Haben Sie noch Erinnerungen an Ihren ersten Schultag? Also, ich kann mich noch ganz genau an meine bunte Schultüte und meine rote Schultasche erinnern, und der Geruch des Leders steigt mir dabei in die Nase. Das Kribbeln im Bauch, als die Lehrerin die Klasse betrat, und die versammelte, mit Fotoapparaten bewaffete Verwandtschaft kommen mir dabei in den Sinn. Tja, und der Nachmittagsausflug auf den Wiener Cobenzl, der mit aufgeschlagenen Knien endete. Schließlich musste ich ja mit Freund Alexander um die Wette laufen.
Letztes Kindergartenjahr und Vorschule
Die letzten Monate im Kindergarten gestalten sich für die meisten “zukünftigen Schulkinder” sehr ähnlich: Sie spüren die Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt, wollen sich interessanteren Dingen zuwenden. Für sie ist der Kindergarten oft nur noch “babyhaft” und langweilig.
Fünf- bis sechsjährige Kinder machen eine intensive Entwicklung zur eigenen Persönlichkeit durch. Zunehmend werden Freundinnen und Freunde wichtig und sie nabeln sich von ihrer Umwelt und den Eltern ab. Auf emotionaler Ebene nehmen einige kindliche Ängste ab. Dafür treten plötzlich Furcht vor dem Alleinsein, vor Verlassenwerden oder Fragen nach Katastrophen, Krieg und Tod auf. Sie werden kognitiver und überlegen planvoll, was zu tun ist. Heute sind Kinder wesentlich weiterentwickelt als früher, da sich die Eltern zumeist bewusster und intensiver mit ihnen auseinander setzen.
Viele besuchen das letzte Jahr einer Vorschule. Das Lernen geschieht hier fast unbemerkt, weil ein Kind dabei Tätigkeiten ausübt, die ihm Spaß machen, und die es nicht als inszenierte Lernsituation erlebt. In bestimmten Spielprozessen müssen die Kinder gemeinsam tätig werden und Lösungen finden. Sie lernen sich auszudrücken, sodass sie von anderen verstanden werden.
Darüber hinaus entwickeln sie die Fähigkeit, sich selbst zurückzunehmen und sich dem Vorschlag eines Partners oder einer Regel zu fügen. Im Spiel erfährt das Kind, dass es nicht entmutigt aufgeben muss, wenn ein Baustein nicht beim ersten oder zweiten Mal auf dem anderen liegen bleibt.
Vorbereitungen mit Ihrem Kind
Wie können Eltern ihr Kind auf die Schule vorbereiten? Eine Schultasche, ein Federpennal, Blei- und Buntstifte gehören zur Grundausrüstung. Ansonsten sollten Sie die Angaben der Lehrerin abwarten. Sie sagt am ersten Tag, was benötigt wird. Richten Sie einen Arbeitsplatz ein, an dem Ihr Kind ungestört arbeiten kann und eine rückenschonende Sitzposition hat. Warum nicht einen Gymnastikball ausprobieren?
Zum ersten Schultag gehört selbstverständlich eine Schultüte. Sie symbolisiert den neuen Lebensabschnitt. Es macht sicher Spaß, sie mit Ihrem Nachwuchs gemeinsam zu basteln und dann – als Überraschung – mit kleinen schulbezogenen Geschenken (nicht zu viele Süßigkeiten) zu füllen. Überladen Sie die Tüte aber nicht, sonst hat das Kind zu schwer zu tragen.
Schulweg
Üben Sie mit Ihrem Sprössling den Schulweg ein. Die Kleinen schätzen oft Gefahrensituationen falsch ein. Sofern gefährliche Kreuzungen auf dem Schulweg liegen, überlegen Sie einen alternativen Weg, auch wenn er länger ist. Machen Sie es auf mögliche Gefahrenquellen aufmerksam, ohne es zu verängstigen. Loben Sie das Kind, um es zu bestärken. Werden Sie nicht müde ihm erklären, dass es erst dann die Fahrbahn überqueren darf, wenn keine Fahrzeuge mehr kommen.
Denken Sie auch an ensprechend helle Kleidung und Leuchtreflektoren auf der Schultasche. Apropos Kleidung: Ihr Kind sollte sich auch selbstständig an- und ausziehen können.
Schulreif
Welche Fähigkeiten sollte ein Schulkind haben? Viele Eltern sind unsicher, was Ihr Sprössling denn bei Schuleintritt können sollte. Hier gilt als oberste “Regel”: Ihr Kind nimmt am meisten auf, wenn nicht Leistung und Zwang, sondern ein gemeinsames freudiges Erleben im Mittelpunkt steht!
Man unterscheidet die körperliche Reife: Diese zeigt sich durch eine gut entwickelte Motorik und Koordination der Bewegungsabläufe.
Weiters die geistige Reife: Diese beinhaltet logisches Denken und konzentriertes Arbeiten. Schließlich sollte es auch soziale und emotionale Fähigkeiten und ein gutes Sprachvermögen haben. Dies ist jedoch alles sehr individuell, denn jedes Kind hat sein eigenes Tempo. Es sollte nie Druck von Ihrer Seite spüren, sondern immer das Gefühl haben, um seiner selbst willen geliebt und nicht wegen seiner Leistung geliebt zu werden.
Der erste Schultag
Der erste Schultag ist für Eltern und Kinder ein Tag, der von Aufregung, innerer Spannung und intensiver Erwartung begleitet wird. Unterstützen Sie zuversichtlich die Neugier Ihres Kindes und beginnen Sie den Morgen im Bewusstsein, dass Ihr Kind sich einen neuen eigenen Lebensbereich erschließen wird.
Die Volksschullehrerin Annnemarie Zwinz betont, wie wichtig es ist, den Kindern ein positives Gefühl gegenüber der Schule zu vermitteln und nicht eigene Ängste und Negatives auf das Kind zu übertragen. Drohungen wie “Pass auf, wenn du einmal in die Schule gehst, kannst du das nicht mehr machen!” verängstigen die Kinder und nehmen ihnen die Freude.
Was die Hausaufgaben betrifft, sollte darauf geachtet werden, wo das Kind Hilfe braucht, es ansonsten aber alleine arbeiten zu lassen. Annemarie Zwinz: “Jedes Kind entwickelt eigene Lernstrategien. Eltern sollten es bestärken, aber nicht anschwindeln. Wenn etwas nicht passt, sollte man es sagen, aber gleichzeitig Unterstützung anbieten.” Und: Die Schule ist wichtig, aber sie ist nicht alles und sollte nicht das ganze Leben bestimmen.
Der Schuleintritt für die Taferlklassler bei Annemarie Zwinz: “Die Kinder bekommen vor dem ersten Schultag einen Brief mit meinem Foto zugesandt. Darin schreibe ich, dass sie mir eine selbst gemachte Zeichnung zuschicken sollen, damit wir gemeinsam das Klassenzimmer mit ihren Werken dekorieren können. Die Eltern dürfen am ersten Schultag zunächst dabei sein. Dann schicke ich sie behutsam hinaus. Eltern von weinenden Kindern dürfen bleiben. Die Kinder sollen schließlich mit einem positiven Eindruck vom ersten Schultag nach Hause gehen.”
Bedenken Sie aber auch, dass Ihr Sprössling eine Phase der Eingewöhnung braucht. Die erste Zeit ist besonders anstrengend und das Kind benötigt seine Erholungsphasen. Überfordern Sie es nicht durch zusätzliche Fixtermine. Dazu meint auch Annemarie Zwinz: “Geben Sie Ihrem Kind genügend Zeit zum Spielen und für sich selbst. Es braucht das ganz dringend für seine Entfaltung.”
Aller Anfang ist schwer! Aber mit der richtigen Einstellung und ein wenig Fingerspitzengefühl gelingt sicher ein geglückter Start in diese neue Lebensphase.
5-Punkte-Programm für den Countdown
Übertragen Sie Ihrem Kind zunehmend kleine Aufgaben und Arbeiten (das Haustier regelmäßig füttern, Blumen gießen, Decken und Abräumen des Tisches etc.). Trauen Sie Ihrem Kind etwas zu!
• Künftige Schulkinder sollen so viel wie möglich über die Schule und alles, was damit zu tun hat, erfahren. Nutzen Sie die Neugier Ihres Kindes und spielen Sie mit ihm Schule.
• Hüten Sie sich davor, Ihr Kind mit Lern- und Schreibvorkursen zu trimmen und den Lernstoff der ersten Wochen vorwegzunehmen – es sei denn, es entdeckt von sich aus Zahlen und Buchstaben. Wichtiger als dem Kind etwas einzupauken ist, mit ihm zu sprechen! Hören sie ihm zu, lassen Sie es ausreden. Sprechen Sie über Filme, die sie gemeinsam gesehen haben. Wenn Sie Ihrem Kind etwas beibringen wollen, können Sie bestimmte motorische Fähigkeiten mit ihm einüben. Nützlicher als ein Wort fehlerfrei schreiben und lesen zu können, ist es, Begriffe wie “oben” und “unten”, “links” und “rechts” unterscheiden zu können.
• Sorgen Sie für ausreichend Bewegung, damit Ihr Kind nicht als Couchpotato vor Fernseher oder Computer hängen bleibt.
• Auch neue Bilder- und Vorlesebücher sind sinnvoll, zumal in diesem Alter ständig neue Anreize gebraucht werden.