Nicht nur, dass sie in der Schule hervorragende Leistungen erbringen, die Hausaufgaben superflott erledigen und danach noch locker Zeit für Nachmittagssport oder die Musikschule haben – diese Kinder helfen angeblich auch im Haushalt mit und sind immer höflich im Umgang mit ihren Mitmenschen.
Einheitsszenario Lernfrust
Da fragt man sich natürlich, warum man eigentlich nicht auch selbst mit so einem Exemplar versehen ist. Es beginnt mit der Überlegung, ob der Sprössling überhaupt schon schulreif ist, vor allem, wenn er am liebsten immer nur spielt, seinen Namen nur mit größtem Widerwillen kritzelt und die liebevoll vorbereiteten Vorschulblätter schnellstens zu Papierknäueln verarbeitet.
Beim Legen eines Puzzles verliert er nach spätestens fünf Minuten die Geduld und es verschwindet auf Nimmerwiedersehen unter dem Teppich. Schlicht gesagt hat er “null Bock” auf die Schule.
In der Schule aber müssen bestimmte Aufgaben in einer vorgegebenen Zeit erledigt werden, selbstständiges und für einen längeren Zeitraum konzentriertes Arbeiten wird verlangt, Stillsitzen und Nicht-einfach-herumlaufen, wann immer man möchte, ist nun angesagt.
Deshalb empfehlen viele Schulpsychologen und auch Lehrer eher noch ein Jahr zuzuwarten, dem Kind noch “Spielzeit” zu gönnen und es erst dann an die neuen Herausforderungen heranzuführen. Bei Unsicherheit können Reifetests aufklärend wirken und helfen bei der Entscheidung, ob man lieber noch ein Jahr abwarten sollte oder den Nachwuchs schon in das Schulleben eingliedern möchte.
Außerschulische Hobbies und Vorlieben lenken natürlich gewaltig ab und wirklich konzentriertes Lernen fällt oft schwer, wenn das neue Computerprogramm schon unbedingt ausprobiert werden will oder der Freund schon an der Tür kratzt.
Als Eltern macht man sich natürlich in erster Linie Sorgen und sieht den Sprössling in seinem späteren Leben schon auf einer Parkbank versumpern, im Grunde ist es auch durchaus verständlich, dass Mama oder Papa auch einmal die Nerven wegwerfen und bei nochmalig schlechten Noten mit Strafsanktionen drohen.
Viele Kinder haben dadurch allerdings schlichtweg Angst vor dem Lernen und je öfter sie von außen “traktiert” werden, desto mehr verschließen sie sich und fühlen sich als Versager. Es befindet sich in einem “Teufelskreis” – denn eine verpatzte Schularbeit macht dem Kind oft mehr zu schaffen, als den Eltern bewusst ist und das Selbstwertgefühl sackt in den Boden, wenn es dafür noch zusätzlich Strafen hagelt. Beim nächsten Test verkrampft sich der Schüler schon in der Lernphase und ein Misserfolg ist fast schon vorbestimmt.
Wie kann man nun Abhilfe schaffen
Sehr viel ist schon damit getan, wenn es einem gelingt sich in die Lage des Kindes zu versetzen. An die eigene Schulzeit und die Gefühle, die man vor Schularbeiten hatte, erinnert man sich vielleicht nur mehr vage, aber mit einem Beispiel aus dem jetzigen Leben kann man durchaus auch Vergleiche ziehen.
Das heißt, vom ersten Gedanken an den Hausbau bis zum tatsächlich fertig gestellten Haus sind ein weiter Weg und einige Stufen zu bewältigen. Dazwischen kommt sicher auch ein- oder mehrmals das Gefühl auf, es nicht zu schaffen und die Frage, warum man sich das bloß angetan hat. Ähnliche Gefühle hat ein Kind während seines Schülerdaseins. Auf das Gefühl der Begeisterung folgt oft die Ernüchterung, die bis zum völligen Abbruch des Lernens führen kann.
In den Griff zu bekommen ist dieses Problem mit Trainieren der inneren Motivation des Kindes. Das gelingt am besten bei außerschulischen Leistungen, die dem Kind Spaß machen. Zum Beispiel bei sportlichen Wettkämpfen, die es begeistern und wo es auch einmal als Sieger hervorgehen kann. Vielleicht will es auch etwas Bestimmtes basteln oder bauen. Mit Begeisterung wird an die Entstehung des geplanten Projektes herangegangen.
Doch bald wird das Kind mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert, weil ihm zum Beispiel ein bestimmtes Werkzeug fehlt. Mit beratender Funktion kann man das Kind nun unterstützen ohne seine Motivation und den Willen dieses Projekt selbständig zu Ende zu führen zu brechen. Am Ziel angelangt empfindet das Kind das Glücksgefühl etwas alleine geschafft zu haben.
Ganz nebenbei hat es mit dem Papa oder der Mama ein angenehmes Erlebnis gehabt und ist leichter zu überreden nun doch noch schnell die lästigen Hausaufgaben zu erledigen oder für einen Test zu lernen. So schaffen außerschulische Erfolgserlebnisse das nötige Selbstvertrauen, das bei schulischen Leistungen unbedingt erforderlich ist.
Aber egal um welches Lernproblem es sich handelt, das oberste Gebot ist sicher, dass das Kind Vertrauen zu seinen Eltern hat, dass es das Gefühl hat, so angenommen zu werden, wie es nun einmal ist, mit all seinen Macken und Fehlern. Mit einem gezielten Lerntraining lässt sich das “Problem” Schule sicher auch in den Griff bekommen und wahrscheinlich haben genau diese Eltern Recht, die ihre Kinder über den grünen Klee loben und ihnen so das Gefühl geben etwas ganz Besonderes zu sein.
Tipps gegen Lernprobleme
Schon der Tagesbeginn ist enorm wichtig. Wenn ständig genörgelt und ermahnt wird, nimmt das Kind diesen Ballast in die Schule mit und das wirkt sich auch auf seine Leistung aus.
Der Morgenstart kann weitaus konfliktfreier beginnen, wenn schon am Vortag alle Vorbereitungen für die Schule getroffen worden sind – wie Gewand herauslegen, Schultasche fertig herrichten, im Bad Zahnbürste etc. griffbereit legen, das Frühstück absprechen,…
Auch Ordnung halten ist für den Lernerfolg wichtig, wenn das Kind auf einem chaotischen Schreibtisch seine Aufgaben erledigen will, ist es klar, dass es sich nicht konzentrieren kann. Auch die Schultasche jeden Tag überprüfen, ordnen und Unnötiges herausnehmen.
Anfallende Arbeiten sollten sofort erledigt werden und nicht endlos vor sich hingeschoben werden, dabei hilft ein Tagesplaner (bei größeren Kindern), indem es sich selbst die Aufteilung der Arbeiten und auch die verbleibende Zeit für Freizeitvergnügungen eintragen kann.
Wenn eine Schularbeit oder ein Test ins Haus steht, rechtzeitig mit den Lernvorbereitungen beginnen – über einen längeren Zeitraum verteilte kürzere Übungsphasen sind weitaus effizienter als ein panisches Lernen in letzter Sekunde, bei dem man auch noch das Gefühl hat vor einem unüberwindbaren Berg zu sitzen.
Mit Nachmittagsaktivitäten wie Turnkursen oder Musikstunden nicht überfordern, genug Raum für Erholung und reine Spielphasen muss sein, also mindestens zwei Nachmittage in der Woche frei halten.
Geduld ist das oberste Gebot, dass man aufbringen sollte im Umgang mit Lernproblemen! Immer wieder das Kind ermuntern, ihm beistehen, auf es eingehen und nicht auch noch mit zusätzlichen Schimpftiraden und Strafen unter Druck setzen.
Die charakterlichen Eigenschaften des Kindes darf man auch nicht außer Acht lassen, ein eher ruhiges Kind wird in der mündlichen Mitarbeit sicher nicht so glänzen, dafür liegen seine Stärken in anderen Bereichen – hier kann ein Gespräch mit dem Lehrer sehr hilfreich sein.
Den ständigen Kontakt zu den Lehrern unbedingt pflegen, vereinbaren Sie ruhig auch Termine zwischen den Sprechtagen, um rechtzeitig gegen eine bestimmte Lernschwäche etwas unternehmen zu können – viele Kinder sind nicht so redselig, wenn es um schulische Misserfolge geht. Man kann die Lehrer aber auch informieren, falls es familiäre Probleme gibt und das Kind in dieser Phase nicht so konzentriert arbeiten kann.
Immer wieder loben ist ganz wichtig – jede schulische Verbesserung beonders hervorheben, aber den Schüler nicht unbedingt mit Geschenken überhäufen, dem Kind soll das Gefühl erhalten bleiben, dass es nun einmal für sich lernt.
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