Der Lieblingsring im Sekt, frischer Spargel und reichlich Petersilie – ein Aphrodisiakum allererster Güte. Dazu noch ein rote Schnur für’s Liebesspiel. Ein bisschen Magie kann nicht schaden – sonst wird das Ganze vielleicht nur ein One-Night-Stand.
Auf einem Besen fliegen sie nicht mehr und mit einer schwarzen Katze auf der Schulter trifft man sie eher selten an.Dafür brauchen sie sich aber Gott sei Dank auch nicht mehr vor den „Segnungen“ der heiligen katholischen Inquisition in Form von brennenden Scheiterhaufen zu fürchten.
Dennoch ist ihre Macht ungebrochen, behaupten zumindest ihre heutigen Vertreterinnen. Moderne Hexen findet man überall auf der Welt. Sie kommunizieren miteinander per Internet, treffen sich in ausgesuchten Zirkeln um gemeinsam Rituale und Feste abzuhalten und bilden in England sogar eine anerkannte Religionsgemeinschaft genannt Wicca. Glaubt man einschlägiger Literatur, hat jede Frau das Zeug zur Hexe. Was versteht man aber heute unter einer Hexe, abseits von den allseits bekannten und eher lächerlichen stereotypen Märchenfiguren?
Historisch gesehen bedeutet das Wort Hexe eigentlich Zaunreiterin. Also ein Mensch, der an der Grenze zwischen zwei Welten sitzt. Was das praktisch bedeutet, hat Ulrike Ascher, Journalistin und freischaffende Hexe, in ihrem Buch “Hexeneinmaleins für freche Frauen” folgendermaßen auf den Punkt gebracht: “Hexen sind Menschen, die ihre natürlichen und erlernten Fähigkeiten mit Magie umzugehen, nutzen, um Veränderungen im eigenen und im Leben anderer herbeizuführen.
” Zusätzlich zu dieser persönlichen Energie können wir uns auch in größere Kraftfelder einklinken. Eines davon ist das Kraftfeld der Erde, auf der wir leben. Besonders leicht zugänglich ist uns diese Energie in den vier Elementen Luft, Erde, Feuer und Wasser. Ein weiters spirituelles Kraftfeld nennen manche Menschen Gott, Allah oder Buddha. Die meisten Hexen geben dieser heiligen Kraft das Gesicht einer vorchristlichen Göttin.
Wer bei dem Wort Hexe sofort an üble Verwünschungen und schwarze Magie denkt, sitzt eindeutig auf dem falschen Besen. Egal ob in der Hexenliteratur oder auch im Internet, praktisch alle Hexen bekennen sich zur sogenannten “weißen Magie”. Das heißt, sie setzen ihre magischen Fähigkeiten nur für positive Zwecke ein und zwingen nicht anderen Personen ihren Willen auf. Gesundheits- oder Liebesrituale sind daher klassische Anwendungsgebiete ihrer Kunst.
Doch ein Liebeszauber nach dem Motto: “Mach, dass George Clooney mich liebt”, ist nicht nur naiv, sondern auch wider die guten Sitten: Erstens ist es eher einfältig zu glauben, dass der Begehrte von nun an den Boden küsst, auf dem man schreitet, vor allem, wenn er einem noch nie begegnet ist. Zweitens wäre es auch verwerflich, den armen Mann derart zu manipulieren und drittens hätten es vermutlich schon zehn Millionen andere Hexen auch versucht, wenn Aussicht auf Erfolg bestünde. Ein bisschen Nachhelfen bei einem ungebundenen und prinzipiell willigem Lover in spe ist aber erlaubt.
Ein bisschen Liebeszauber
Die Hexe Thea empfiehlt dazu in ihrem Buch “Hexenwissen” ein Abendessen bei ihr, was eine ziemliche Portion Mut und zumindest gegenseitige Bekanntschaft voraussetzt. Hat man diese Hürde erfolgreich genommen, begrüßt man den Angebeteten mit einem kleinen Aperitif. Das wäre prinzipiell keine großartige Innovation, wäre da nicht ein kleiner Trick dabei. Am Vortag des téte-á-téte legt frau ihren Lieblingsring (nicht den abgelegten Ehering!) in ein Glas mit einem Schlückchen Champagner oder Sekt.
Bevor der hohe Besuch am nächsten Abend das Haus betritt, nimmt man den Ring wieder heraus und füllt das Glas mit frischem Sekt (oder Champagner) auf, damit es nicht abgestanden schmeckt. Anschließend gibt es ein raffiniertes Menü mit ausgewählten Zutaten: Spargel zum Beispiel soll die Sinne einschlägig beleben. Das hat allerdings weniger mit seinen magischen Eigenschaften zu tun als mit seiner Form, die eindeutige Assoziationen weckt.
Was auch immer Sie kochen, würzen Sie es reichlich mit Petersilie. Denn dieses Kraut gilt in der Hexenküche als Aphrodisiakum allererster Güte und ist damit bereits ein Schritt Richtung Schlafzimmer. Sind Sie dann eben dort am Ziel Ihrer Wünsche angelangt, kommt der schwierigste Teil des Unterfangens. So Sie auf eine länger währende Verbindung aus sind, sollten Sie, den Empfehlungen der Hexe Thea zufolge, eine rote Schnur für den “Ernstfall” bereitgelegt haben.
In diese knüpfen Sie während des Liebesspiels hinter dem Rücken ihres Lovers drei Knoten. Bei jedem Knoten wünschen Sie sich etwas, was Sie von dieser Partnerschaft erwarten. Zugegeben, klingt ein bisschen nach “Mission Impossible”, müsste theoretisch aber in manchen Positionen möglich sein. Verstecken Sie das Corpus delicti unbemerkt in seinen Kleidern. Sollte der Abend allen Vorbereitungen zum Trotz nicht nach Ihren Vorstellungen verlaufen sein, lassen Sie sich jedoch nicht zu einer Verwünschung hinreißen.
Derartige Zurückhaltung hat nämlich durchaus eigennützige Gründe. Denn eine alte Hexenregel besagt, dass alles, was die Hexe tut, dreifach auf sie zurückfällt. Isabella B. aus Mödling, 34 Jahre alt, hat hinsichtlich dieser Regel eine interessante Erfahrung gemacht. In ihrer Jugendzeit hat sie mit einer Freundin eine der wenigen schwarzen Hexen besucht. Zweck dieser Konsultation war das Verwünschen des untreuen Ex-Lovers von Isabellas Freundin. Der verfluchte Mann heiratete trotzdem seine neue Flamme, wurde in dieser Ehe aber nicht recht glücklich, unter anderem, weil sie kinderlos blieb.
Jedenfalls endete diese Verbindung bald vor dem Scheidungsrichter, was Isabella B. selbst allerdings nicht unbedingt auf den seltsamen Fluch der Hexe zurückführt. Was allerdings auffällt, war der emotionale Zustand von Isabella Bs Freundin: durch die intensive Beschäftigung mit negativen Gefühlen wie Rache oder Hass war sie für lange Zeit nicht mehr in der Lage, die positiven Aspekte in ihrem Leben zu erkennen und dieses entsprechend zu gestalten. Der Ehrenkodex der weißen Hexen “Tue, was du willst, aber schade niemanden” hat also durchaus seine Berechtigung und erfährt durch die Erfahrungen von Isabella B. eine schlüssige Interpretation.
Weiß und schwarz
Zu tief verankert sind immer noch Misstrauen und Vorurteile gegen Hexen innerhalb der Bevölkerung. Da hilft es auch wenig, wenn man sich statt Hexe etwas verschämt “weise Frau” nennt. Und wenn man bedenkt, dass der letzte Hexenprozess nicht irgendwann im Mittelalter, sondern 1954 in England stattgefunden hat, ist eine gewisse Vorsicht auch nicht ganz unberechtigt. Selbst heute noch finden sich im Vatikan Geistliche, die sich auf die Teufelsaustreibung verstehen und diese auch noch mit Billigung der Kirche durchführen.
Hexen oder auch vermeintlich Hexen waren von jeher ein beliebtes Opfer der katholischen Kirche. Etwa ab dem 13. Jahrhundert, wurde es daher gefährlich für Frauen, die sich mit Kräuter- und Heilkunde oder gar mit dem gotteslästerlichen Geschäft der Geburtshilfe und Empfängnisverhütung auskannten. Schätzungen zufolge sollen der Inquisition ca. neun Millionen Menschen zum Opfer gefallen sein, was bei der damaligen geringeren Bevölkerungsdichte eine noch weitaus dramatischere Zahl als heute darstellt.
Mit dem Tod dieser weisen Frauen ging daher auch ein Großteil ihres Wissens verloren. Als Folge gibt es heute auch kaum mehr eine einheitliche Hexentradition, sondern mehr ein “Allerlei-Hexentum” zusammengetragen aus den verschiedensten Kulturen. Ist für die Hexe Thea in ihrem Buch “Hexenwissen” ein Ritualgewand in Form eines blauen Bademantels mit eingesticktem Pentagramm unabdingbar, ist die eher praktisch veranlagte Ulrike Ascher der Meinung, ein bequemer Jogging-Anzug tut‘s auch.
Als Handwerkszeug für den Anfang empfiehlt sie Wasser, Salz, Kerzen und Streichhölzer sowie eine Feder, Räucherstäbchen und ein einfaches Gefäß aus Glas oder Keramik. Diese Gegenstände sollen in den verschiedenen Ritualen die Elemente symbolisieren: Salz steht für die Erde, Kerzen für das Feuer, die Feder oder der Rauch des Räucherstäbchens für das Element Luft und Wasser – no na – für Wasser.
Auf der Internet-Homepage von hexen-online ist man sich der verwirrenden Vielfalt von Meinungen offensichtlich bewusst: So rät man wissbegierigen Hexenschülerinnen sich möglichst viele Bücher zum Thema zu besorgen ohne dabei den Fehler zu begehen, das Gelesene als absolut zu werten. Schließlich handelt es sich ja immer um die persönlichen Ansichten der Autorinnen zum Hexenglauben, selbst wenn manche Dinge noch aus der alten Zeit überliefert sind.
Helfer zum Erfolg
Die Fähigkeit zum Visualisieren spielt in allen Hexenratgebern eine entscheidende Rolle.
Jetzt kann man sich zum Beispiel einen Strandspaziergang vorstellen: wie es sich anfühlt, barfüßig über den feuchten Sand zu gehen, was man dabei anhat und wie der Strand ausschaut. Erst wenn diese Übungen wirklich gut klappen, sollte man sich an ein Ritual heranwagen.
Bei vielen der rituellen Handlungen spielt der magische Kreis eine wichtige Rolle, darum ist es wichtig zu wissen wie man ihn öffnet: Wenden Sie sich als erstes nach Osten. Hier rufen Sie die Kraft der Luft, des Sonnenaufgangs und Sie beschwören die Göttin der Morgenröte Eos. Dann drehen Sie sich um 90 Grad nach Süden und bitten hier die zuständigen Elementargeister herbei: Die Kraft des Feuers der Liebe und Leidenschaft.
Sie rufen Sol, die nordische Sonnengöttin. Im Westen rufen Sie die Kraft des Wassers zu Hilfe, den Regen und das Meer sowie Neptun, den Gott des Meeres. Im Norden holen Sie sich die Kraft der Erde, des jährlichen Kreislaufs der Natur und Sie rufen Freya, die germanische Muttergöttin. Das eigentliche Ritual findet dann innerhalb dieses Kreises statt. Sie schließen den Kreis wieder, in dem Sie sich in umgekehrter Reihenfolge bei den Elementargeistern bedanken.
Entscheidend über Erfolg oder Misserfolg eines Zaubers kann sich auch der Stand des Mondes auswirken.
Ein Mondphasenkalender kann in solchen Fällen eine durchaus wertvolle Investition darstellen. Nach dem magischen Gesetz “Wie oben, so auch unten” spielt die Astrologie in der Hexenkunde ebenfalls eine entscheidende Rolle. Entsprechende Grundkenntnisse sind daher auf jeden Fall hilfreich. Ein weiteres Prinzip ist die Vorstellung, dass “Gleiches Gleiches” bewirkt. Daher die Verwendung von einschlägigen Symbolen, die offensichtlich die Kräfte des Unbewussten mobilisieren sollen, also zum Beispiel die rote Rose bzw. Rosenöl oder ein Rosenquarz in liebesmagischen Ritualen.
Ob man als Hexe jetzt zusätzlich mit Tarotkarten, einer Glaskugel, Pendel oder mit welchen Hilfsmitteln auch immer arbeitet, ist Geschmacks- und auch Neigungsfrage. Entscheidend für die Wirkung eines Rituals ist letztlich aber immer die Macht der Vorstellung und des Glaubens. Denn der versetzt ja bekanntlich Berge.
Wenn Sie allerdings der Überzeugung sind, Ihre Vorstellungskraft könne nicht einmal ein Sandkorn in Bewegung versetzten, geschweige denn Ihnen einen alleinstehenden, feschen Millionär herbeiführen, ist das auch kein Grund zur Panik. Selbst wenn es mit der Magie nicht gleich klappt, kann das Nachkochen von Rezepten aus der Hexenküche zumindest ein kulinarischer Gewinn sein. Und da Liebe angeblich auch durch den Magen geht, ist noch nicht alle Hoffnung verloren.
Rituale
Bevor sie mit einem Ritual beginnen, legen Sie sich alles Notwendige zurecht, damit nachher nicht mühsames Suchen den Handlungsablauf stört.
Liebeszauber:
Zutaten: Traubensaft oder Rotwein, Zimt, Schale einer unbehandelten Orange und zwei rote Kerzen
Legen Sie alle Zutaten auf dem Küchentisch bereit. Während der Zubereitung des Trankes ist es wichtig, sich selbst als liebende und liebenswerte Person zu visualisieren. Nur so wird der Richtige auf Sie aufmerksam werden. Erhitzen (nicht kochen) Sie jetzt den Traubensaft in einem Topf aus Email. Während der Saft warm wird, legen Sie die Hände darüber und spüren die aufsteigende Wärme.
Öffnen Sie jetzt Ihren magischen Kreis und wenden Sie sich dann wieder dem Herd zu. Die Wärme unter ihren Händen ist pure Liebesenergie. Visualisieren Sie sich als glücklichen, geliebten Menschen. Dann geben Sie etwas Zimt, zwei Löffel Honig und die Orangenschale in den Topf und drehen den Herd ab. Stellen Sie sich vor, wie sich alle Zutaten verbinden und ihre Kraft vervielfältigen.
Schließen Sie jetzt Ihren magischen Kreis. Nehmen Sie das Getränk und halten Sie es zwischen Ihre Kerzen und visualisieren Sie dabei eine leidenschaftliche Liebe. Dann trinken Sie etwas von dem Saft. Im Kühlschrank können Sie ihn noch gut eine Woche aufheben und jeden Tag etwas davon trinken.
Die Gesundheitspuppe
Voodoo-Puppen werden für jeden Zauber gleich hergestellt. Am besten macht man sie aus Ton, eventuell auch aus Stoff. Sie werden geformt mit allem, was der Mensch so hat, werden angezogen, möglichst mit Stoff, der der betreffenden Person gehört. Eventuell kann man auch eine Haarlocke der Person, der man gerne helfen möchte, für die Puppe verwenden. Anschließend wird der Name der Person eingeritzt oder man hängt ihr ein Namensschild um.
Dann reibt man die Puppe liebevoll mit Heilöl oder Tigerbalsam ein, den man zuvor auf den Handflächen verrieben hat. Dabei konzentriert man sich besonders auch die von Krankheit betroffenen Körperpartien und sagt immer wieder exakt einen Spruch vor sich her, zum Beispiel: “Bitte mache… wieder gesund, bringe Hilfe, heile Krankheit!” Jeder muss seinen eigenen Spruch dafür finden.
Dabei stellt man sich die kranke Person gesund und lebenslustig vor. Anschließend wickelt man die Puppe in ein weißes Tuch (keine Seide) und legt sie zwischen zwei Kerzen, die man dann entzündet. Für Morgenmuffel ist dieses Ritual jedenfalls nicht gedacht, da man es immer in der Früh, auf leeren Magen, wiederholt, bis die betroffene Person gesund ist. Danach verbrennt man die Puppe und streut die Asche in den Wind.
Aus der Hexenküche
Petersilie: Starkes Aphrodisiakum; wenn Sie einen Mann erfolgreich einkochen wollen, verwenden Sie reichlich davon
Rosen: Sie Liebespflanze schlechthin, am wirksamsten als ätherisches Öl. Mischen Sie es in Bodylotions oder verwenden Sie es als Badeöl.
Rosmarin: Sein Rauch vertreibt böse Geister. Rosmarin–Öl ist ein absolutes Verjüngungsmittel, da es die Zellen aktiviert
Salbei: wirkt harn- und menstruationstreibend, heilt aber auch Verdauungsprobleme. In der Magie gilt der Rauch des Salbeis als reinigend.
Kardamom: stimmungsaufhellend und entkrampfend
Kamille: ist eine klass. Heilpflanze; wirkt beruhigend auf Körper und Seele
Wacholder: wird in der Heilkunde wegen seiner desinfizierenden Wirkung geschätzt
Wermut: das ätherische Öl oder auch der ausgepresste Saft beleben nicht nur Magen und Darm, sondern auch die Sexualität
Pfeffer: ist überaus gesund und fördert die Durchblutung
Liebstöckel: dem “Maggikraut” sagt man wundersame Wirkung auf Frauen nach: Der Geruch von Liebstöckel zum Beispiel im Badewasser soll selbst spröde Frauen verführen.
Ingwer: gilt vor allem in Kombination mit Fisch und Eiern als Aphrodisiakum
Anis: wirkt verdauungsanregend und macht Lust auf mehr
Knoblauch: wirkt stark antibakteriell. Wirkt – so ihn beide essen – auch lustfördernd. In der Magie steht der Knoblauch in dem Ruf Dämonen abzuwehren.
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Bild: Sujet pixabay/Enrique Meseguer