Der Wunsch nach sicherem und langfristigem Schutz vor Schwangerschaft ist so alt wie die schönste Nebensache der Welt. Im alten Ägypten war man schon auf dem richtigen Weg – gut Ding braucht aber meist Weile: Jahrhundertelang war man allerorts weiter auf der Suche nach dem idealen Verhütungsmittel. Die meisten Versuche erwiesen sich als durchaus kreativ, wenngleich wenig wirksam und benutzerfreundlich: Die Palette reichte von Amuletten (z. B. Mäuseherzen), ungustiösen Cocktails über das „Herausschleudern des Samens sofort nach dem Akte“ bis hin zum „Scheidenbläser“.
Hundertprozentiger Schutz
Absoluten Schutz bot nur absolute Enthaltsamkeit. Bis 1951 der Exilösterreicher Carl Djerassi und sein Kollege Gregory Pincus ihre „Antibabypille“ zum Patent anmeldeten: 1960 in den USA als Verhütungsmittel freigegeben, eroberte die Pille binnen weniger Jahre die (westliche) Welt. Ihre Methode: Durch die hohe Gabe künstlicher Hormone wird die Steuerungszentrale im Gehirn so überlistet, dass sie keine Befehle mehr an die Eierstöcke sendet. Der Zyklus findet nicht mehr statt, der Eisprung bleibt aus. Das Einnahmeschema – drei Wochen Einnahme, gefolgt von einer Woche Pause – sollte durch die Abbruchblutung deutlich machen, dass es zu keiner Schwangerschaft gekommen war.
„Oma Pille“ und ihre modernen Enkelinnen
An der Wirksamkeit der Pille zweifelt schon lange niemand mehr. Prof. René Wenzl, Oberarzt an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Wien: „Die Pille wirkt zuverlässig bei allen Frauen, unabhängig von Alter, ethnischer Zugehörigkeit und Körpergewicht. Egal, auf welchem Kontinent: Die Dosis wird nie angepasst, volle Effizienz mit geringsten Nebenwirkungen ist gewährleistet – sehr beeindruckend!“ Die modernen Nachfahrinnen der 50er-Jahre-„Ur-Pille“ sind so genannte Mikropillen: Die Kombinationspillen weisen einen Östrogengehalt von weniger als 50 Mikrogramm pro Dragee auf.
Maßgeschneiderte Verhütung
Die Vielzahl der Verhütungsmittel heute ermöglicht jeder Frau die Wahl des für sie und ihre Lebensumstände passenden Kontrazeptivums. So sind für stillende Mütter, Raucherinnen, Frauen ab 35 bzw. Frauen, die unter Bluthochdruck, Migräne oder Diabetes leiden, reine Gestagenpräparate das Mittel der Wahl. Bei Neigung zu Depression oder Akne sind eher Kombinationspräparate (Östrogen + Gestagen) oder hormonfreie Alternativen zu bevorzugen.
Granatapfelkerne und Mäuseherzamulette sind längst passé. Mikropille, Dreimonatsspritze, Hormonimplantat, Spirale und Zykluscomputer (siehe auch unser Kasten) bringen nicht nur eine deutliche Verbesserung der altägyptischen Methoden – neuartige Wirkstoffe und Anwendungsformen sagen auch lästigen Begleiterscheinungen wie PMS (dem prämenstruellen Syndrom) den Kampf an.
Übrigens: Die Pille ist sicher. Aber in Sachen sexuell übertragbare Krankheiten darf Frau sich nicht in Sicherheit wiegen. Denn davor schützt nur die Kombination aus Kondom, Hepatitisund HPV-Impfung!
Fragen und Antworten rund um Pille & Co:fratz&co fragt – Univ. Prof. Dr. med. René Wenzl, Oberarzt an der Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde, antwortet Was ist mit Frauen, die keine synthetischen Östrogene nehmen dürfen oder wollen?
Kann die Pille die lästigen Tage vor den Tagen erleichtern? Jeden Monat eine Blutung, muss das sein? Muss die Pillenpause sein? Müssen die Hormone unbedingt geschluckt werden? Muss ich jeden Tag an Verhütung denken? Kann man die Vorteile von Pille und Spirale kombinieren? Was gibt es noch Neues? Gibt es auch Unterstützung bei der natürlichen Verhütung? |
Verhütung in der Stillzeit
fratz&co: Verhütung in der Stillzeit ist kein leichtes Unterfangen. Schließlich darf dadurch weder die Menge noch die Zusammensetzung der Muttermilch beeinflusst werden. Welche Alternativen haben Frauen in dieser Hinsicht, abseits von mechanischen Verhütungsmethoden wie dem Kondom?
Dr. Doris Linsberger:
Auch stillenden Frauen steht heute eine Reihe von Verhütungsmitteln zur Verfügung. Wichtig ist, dass hormonale Verhütungsmittel kein Östrogen, sondern nur ein Gestagen enthalten. Geeignet sind daher die Hormonspirale, die Drei-Monats-Spritze, das Implantat, reine Gestagenpillen oder die Kupfer- bzw. Goldspirale.
fratz&co: Welche der genannten Verhütungsmittel würden Sie einer jungen Mutter empfehlen?
Dr. Doris Linsberger:
Das kommt darauf an, ob bald wieder ein Geschwisterchen kommen soll oder nicht. Frauen, die schnell wieder schwanger werden wollen, empfehle ich die Pille, während die Hormonspirale besonders als Langzeitverhütung geeignet ist.
fratz&co: Mit welchen Nebenwirkungen ist bei den genannten Verhütungsmitteln zu rechnen?
Dr. Doris Linsberger:
Wie bei allen Gestagen-Produkten können unregelmäßige Blutungen auftreten – auch in der Stillzeit. Ebenso wie Gewichtsschwankungen (in beiden Richtungen) oder unreine Haut.
fratz&co: Warum ist die Hormonspirale in der Stillzeit besonders gut geeignet?
Dr. Doris Linsberger:
Einerseits beeinflusst sie weder die Menge noch die Zusammensetzung der Muttermilch. Andererseits ist ein Einlegen der Hormonspirale nach einer Geburt besonders einfach, weil der Muttermund noch etwas geöffnet ist.
fratz&co: Wie funktioniert die Hormonspirale bzw. worauf beruht ihre verhütende Wirkung?
Dr. Doris Linsberger:
Bei der Hormonspirale handelt es sich um einen T-förmigen Kunststoff- Körper mit einem Hormon-Zylinder, der mit Levongestrel versetzt ist. Dieser wird in die Gebärmutter eingelegt und gibt dort kontinuierlich geringe Mengen des Hormons an die Umgebung ab. Die verhütende Wirkung beruht darauf, dass der Schleim im Gebärmutterhals in seiner Konsistenz so verändert wird, dass Spermien nur erschwert in die Gebärmutterhöhle gelangen können. Außerdem wird die Beweglichkeit der Spermien durch das Gelbkörperhormon eingeschränkt und die Gebärmutterschleimhaut in ihrem Aufbau gehemmt. Der Eisprung – wenn schon vorhanden – wird meist nicht beeinflusst.
fratz&co: Ist das Einsetzen einer Spirale schmerzhaft? Kann man sich da betäuben lassen?
Dr. Doris Linsberger:
Das Einsetzen kann ohne medikamentöse Vorbereitung unangenehm sein. Es gibt aber geeignete Medikamente, die das Einsetzen sehr erleichtern. In seltenen Fällen, wie zum Beispiel bei einem sehr engen Gebärmutterhalskanal oder niedriger Schmerzschwelle, kann die Spirale auch in Kurznarkose gelegt werden.
fratz&co: Was sind die Vorteile der Hormonspirale?
Dr. Doris Linsberger:
Es ist eine sehr bequeme Form der Verhütung, die Frauen fünf Jahre Sorgenfreiheit bietet. Die Hormonbelastung ist gering und die Spirale kann jederzeit entfernt werden. Nach der Entfernung stellt sich innerhalb von 30 Tagen wieder die Regelblutung und volle Fruchtbarkeit ein. Die meisten Frauen haben schwächere und weniger schmerzhafte Blutungen. Bei Myomen und Endometriose ist die Hormonspirale besonders geeignet, da sie die Schmerzen deutlich vermindert. Selbst Frauen mit Blutgerinnungsstörungen oder vorausgegangenen Thrombosen können auf diese Weise verhüten. Bei abgeschlossener Familienplanung stellt die Hormonspirale eine gute, weil reversible Alternative zur Sterilisation dar.
fratz&co: Vielen Dank!
Frau Dr. Doris Linsberger ist Gynäkologin und betreibt in Krems eine Privatordination
Link zum Thema Hormonspirale:
www.hormonspirale.at
Mag. Elisabeth Sorantin
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