Schlimmer noch geht es Kindern in dieser Situation: Zu krankheitsbedingten Schmerzen kommt die Trennung von Mama und Papa, die Angst vor der fremden Atmosphäre und vor unangenehmen Untersuchungen.
Bei Einbruch der Dunkelheit wird alles noch beängstigender. Das muss nicht so sein, wenn Eltern ihr Kind ins Spital begleiten. Der Verein Kinderbegleitung (KiB) macht es möglich.
Welch ein Segen für alle kleinen Patienten, die über Nacht ins Krankenhaus müssen: KiB arrangiert es, dass Mama oder Papa sie kostenlos begleiten können. Egal, wie lange sie bleiben müssen. Und noch viel mehr: KiB versteht sich als Drehscheibe für alle Belange rund ums kranke Kind.
Somit gehören zum Angebot auch Kinder-Hauskrankenpflege, Betreuung daheim, wenn das Kind krank und die Mutter berufstätig ist, Stillberatung, Unterstützung der Eltern nach der Geburt des Kindes, professionelle Pflege von Frühchen und sogar Sterbebegleitung.
Aus der eigenen Geschichte entstand die Idee
Die Entstehung von KiB geht auf das Schicksal des Gründungsvaters Ernst Schausberger, 17 Jahre Geschäftsführer des Vereins, zurück. Er überlebte als Einjähriger eine schwere Lungenentzündung nur deshalb, weil seine Eltern und Geschwister ihn zu Hause Tag und Nacht pflegten. Sein um drei Jahre älterer Bruder aber starb als Neunjähriger an einer Blinddarmentzündung – im Krankenhaus.
Als Ernst Schausbergers Sohn Peter für einige Tage ins Spital musste und danach immer wieder erzählte, dass er in der Nacht große Angst gehabt hätte, stand für ihn fest: Jetzt musste er handeln!
Der Versicherungsmakler wollte um jeden Preis durchsetzen, dass alle Eltern eines Tages ihre Kinder ins Krankenhaus begleiten können. Er unterbreitete diesen Vorschlag diversen Versicherungen – doch alle Versuche einer Umsetzung scheiterten.
So kam es, dass er vor 18 Jahren im oberösterreichischen Ungenach gemeinsam mit sechs weiteren Personen den Verein Kinderbegleitung gründete. “Für einen Mitgliedsbeitrag von 9,80 € im Monat übernahmen wir die anfallenden Kosten für die Begleitung eines Kindes ins Krankenhaus.
Außerdem war uns die Bewusstseinsbildung und die Breitenwirkung ein großes Anliegen. Denn jedes Kind hat das Recht auf die bestmögliche Fürsorge und Pflege, ohne auf seine Eltern verzichten zu müssen. Das wollten wir Eltern, Politikern und Ärzten klarmachen”, erzählt Ernst Schausbergers Ehefrau Elisabeth, Mitbegründerin und heutige Geschäftsführerin. Der Einsatz der vorerst ausschließlich ehrenamtlichen Mitarbeiter war enorm. Elisabeth Schausberger erinnert sich:
“Wenn es einem Elternteil einmal nicht erlaubt wurde, über Nacht im Spital zu bleiben, stellten wir kurzerhand eines unserer Klappbetten im Krankenzimmer auf, die wir in unserem Büro in Ungenach horteten.”
Die Nachfrage übertraf alle Erwartungen
Wie gewaltig die Resonanz auf das Angebot war, zeigte die Anzahl der Mitglieder, die sofort rasant in die Höhe schnellte: Nach einem Jahr waren 300 Interessierte dabei, nach zwei Jahren bereits sagenhafte 3.000. Heute gehören 26.000 Familien in ganz Österreich KiB an. Zwölf Mitarbeiter sind hauptamtlich und viele weitere ehrenamtlich im Einsatz. Kooperationspartner sind u.a. die Volkshilfe, das Hilfswerk und der Familienbund.
Auch heute beträgt der Mitgliedsbeitrag 9,80 € monatlich. Im Falle eines Krankenhausaufenthalts übernimmt KiB u.a. die Kosten für die Begleitung – auch wenn es sich um einen Daueraufenthalt handelt. Zum Vergleich: Für eine Nacht im Spital sind für die Begleitperson inklusive Selbstbehalt des Kindes je nach Bundesland zwischen 13 € und 40 € zu berappen. Das schlägt besonders zu Buche, wenn ein Kind chronisch krank ist oder länger im Spital bleiben muss.
Dass sich die Investition rechnet, hat sich gezeigt: Heute verursachen zehn Prozent der Mitglieder jährlich Kosten über 15.000 €, die gänzlich vom Verein getragen werden.
Kind krank – KiB hilft
War es anfangs das einzige Ziel, Eltern und Kindern das Zusammenbleiben bei einem Spitalsaufenthalt zu ermöglichen, sind es heute mehrere. Elisabeth Schausberger ist selbst Mutter von vier Kindern und kennt das Problem berufstätiger Eltern nur allzu gut: Das Kind wird krank und plötzlich steht die Frage im Raum: “Wer passt auf, wenn ich in die Arbeit muss?”
Um in dieser prekären Situation eine Lösung parat zu haben, organisiert KiB seit etlichen Jahren kurzfristig eine geschulte Betreuerin, die sich um das kranke Kind kümmert, während Mama in der Arbeit ist.
Besonderes Plus: Die KiB-Hotline ist 24 Stunden am Tag erreichbar. Elisabeth Schausberger: “Manchmal rufen Mütter um 10 Uhr abends an, völlig verzweifelt, weil ihr Kind mit 40 Grad Fieber im Bett liegt, sie selbst aber am folgenden Tag arbeiten müssen. Wir organisieren dann sofort eine Betreuung, die am nächsten Morgen pünktlich vor der Haustüre steht.”
So ähnlich war es auch bei Andrea Löhr: “Meine Tochter Anna, ein sehr lebhaftes Kind, fühlte sich an einem späten Nachmittag krank, hatte Kopf- und Bauchschmerzen. Es war klar, dass sie am nächsten Tag nicht zur Schule gehen konnte und ich eine Vormittagsbetreuung organisieren musste. Ich rief noch am selben Abend die Hotline des Vereins Kinderbegleitung an.
Die freundliche Dame am Telefon versuchte sofort, für den nächsten Tag eine Kinderfrau zu organisieren. Schon nach kurzer Zeit bekam ich einen Rückruf: Es war ihr gelungen, eine Dame zu erreichen, die zu uns kommen würde. Das KiB-Familienservice hat so rasch und unbürokratisch Hilfe organisiert: Pünktlich um 7.15 Uhr stand unsere Betreuerin am nächsten Morgen vor der Tür. Sie hatte gleich einen guten Draht zu meiner Tochter. Mit Vorlesen, Spielen und Erzählen verging der Vormittag im Nu. Anna wollte sie für den nächsten Tag gleich wieder ‚bestellen’.”
Der Erfolg spricht für sich
Auch für den 2-jährigen Jonas leistete KiB ganzen Einsatz: Ein vierzehntägiger Aufenthalt in der Kinderchirurgie Salzburg war notwendig, da er am Pierre-Robin-Syndrom mit breiter Gaumenspalte litt. Er war nur sehr schwer zu ernähren und hatte Atemnot beim Trinken.
Bei einem neuerlichen Spitalsaufenthalt erfuhr die Familie von KiB und der Möglichkeit einer Hauskrankenpflege für Jonas. Für die HKP waren insgesamt 2900,– € zu bezahlen. KiB finanzierte die hohen Kosten vor und beauftragte KiB-Rechtsanwalt Dr. Messner mit der Einforderung der Kosten bei den zuständigen Stellen. Der Familie konnte dieser Betrag schließlich rückerstattet werden.
Aber nicht nur KiB-Mitglieder profitieren von der Arbeit des Vereins. “Wir verstehen uns als Sprachrohr aller Eltern und wollen für sie entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen durchsetzen”, so Elisabeth Schausberger.
Mit Erfolg: “In den letzten 18 Jahren haben wir es u.a. geschafft, die anfallenden Kosten für eine Nacht, welche die Mutter bei ihrem Kind im Krankenhaus verbringt, je nach Bundesland von 140 € auf bis zu 5 € zu senken.
Die Begleitrate ist seit unserer Entstehung von 4 auf 40 Prozent gestiegen. Auch konnten wir dazu beitragen, dass die Kosten für die Hauskrankenpflege deutlich verringert wurden. In Wien ist die Kinderhauskrankenpflege sogar kostenlos.”
Heute ist die Begleitung kranker Kinder in nahezu jedem Krankenhaus selbstverständlich. Hauskrankenpflege von Kindern und Jugendlichen wird immer verbreiteter, das Angebot flächendeckender. Dazu hat der Einsatz und die Aufklärungsarbeit der KiB-Mitarbeiterinnen wesentlich beigetragen.
Nächste Ziele: “Bei einer Aufnahme eines Kindes ins Krankenhaus soll allen Eltern die Mitaufnahme angeboten werden”, so Elisabeth Schausberger. “Außerdem soll bald jede Mutter das Recht auf Pflegefreistellung bei vollem Gehalt haben, wenn sie mit ihrem Kind ins Krankenhaus kommt.”
Die wichtigsten KiB-Leistungen
• Vollständige Kostenübernahme für die Mitaufnahme einer Begleitperson in ein öffentliches Krankenhaus in Österreich und teilweise Kostenübernahme bei der Begleitung in eine Privatklinik, ein Sanatorium oder zu einem Krankenhaus im Ausland.
• Kostenersatz für eine externe Nächtigung bzw. Verpflegung und Übernahme der Fahrtkosten bis zu 100 km pro Tag, wenn die Mitaufnahme nicht möglich ist.
• Übernahme des Selbstbehalts für den Aufenthalt eines Kindes im Krankenhaus.
• Kostenübernahme für die Begleitung eines Kindes bei einem Therapie-, Kur- oder Rehabilitationsaufenthalt.
• Vollständige Kostenübernahme der Hauskrankenpflege durch eine mobile Kinderkrankenschwester und teilweise für die Betreuung durch den behandelnden Arzt zu Hause.
• Vermittlung und Kostenübernahme einer Betreuung bei Krankheit eines Kindes, wenn die Mutter berufstätig ist oder sie ihr Kind ins Krankenhaus begleitet und eine Betreuung für die gesunden Geschwister daheim benötigt.
• Stillberatung
• Hilfe zu Hause und professionelle Pflege im Falle von zu früh geborenen oder kranken Babys
• Sterbebegleitung
• Rechtliche Beratung und Vertretung u.v.a.
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