Seien Sie gut vorbereitet auf die Gespräche mit Ihrem Kind über dessen Adoption. Tabuisieren Sie das Thema ebenso wenig wie die leiblichen Eltern.
Es ist Ihr Kind. Juristisch haben Sie die Bestätigung Schwarz auf Weiß. In Ihrem Herzen wird es einen festen Platz haben. Trotzdem hat ein Adoptivkind leibliche Eltern. Und es hat einen Anspruch darauf, davon zu erfahren. Offensives Vorgehen zahlt sich hier aus. In so manchem Fall in der Vergangenheit hat das Kind irgendwie etwas geahnt. Bei eindeutigen Merkmalen wie einer anderen Hautfarbe kommen Sie eh‘ früher oder später in Erklärungsnot. Oder eben nicht, wenn Sie sich auf den vermeintlich heiklen Augenblick vorbereitet haben. Die Frage der Fragen in diesem Zusammenhang ist: Wann ist der richtige Moment. Da scheiden sich die Geister. Auch Psychologen vertreten unterschiedliche Positionen.
Starten Sie früh
Grundsätzlich macht es Sinn, das Kind mit seinem Ursprung vertraut zu machen. Je feindosierter und behutsamer Sie das machen, desto unkritischer ist im Normalfall die Reaktion. Versuchen Sie doch schon im Säuglingsalter mit Ihrem Baby über die Adoption zu sprechen. So lernen Sie die Scheu abzulegen und gewinnen an Sicherheit. Auf diese Sicherheit können Sie bauen, wenn das Thema später immer mal wieder zur Sprache kommt. Denn dann sagen Sie nicht nur, dass die Adoption etwas ganz Normales für Sie ist, dann strahlen Sie das auch aus. Warum sollte Ihr Kind dann verstört reagieren? Vielmehr geben Sie ihm mit Ihrer eigenen Sicherheit ebenfalls Sicherheit.
Im Umkehrschluss muss und wird Ihr Kind spüren, dass etwas faul ist, wenn Sie die Adoption tabuisieren. Es kann sogar langfristig zum Bruch Ihres gegenseitigen Verhältnisses führen: Wenn das Kind auf andere Weise von seiner Adoption erfährt, kann es sich betrogen fühlen. Das könnte jegliches Vertrauen zerstören. Ein früher Zeitpunkt macht es dem Kind von Natur aus auch noch einfacher, die Tatsache zu akzeptieren, dass es nicht aus Ihrem Bauch gekommen ist. Kleine Kinder gehen unvoreingenommen an die Sache. Das ist die beste Chance für Sie!
Frage nach dem „Woher?“
Rechnen Sie auch damit, dass Ihr Kind irgendwann nach dem „Woher?“ fragt. Also wissen will, wer seine leibliche Mutter und wer sein leiblicher Vater sind. In vielen Fällen geht es dem Nachwuchs gar nicht darum, Sie nicht mehr als Mami und Papi lieb zu haben. Jeden von uns interessiert, woher er kommt. Das ist nur natürlich. Auch hier gilt: Keine Tabus. Bleiben Sie bei der Wahrheit. Wenn Sie nichts über die leiblichen Eltern wissen, weil es sich zum Beispiel um eine anonyme Geburt gehandelt hat, dann erklären Sie das dem Kind. Achten Sie dabei darauf, dass Sie wertneutral bleiben und die leiblichen Eltern nicht kritisieren oder gar verunglimpfen. Es macht Sinn, wie beim Thema Adoption, auch früh mit dem Üben zu beginnen. So verlieren Sie Ihre Scheu davor, mit Ihrem Kind über deren leibliche Eltern zu reden.
Je selbstverständlicher das Thema für Sie ist, desto mehr strahlen Sie das auch hier aus. Entsprechend werden Ihre Mimik und Gestik authentisch sein. Ein Kleinkind kann durchaus gut mit der Situation umgehen, dass es doppelte Eltern hat. Denn auch die leibliche Mami und der leibliche Papi sind ein Teil im Leben des Kindes. Sie sollten folglich nicht als Fremde dargestellt werden, auch wenn sie dies meist sind. Wenn Sie oder Ihr Kind das Thema anschneiden, muss das nicht heißen, dass das Kind seine leiblichen Eltern kennenlernen will. Es kann aber genauso gut passieren, dass sich Ihr Kind mit der Ist-Situation zufriedengibt. Denn das Adoptivkind kann durchaus Angst vor einer Konfrontation mit den leiblichen Eltern haben.
Text: Stefan Trockel
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