über ihn doch einiges über die Ansicht der Gesellschaft über Altersunterschiede in Beziehungen. Klar: Ein Mann sollte erst eine Familie gründen, wenn er auch dazu imstande war sie zu ernähren. Und das war oft erst dann der Fall, wenn er nicht mehr so ganz taufrisch war. Dafür nahm er sich dann eine besonders junge Frau, eine, die gute Chancen hatte ein paar Geburten zu überleben. Und so waren eben die Mütter nur dreizehn, vierzehn Jahre älter als ihre Söhne.
Zehn, fünfzehn Jahre – kein Problem?
Zumindest nicht in der klassischen Konstellation: Mann reif, Frau jung. Mann, gut situiert, ein paar graue Schläfchen, aber sonst noch durchaus potent, umgibt sich mit weiblichem Schmuckstück, ebenso blond wie willig. Nettes Klischee – aber irgendwie haarscharf neben der Realität. Denn ich gebe zu: Auch mein Mann ist zehn Jahre älter als ich. Als wir uns kennen lernten, konnte er sich immerhin leisten mich zu einer Pizza einzuladen und unter meinen wechselnden Haarfarben war niemals blond. Spaß hatten wir trotzdem: vertikal genauso wie horizontal.
Gertrude Katta, Psychologin, weiß: “Ein Altersunterschied bis zu zehn Jahren ist meist eher unproblematisch. Im Prinzip leben die Partner in der gleichen Welt – geringfügig verschoben, vielleicht, aber nicht fremd. Die Kindheitserinnerungen sind ähnlich, die Werte auch.” Nun ja, ich gebe zu, es hat mich doch ein wenig irritiert, als mein Mann eines Tages wissen wollte, ob ich mich noch an den Mord an J.F. Kennedy erinnere…ohne Rückführung in mein Leben vor der Geburt konnte ich ihm diese Frage nicht beantworten.
Sexuelle Leistungskurven
“Generell”, so sagt der Familien- und Paartherapeut Peter Angst, “leben Paare mit großem Altersunterschied eher in der Kultur des Jüngeren.” Auch sexuell? Nun, laut der Linzer Psychologin Isabella Woldrich ist das perfekt: Denn der Höhepunkt der Höhepunkte findet bei Mann etwa mit 20 Jahren statt, Frauen laufen erst frühestens ab 30 zu ihrer Höchstform auf.
Bei Gleichaltrigen gibt’s also immer Probleme mit der Gleichschaltung ihrer Motoren: Wenn sie noch in den Zwanzigern sind, hat der Er deutlich häufiger erotische Ideen als seine Sie. Ist das Paar zehn, zwanzig Jahre älter, mögen’s Frauen meistens heiß – auch dann, wenn ihr Partner ein bisschen cool ist.
Anders aber bei Frauen, die deutlich älter als ihre Männer sind: Hier läuft’s ideal. Denn beide sind gerade top. Und offen für so ziemlich viel. Junge Frauen mit älteren Partnern haben auch einen guten Griff getan – dorthin, wo es ein bisschen leiser zugeht. Und nicht so permanent penetrant. Nur was passiert, wenn dann die Frau mit 35 schon ein bisschen mehr will – ihr Mann mit 55 aber noch ein bisschen weniger, darüber schweigt die Theorie. Und lässt für praktische Ideen noch genug Raum.
Paare erzählen
Aber fragen wir doch einfach Tanja. Sie ist mit ihren 33 Jahren um 17 Jahre jünger als ihr Mann Joseph. Und die beiden sind seit zehn Jahren zusammen. “Ich kann nicht behaupten, dass ich völlig unerfahren war, als wir uns kennen lernten. Aber trotzdem hatte ich ein gutes Gefühl – ich konnte mich besser fallen lassen als bei jüngeren Partnern. Irgendwie musste ich mich nicht so sehr beweisen.”
Im Gegensatz zu Joseph, offenbar, denn er meint: “Irgendwie hatte ich bei unserem ersten Mal das Bedürfnis, den Superlover hervorzukehren, den Mann, der alles kann und alles schon irgendwann einmal getan hat. War nett, aber anstrengend.” Heute sind sie sich einig: “Erlaubt ist, was gefällt. Und wann es gefällt. Und wir denken nicht, dass sich unsere Beziehung von einer anderen Langzeitpartnerschaft unterscheidet, nur weil wir nicht gleich alt sind.”
“Eines meiner heißesten Erlebnisse hatte ich mit einem Mann, der damals fast doppelt so alt war wie ich”, erzählt Gabi, heute 40 Jahre alt. “Es begann ziemlich klischeehaft: Ich war knapp 20 und jobbte. Meine Abteilung wurde von Fred geleitet, der gerade seinen 38. Geburtstag gefeiert hatte. Besonders schön war er nicht, aber für mich einfach supersexy. Und seine Blicke! Eines Abends nach der Arbeit passierte es natürlich: Wir saßen noch zusammen und er meinte: ‚Du trägst einen hübschen Rock!’ Ich kratzte meinen gesamten Mut zusammen und antwortete: ‚Den kann man auch ausziehen…’ Das wars. Und, ja, es war heiß. Ich gebe zu, dass dieser heute fast 60-jährige Mann immer noch ziemlich weit oben auf der Liste meiner positiven Überraschungen steht.”
War die Überraschung so positiv, dass Gabi immer noch ein Faible für reifere Partner hat? “Nein”, lacht sie, “das war eine einmalige Sache. Ich bin mit einem Mann zusammen, der langweilige 19 Monate älter ist als ich. Und ehrlich, wenn ich mir vorstelle, dass mein damaliger Mr. Supersex Fred nun bald in Pension geht, ist mir doch auch der Körper meines Partners lieber.”
Fall-in-Love-Szenarien
Ist es rein von der Persönlichkeit des Mannes abhängig, ob man sich in ihn verliebt, egal, wie alt er ist? Die Psychologin Gertrude Katta: “Nun, es gibt verschiedene Fall-in-Love-Szenarien: Manche Frauen wollen es eben einmal mit einem reiferen Mann ausprobieren, aus Neugierde vielleicht, nach einer Enttäuschung mit einem jüngeren, oder einfach aus Lust an der Abwechslung. Andere verlieben sich in die Person, das Alter ist für sie unwesentlich.
Eine weitere Gruppe Frauen zieht tatsächlich ältere Männer vor.” Womit wir also wieder beim – wenigstens innerlich – blonden Luxusgeschöpf am rolexgeschmückten Arm ihres wohlsituierten Herrn und Meisters wären! Gertrude Katta winkt ab: “Das sind nur Klischees. Bei vielen Frauen zieht sich die Präferenz reiferer Partner durch ihr gesamtes Leben, unabhängig vom finanziellen Status.”
Ach – so wie unser Freund Ödipus, nur umgekehrt? Ödipussy? Frauen, die nach einem Vaterersatz suchen, weil die Beziehung zum eigenen Vater eben so besonders gut oder so besonders mies ist? Dr. Katta zweifelt daran: “Das kann schon auf die eine oder andere Beziehung zutreffen – aber generell muss man wohl eher davor warnen, dass Frauen sich nicht im Laufe der Partnerschaft in die Tochterrolle drängen lassen. Denn das ist ein ziemlich sicherer Weg zum Anfang vom Ende.”
Reifer Mann – jüngere Frau
Doris ist so ein Fan von Beziehungen mit älteren Partnern.
“Meinen allerersten Kuss bekam ich vom Onkel einer Freundin – er war um die 25, ich war 13. In der Schule schwärmte ich wie alle Mädchen für einen Lehrer, aber nicht wie die anderen für den jungen Mathematiker, sondern für den tollen Chemiker, der sicher schon seine 45 Jahre auf dem leidgeprüften Buckel trug. Mein allererster Sex – ein Fehlversuch mit einem Gleichaltrigen! – war natürlich eine Katastrophe.
Eine Runde Vergleichssex mit einem eher willkürlich geangelten älteren Mann, der brachte mich zum Schnurren. Und zu der Einsicht, dass man nicht unbedingt die eigenen Hände braucht um zum Orgasmus zu kommen. Bis heute reizt mich ein gleichaltriger oder jüngerer Mann nicht im geringsten.”
Reife Frau – jüngerer Mann
Nun, ich gebe zu: Wenn so ein möglicherweise sexy Jüngling Marke Starmania sich das Leiberl vom verschwitzten Kinderbäuchlein reißt, mache auch ich mir eher Sorgen um seine Gesundheit, als dass ich mich in Extase zu wälzen beginne. Allerdings – das trifft nicht auf alle Frauen zu: Manche mögen’s jung.
“Mischa ist ein Mann für die Seele”, streut Karin, 42, ihrem Partner Rosen, “Bis vor zwei Jahren war ich mit einem Mann verheiratet, der sieben Jahre älter war als ich, Mischa ist nun sieben Jahre jünger. Und diese 14 Jahre zwischen den beiden Männern bedeuten eine ganze Welt: Mein Ex war stammte aus einer Zeit, in der es noch den Begriff ‚Familienoberhaupt’ gab.
Mischa freut sich darüber, dass er eine Frau hat, die selber weiß, wo es für sie langgeht – auch im Bett. Er fragt mich, was ich will. Und mit ihm kann ich auch darüber reden, das war mit meinem Ex-Mann nicht möglich, da wäre ich mir vorgekommen wie eine Bittstellerin.”
Reife Frauen bitten nicht, sie tun es einfach. “Als ich sie zum ersten Mal traf, war das schon Wahnsinn”, erzählt Lukas, 25, von seiner Mimi, 34. “Sie saß mir gegenüber, den Reißverschluss an ihrem Oberteil so weit offen, dass ich den BH sehen konnte. Und das Tolle war: Sie wusste es. Und sie hatte ihre Freude daran, dass ich meine Freude an ihr hatte. Es war einfach ein Geschenk, das sie mir ganz bewusst machte.”
Scheint sehr harmonisch zu sein, wenn Frauen sich jüngere Partner suchen! Und diese Ansicht bestätigt auch die Untersuchung des US-Psychologen Jan Sinnott von der Universität Baltimore: Beziehungen, in denen die Frau einen Altersvorsprung hat, sind durchschnittlich sogar dauerhafter als Beziehungen mit etwa gleichalten Partnern.
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