Stadt mit Herz

Sie lieben Kaffee, buntes italienisches Treiben und ein abwechslungsreiches Programm an Aktivitäten? Dann sind Sie in Triest genau richtig. Und das Schöne: Auch Ihre Kinder werden die lebendige Hafenstadt mögen.

Vor uns schwebt ein zauberhaftes Lichtermeer, prunkvolle Paläste aus dem 19. Jahrhundert erstrahlen märchenhaft, die Meereswellen schlagen glucksend an die Hafenmauer. Zu schön, um wahr zu sein – das ist Triest bei Nacht. Wir lassen uns das laue Frühjahrslüfterl um die Nase wehen und tauchen ein in den Glanz der Vergangenheit und Gegenwart. Nur ein paar Schritte sind es von der Mole zurück auf den, wie wir finden, schönsten Platz Italiens, die Piazza Unità d‘Italia.

Die Kinder sind fasziniert von den fluoriszierenden Hubschraubern, die von Straßenhändlern verkauft werden. Wir kommen nicht umhin welche zu erstehen und die Kids werfen sie voller Begeisterung wieder und wieder in die Luft. Zauberhaft drehen sie sich vor der Kulisse des beleuchteten Platzes mit seinen barocken und neoklassischen Bauwerken, vor allem vom italienischen Architekten Guiseppe Bruni entworfen. Bezaubert von der ganz besonderen Atmosphäre lassen wir den Abend inmitten des typisch italienischen Lebens ausklingen. „Dottore, Dottore“, singt eine Gruppe feiernder Studenten, die einen Kollegen anlässlich seiner Promotion hoch leben lassen. Die italienische Lebensfreude wirkt ansteckend – und geht in Triest unbestreitbar auch durch den Magen.
Ein besonderer Genuss ist der Kaffee, für den Triest mit gutem Grund berühmt ist. In der Hafenstadt legten in Zeiten der Monarchie die Schiffe mit dem kostbaren Rohstoff an. So gab es 1768 in Triest bereits elf kleine Röstereien, sowie zahlreiche Kaffeehäuser. Dem 1830 gegründeten Tommaseo statten wir einen Besuch ab und genießen unseren Cappuccino. Aber Achtung, in Sachen Kaffee ticken die Uhren in Triest wirklich anders. Der „Cappuccino“ wäre in den anderen Regionen Italiens ein „Macchiato“, also ein Kaffee mit Milchschaum in einer kleinen Tasse. Der „Macchiato“ hingegen heißt in Triest „Capo“ und wird als „Capo in bi“ in einem Glas serviert. Der traditionelle italienische „Cappuccino“ wird „Caffelatte“ genannt und der „Caffelatte“ „Latte macchiato“. Da kann man nur sagen: Am besten, man kostet sich durch! Köstlich sind die Kaffee-Kreationen hier nämlich allesamt. Da wundert es uns gar nicht, dass der Triestiner durchschnittlich 1.500 Tassen Kaffee im Jahr zu sich nimmt. Die Vielfalt der Sorten sind auch wirklich verlockend. Der seit über 20 Jahren in Triest lebende Bestsellerautor Veit Heinichen wollte es genau wissen. Im Zuge der Recherchen für sein Buch „Triest – Stadt der Winde“ zählte er die Kaffee-Varianten durch, aber selbst ein hilfreicher Profi-Barista musste letztlich das Handtuch werfen. „Bei 5.184 haben wir aufgegeben“, berichtet Heinichen.
Übrigens spielt der berühmte Krimi des Autors, „Keine Frage des Geschmacks“ unter anderem in dem Hotel, in dem wir in Triest Quartier beziehen. So nimmt der Krimi-Protagonist Commissario Laurenti einen Aperitif auf der Terrasse des Grand Hotel Duchi d’Aosta, direkt an der Piazza Unita mit ihrem regen Treiben und ihrem Blick aufs Meer. Im Hotel-Restaurant Harry’s speist man ebenso vorzüglich wie stilvoll. Köstlichkeiten der Region sind hier zu haben, natürlich auch viel Fisch und vorzügliche Weine, alles ganz mediterran. So stehen hier Spezialitäten wie Meeresspinnen-Tagliolini mit einer Sauce aus heimischen Krebsen, Tomaten-Concassé und Fenchel oder Rindermedaillons mit Spargel und Thymian, und zum Abschluss Mandelparfait mit Picolit-Gelee auf der Karte. Wir lassen uns alles auf der Zunge zergehen und nehmen zum Abschluss – richtig, den unvermeidlichen Cappuccino. Das Ambiente allein ist übrigens schon einen Besuch hier wert.
Der Glanz alter Zeiten wird im Duci d‘Aosta in einer absolut gemütlichen Mischung aus Antiquitäten rundum spürbar. Wir fühlen uns hier nicht zuletzt angesichts des perfekten Services wie Prinzessinnen. Nicht weit ist es vom Grand Hotel zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Im Revoltella-Museum, einer Galerie für Moderne Kunst, bewundern wir nicht nur die rund 350 hier ausgestellten Werke, sondern auch das Bauwerk selbst. Die Residenz des Unternehmers Baron Pasquale Revoltella aus dem Jahr 1850 ist zum Teil im Originalzustand erhalten und vermittelt interessante Eindrücke vom Lebensstil der adeligen Triestiner anno dazumal.
Von vergangenen Tagen kann man sich auch in der 1875 erbauten Wohnung „Casa Morpurgo“ in einem von außen eher unauffälligen Gründerzeithaus im Theresianischen Viertel ein Bild machen. Auf heute noch authentischen 600 Quadratmetern empfing früher das jüdische Bankiers-Ehepaar seine Gäste. Heute ist hier der Schauplatz zahlreicher Filme, aber für gewöhnlich kann man die Räumlichkeiten besichtigen. Auch das Meeres- Museum, das Eisenbahnmuseum oder das Mitteleuropäische Post- und Telegrafenmuseum legen beredt Zeugnis der Geschichte ab.
Kopfschütteln weckt schon aufgrund seines Namens das „Museum des Krieges für den Frieden“. Ebenso erstaunlich war sein Gründer, der fanatische Sammler von Militaria und zugleich überzeugte Pazifist Diego de Henriquez. 1974 kam er unter merkwürdigen Umständen ums Leben: Er verbrannte inmitten seiner Sammelobjekte in einem Sarg, den er an Stelle eines Bettes zum Schlafen benutzte. Wir statten seiner nautischen Sammlung, die auf Voranmeldung heute noch in der ehemaligen Polizeikaserne zu sehen ist, einen Besuch ab und beschließen dann, quasi als Kontrast-Programm, durch die Gassen und Gässchen der Innenstadt zu spazieren.
Wir lassen uns treiben, betrachten die Bauwerke mit ihren liebevollen Details, die uns an die Heimat erinnern. Der Versuchung, in den eleganten Geschäften und Kaufhäusern zu shoppen, können wir freilich nicht widerstehen. Die Italienerinnen zeigen es uns hier schließlich auf Schritt und Tritt vor, wie geschmackvoll man sich kleiden und stylen kann. Mit Einkaufssäcken beladen und um einige Eindrücke reicher kehren wir nach unserem Stadtrundgang in das Hotel zurück.
Tags darauf erforschen wir die Umgebung Triests. Schloss Miramare mit dem Schlafzimmer, das wie eine Schiffskajüte anmutet und das herrliche Ausblicke auf das Meer eröffnet, ist ebenso ein Fixpunkt wie das kleinere, aber auch lieblichere Schloss Duino der Fürsten von Thurn und Taxis. Ein Blumengarten rund um ein Wasserbecken weckt den Eindruck, ein Dornröschenschloss zu betreten. Es erstaunt nicht weiter, dass schon prominentere Gäste als wir mindestens ebenso begeistert von diesem Fleckchen Erde waren wie wir: Johann Strauss, Mark Twain, Hugo von Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke, der hier zu seinen Duineser Elegien inspiriert wurde. Auf dem Pianoforte in den Ausstellungsräumen musizierte übrigens schon Franz Liszt.
Wer den Blick auf Triest genießen möchte, fährt am besten mit der Zahnrad-Straßenbahn von der Piazza Oberdan in Richtung des 326 m höher gelegenen Dorfes Opicina. Von Wohnen wie anno dazumal im Grand Hotel Duchi d‘Aosta mit dem stimmungsvollen Hotel-Restaurant Harry‘s der Station beim Obelisken bietet sich eine Aussicht, die den kleinen Ausflug lohnt. Die Fahrt kostet übrigens einen Euro, Fahrkarten sind an der Station an der Piazza Oberdan zu haben. Nach unseren Ausflügen haben wir uns definitiv einen Kaffee verdient und die Kinder ein großes Eis – und landen wieder, wo unsere kleine Rundreise ihren Ausgang genommen hat: auf der herrlichen Piazza Unità d‘Italia …
Text: Marion Breiter-O’Donovan
Fotos: Eunika Sopotnicka, Don Mammoser, katatonia82 – shutterstock.com

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