Ein Kind krempelt das Leben seiner Eltern ordentlich um. Diese Erfahrung macht wohl jede junge Familie. Plötzlich lebt man nicht mehr sein eigenes Leben, sondern ist auch verantwortlich für ein weiteres. Das bedeutet nicht nur wenig Schlaf, sondern auch viel Papierkram. Es fällt vielleicht zwischen der letzten vollen Windel und der nächsten Schreiattacke nicht so leicht: Aber zur elterlichen Verantwortung gehört auch, sich selbst und seine Kinder ausreichend abzusichern.
Sind Familien unterversichert?
Was Versicherungsschutz betrifft, sind die Österreicher nicht gerade Weltmeister, wie die Sprecherin des Versicherungsverbandes Österreich, Daniela Ebeert, zu berichten weiß: „Europaweit gesehen befindet sich Österreich mit einer Pro-Kopf- Jahresprämiensumme von etwa 2050 Euro erst an 13. Stelle in einem Ranking, das jährlich von der Schweizer Rückversicherung ,Swiss Re’ erstellt wird. Die Engländer geben beispielsweise mehr als doppelt so viel für Versicherungsschutz aus.“ Zwar sind wir nicht generell unterversichert, „oft ist es aber so, dass gerade in jungen Familien versicherungstechnisch beide Partner noch ,Singles’ sind, ihren Versicherungsschutz noch nicht der neuen Lebenssituation ,Familie’ angepasst haben.
Da gibt es dann eine Haushaltsversicherung für den gemeinsamen Wohnsitz, aber gerade Alters- und Gesundheitsvorsorge sind Themen, die komplex erscheinen und die man daher gerne etwas hinausschiebt. Wichtige Themen wie eine Lebensversicherung mit Hinterbliebenenschutz oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollten aber möglichst rasch angegangen werden, damit die Familie im Fall des Falles abgesichert ist“, so Daniela Ebeert.
Was braucht man wirklich?
Angesichts der Vielzahl an Versicherungen, Produkten und Modellen ist es aber selbst der verantwortungsvollsten Familie nicht immer klar, welche Versicherungen nun tatsächlich notwendig oder wünschenswert sind. So ist zum Beispiel eine Haftpflichtversicherung für Kinder meistens überflüssig, weil Minderjährige im selben Haushalt fast immer durch die Versicherung der Eltern gedeckt sind. Wenn also während eines Besuchs bei der Erbtante die gute Kristallvase zu Bruch geht, sieht es möglicherweise mit der Erbschaft nicht so gut aus – die Vase wird aber von der Privathaftpflicht der Eltern gedeckt.
Unfall-Folgen
Anders sieht es im Bereich der Unfallversicherungen aus. Erst mit dem Schuleintritt unterliegen Kinder einer gesetzlichen Unfallversicherung, und auch dann nicht während der Freizeit. Bei einem Unfall werden zwar die Behandlungskosten von der Krankenkasse gedeckt, jedoch keine Folgekosten. Ähnlich sinnvoll kann auch eine Insassen-Unfallversicherung sein. Hier geht es darum, dass nach einem Autounfall oft erst langwierige Nachforschungen betrieben werden, um den Schuldigen zu identifizieren. Eine Insassen-Unfallversicherung zahlt zum Beispiel bei einer Behinderung infolge des Unfalls, und zwar unabhängig davon, wer diesen verschuldet hat.
Leben absichern
Wenn der schlimmste Fall eintritt und ein Elternteil umkommt, kann das eine Familie finanziell an den Rand des Ruins und darüber hinaus bringen. Dafür gibt es Lebensversicherungen, die heute in allen möglichen Formen angeboten werden. Sicher die kostengünstigste ist die Risikolebensversicherung. Diese wird für einen gewissen Zeitraum und über eine gewisse Summe abgeschlossen. Stirbt die versicherte Person – und nur dann –, wird die Summe ausbezahlt. Andere Lebensversicherungen kombinieren den Versicherungsschutz im Todesfall mit dem Sparen für die Altersvorsorge: Das eingezahlte Geld wird angelegt und im Pensionsalter als Rente oder Einmalbetrag ausgeschüttet. Manche Eltern beginnen bereits bei der Geburt ihres Kindes mit dem langsamen Aufbau dieser Art von Privatpension.
Sparen für die Zukunft
Solche Sparpläne müssen sich jedoch nicht zwingend erst im Alter auszahlen. Viele Finanz- und Versicherungsinstitute bieten bereits Ausbildungsversicherungen für Kinder an. Immerhin muss man pro Kind, das an einer Universität studieren wird, mit Ausgaben von 35.000 bis 60.000 Euro rechnen. Zum Beispiel mit fondsgebundenen Termfix-Versicherungen können Eltern diese Stange Geld langfristig zusammensparen, ohne dass allzu viel vom monatlichen Familienbudget abgezwackt werden muss.
Zwangspausen
Finanzielle Krisen können aber auch sehr unerwartet kommen; zum Beispiel dann, wenn selbstständig oder freiberuflich tätige Elternteile längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten können oder es, im schlimmsten Fall, sogar unmöglich wird, in ihrem alten Beruf tätig zu sein. Eine Betriebsunterbrechungsversicherung, BUFT genannt, kann dort einspringen, wo die Krankenkasse aufhört und die Lebensversicherung noch nicht anfängt … eine dringende Empfehlung für selbstständige Väter und Mütter.
Sonderklasse
Angesichts der im Laufe einer Kindheit zahlreichen Besuche beim Kinderarzt, im Krankenhaus und in der Unfallambulanz ist sicher auch eine private Krankenversicherung eine Überlegung wert. Ungeborene Babys haben den großen Vorteil, dass sie noch keine Krankengeschichte ihr Eigen nennen, und werden deshalb von vielen Versicherungen mit Handkuss, beziehungsweise zum Sondertarif, genommen. Auch hier ist Vorsicht geboten: Nur selten sind Kinder in einer privaten Krankenversicherung der Mutter oder des Vater automatisch inkludiert. Oft werden aber besonders günstige Tarife angeboten, wenn ein Elternteil seinen Vertrag um ein Baby erweitert.
Man kann eine Kinder-Privatkrankenversicherung auch schon vor der Geburt zeitlich beschränken, zum Beispiel auf drei Jahre, um nur die erfahrungsgemäß schlimmste Zeit abzudecken, in der sich das Immunsystem aufbaut. Manche Versicherungen bieten auch eine Begleitkosten- Versicherung an, damit Kinder bei einem Spitalsaufenthalt nicht auf ihre Eltern verzichten müssen.
Wer soll das bezahlen?
In einer idealen Welt würden wohl die meisten Familien zu all diesen Versicherungsmöglichkeiten Ja sagen. In der Realität müssen wir aber oft mit etwas Kindergeld und einem einzigen Gehalt auskommen. Bei Kinokarten und Konzerttickets können wir zwar sparen, die Kosten alleine für Windeln und Kinderbetreuung fressen das aber gleich wieder auf. Mit der Erbtante ist seit der Sache mit der Vase auch nicht mehr zu rechnen. Also was tun? Es lohnt sich auf jeden Fall, einmal auszurechnen, was an monatlichen Ausgaben für Versicherungen überhaupt drin ist.
Dann gilt es die wichtigsten Risiken der Familie zu identifizieren und zu überprüfen, inwiefern diese bereits durch bestehende Versicherungen oder Sozialversicherungen abgedeckt sind. Allgemeine Aussagen dazu sind wenig hilfreich, jeder Mensch und jede Familie hat einen bestimmten Lebensstil, eigene Wünsche und Pläne für die Zukunft. Diese individuelle Situation sollte die Ausgangslage für die eigene Versicherungsliste sein.
Beratung spart Geld
In dieser Situation ist es sinnvoll, einen Experten zu Rate zu ziehen. Laut Daniela Ebeert muss man dabei auch nicht allzu große Bedenken haben, an ignorante Keiler zu geraten: „Sämtliche Versicherungsvermittler, egal ob angestellte Außendienstmitarbeiter der Versicherungsunternehmen, Makler oder Versicherungsagenten, absolvieren eine intensive Schulung und bilden sich über die Entwicklungen des Marktes laufend weiter. Wohin ich mich wende, ist also letztlich Geschmackssache.“ Sich beraten zu lassen hilft auch dabei, Geld zu sparen.
Einerseits verhindert ein sauberes Versicherungs-Portfolio eine Über- oder Doppeltversicherung. Es hat schließlich keinen Sinn, wenn wegen eines gebrochenen Arms gleichzeitig KFZ-, Unfall- und Betriebsunterbrechungsversicherung anspringen. Andererseits gibt es bei den Prämien wie bei den Vertragsbedingungen so große Unterschiede, dass gut informierte Käufer bei vergleichbar gutem Schutz viel Geld sparen können. Hier gilt es zu vergleichen und individuelle Anpassungsmöglichkeiten wie Selbstbehalte und Deckelungen zum Senken der Prämie auszunutzen. Schließlich geht es beim Versicherungsschutz ja darum, wirkliche Notfälle abzufedern, und weniger um die 18,50 Euro, die das zerstörte Xylophon des Nachbarkindes kostet.
Selbst ist der Konsument!
Auf den Websites der Versicherungsunternehmen, aber auch auf der Homepage des österreichischen Versicherungsverbandes VVO findet man jede Menge Informationen zu den einzelnen Versicherungssparten. Beim VVO kann man außerdem gratis den „Versicherungsleitfaden“ anfordern oder downloaden – das ist ein kleines, schlaues Buch, das alle wichtigen Versicherungen beschreibt und erklärt.
Infos: www.vvo.at Österr. Versicherungsverband VVO
Markus Widmer