Bei Familien-Yoga können sich Groß und Klein spielerisch entspannen. Alexandra Meraner, diplomierte Ayur-Yoga Therapeutin und private Yogalehrerin, gibt im Gespräch mit fratz&co die besten Tipps, wie’s geht.
fratz&co: Wie kamen Sie auf die Idee, Yoga als Familien-Aktivität anzubieten?
Alexandra Meraner: Vor einigen Jahren konfrontierte mich eine Yoga Schülerin mit der Frage, ob ich auch Familien-Yoga anbieten würde. Spontan habe ich ihre Frage positiv beantwortet, noch ohne tatsächlich ein abgestimmtes Programm für generationsübergreifende Yogapraxis ausgetüftelt zu haben. Mit einigen Jahren Erfahrung in Yoga-Therapie, Erwachsenen- und Kinder-Yoga war der Schritt in Richtung Familien-Yoga nur ein kleiner.
fratz&co: Was unterscheidet Familien- von herkömmlichem Yoga?
Alexandra Meraner: Nachdem ich mit meinen Kindern zu Hause immer wieder gemeinsam Yogaübungen praktiziere, habe ich eine ganz eigene Form von Familienyoga entwickelt und diese mit den verschiedenen Praktiken meiner Ausbildung verknüpft. Es hat viel Spaß gemacht, daraus entstandene Spiele, Übungen und Bewegungsabläufe harmonisch aufeinander abzustimmen. Die erste meiner darauffolgenden Familienyogastunden mit sieben Familien war ein voller Erfolg. Auch in den anschließenden Einheiten haben wir viel miteinander gelacht, uns gemeinsam bewegt, entspannt und Spaß gehabt. In manchen Stunden kamen auch schwierigere Themen zur Sprache, die durch die spielerische Herangehensweise zu einer neuen Annäherung bzw. einem neuen Kennenlernen innerhalb der Familie führten. Im Gegensatz zu Erwachsenen-Yogastunden, ist eine Familienyoga-Einheit um vieles turbulenter, lebendiger, spontaner und lustiger. Die Familienmitglieder stellen sich vollkommen aufeinander ein, kommunizieren während der Übungen miteinander und genießen den Spaß an der gemeinsamen Bewegung.
fratz&co: Wie können die Familienmitglieder vom gemeinsamen Training profitieren?
Alexandra Meraner: Erwachsene gehen durch ihre Kinder wieder spielerischer an Aufgabenstellungen und Übungen heran, ohne permanent nach Perfektion zu suchen. Dadurch gewinnen alle Teilnehmer eine entspanntere und unkompliziertere Einstellung, die auch im Alltag sehr hilfreich sein kann. Kinder sind meist geborene Yogis/Yoginis. Sie haben von sich aus eine aufrechte Haltung, bewegen sich geschmeidig und haben eine offene und unbelastete Einstellung zum Leben. Leider verlieren wir diese „Haltung“ im Laufe unseres Erwachsenwerdens. Durch eine gemeinsame Yogapraxis als Familie können wir ein wenig davon wiederentdecken. Der positive Nebeneffekt: Kinder erhalten sich ihre Beweglichkeit, Leichtigkeit und stolze Haltung und wir Erwachsenen werden wieder geschmeidiger.
fratz&co: Was kann man mit Familien-Yoga bewirken?
Alexandra Meraner: Bewegung kommt sowohl bei den Erwachsenen, als auch bei den Kindern oftmals zu kurz. Schenkt man aktuellen Berichten Glauben, so nimmt das Übergewicht in der Bevölkerung stetig zu. Wir alle sitzen zu viel – ob die Kinder in der Schule und beim Lernen oder die Erwachsenen im Büro. In unserer sehr schnelllebigen, rastlosen Zeit sind gemeinsame Familien-Yogastunden also ein wertvolles Geschenk an die ganze Familie. Normen und Werte in der Familie haben sich ebenfalls sehr stark verändert. Traditionen werden kaum mehr weitergegeben, und Familien haben intern teilweise keine klaren Strukturen. Gemeinsame Unternehmungen sind selten, von den Kindern wird viel verlangt, die Nachmittage sind vollgefüllt mit diversen Musik-, Schach- und anderen Kursen. Ausgleich – sowohl geistig als auch körperlich – ist für Groß und Klein essentiell. Also beginnen Sie damit! Die eigenen Grenzen und auch die Grenzen des/der anderen wahrzunehmen, ist ein wesentlicher Bestandteil im Familienyoga. Intolerantes Denken, Konkurrenzgedanken und Druck haben im Yoga keinen Platz!! Die einzelnen Familienmitglieder finden miteinander heraus, was ihnen angenehm ist, wo sich die individuelle Kraft befindet, wie sich die jeweilige Energie verteilt und was ihnen gut tut.
fratz&co: Ist Familien-Yoga schwierig zu erlernen?
Alexandra Meraner: Falsch machen kann man wenig! Räumen Sie in Ihrer Wohnung ein wenig Platz frei, sorgen Sie dafür, dass Sie in dieser Zeit nicht gestört werden. Üben sie mit leerem Magen. Legen Sie nichtrutschende Decken oder Matten auf und beginnen Sie mit einfachen gemeinsamen Atemübungen. Nehmen Sie Wattebausche und pusten Sie diese gemeinsam mit Ihren Kindern am Boden durch das Zimmer, blasen sie Taschentücher gemeinsam in die Höhe. Verwenden Sie bunte Tücher um gemeinsam zu tanzen. Kuscheln, Kitzeln, Massieren, alles was Spaß macht, ist erlaubt. Kreisen Sie Ihre Hände und Füße. Rubbeln Sie Ihren ganzen Körper. Üben Sie und bewegen Sie sich ganz ohne Druck und Erwartungen.
fratz&co: Wo kann man die Techniken am besten unter Anleitung erlernen?
Alexandra Meraner: Wenn Sie noch keine Yogaerfahrung haben und sich deshalb unsicher fühlen, besuchen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind einen Yogakurs, einen Yogaworkshop. Oder Sie besuchen zuerst einen Yogakurs alleine (z.B. im Amazing Yoga Wien, www.amazing-yoga.at) und führen diese Tradition dann zu Hause weiter. Es gibt mittlerweile auch sehr gute Kinderyoga Bücher. Gehen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind/Ihren Kindern auf Entdeckungsreise. Ich verspreche Ihnen, Sie werden gemeinsam viel Spaß dabei haben und sich in einer ganz neuen Weise als Familie neu erfahren.
Mit Yoga zu innerer Ruhe
Das Wort „Yoga“ bedeutet Verbindung/Vereinigung. Gemeint ist, dass wir Menschen mit allen Lebewesen auf unserem Planeten verbunden sind. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich Yoga vor über 5.000 Jahren mit dem Ziel, ein bewussteres und gesünderes Leben führen zu können. Yoga wirkt positiv sowohl auf den Körper als auch den Geist. Regelmäßige Praxis verbessert die Haltung, die Kraft, die Beweglichkeit sowie das psychische und physische Gleichgewicht. So kann man Lustlosigkeit, Traurigkeit und depressive Verstimmungen damit abbauen. Wachsamkeit, innere Zufriedenheit, die Freude am Leben und an der Bewegung wird angeregt. Die Konzentrationsfähigkeit und die „Beruhigung“ des Nervensystems werden optimiert. Yoga schult den respektvollen Umgang mit sich selbst, seinem Körper und anderen, wobei ein ganz wichtiger Aspekt die Familie ist. Es gehört in Indien zur Erziehung und wird dort seit Generationen traditionell an die Kinder weitergegeben. Die regelmäßige Yogapraxis gehört automatisch zu einem harmonischen Tagesablauf. In westlichen Ländern dagegen werden Kinder täglich einer Unzahl von Reizen ausgesetzt – durch Yoga bekommen sie wieder die Verbindung zu sich selbst.
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