Endlich kann die frischgebackene Mama ihr Baby in die Arme schließen und all die “Plagerei” ist Vergangenheit. Doch dann kommt die Ernüchterung: Zu Hause wartet eine Menge liegengebliebener Arbeit und der liebe Mann hat schon seit Tagen nichts mehr Anständiges zu futtern bekommen! Auch sagt der Blick in den Spiegel, dass die Anmeldung ins Fitnesscenter und beim Friseur ganz oben auf der Liste stehen – und dann geht die Post wieder ab!
Doch halt!!! Ganz, ganz falsch!!
Einfach einmal zurücklehnen und sich bewusst werden, was der Körper eigentlich in den letzten Monaten so alles geleistet hat und dass er jetzt sein Recht auf Erholung einfordert.
Wochenbett im Sinne des Wortes
Nach einem anstrengenden Marathon läuft man ja auch nicht gleich weiter, obwohl das ja ein Klacks wäre gegen die Strapazen einer neunmonatigen Schwangerschaft! Deshalb hat ein gescheiter Mensch das Wort “Wochenbett” erdacht. Das heißt demzufolge nicht umsonst – ausformuliert – wochenlang im Bett bleiben. Nun so streng wollen wir jetzt auch wieder nicht sein, aber als Richtwert müssen acht Wochen Erholung auf dem Stundenplan fix eingetragen werden!
Darauf besteht auch Traude Trieb, Hebamme aus Teesdorf , bei den Frauen, die sie betreut:“Dass man von Schwangerschaft und Geburt körperlich geschwächt ist, weiß zwar jeder, aber dass die Gebärmutter auch eine große Wunde abbekommen hat, ist den wenigsten wirklich bewusst. Durch das Ablösen der Plazenta von der Gebärmutterwand entsteht eine ca. 30cm große Wundfläche und die braucht natürlich Zeit, um zu verheilen. Die Blutungen, die damit zusammen hängen, nennt man Wochenfluss (Flochien).
Drei bis vier Tage blutet man ziemlich intensiv, vergleichbar mit einer stärkeren Menstruation, dann ebbt die Blutungsmenge allmählich ab. Aus Erfahrung mit “meinen Frauen” weiß ich, dass jene, die von Haus aus zu stärkeren Regelblutungen neigen, auch meist intensiveren Wochenfluss haben.
Bis zum Ende der ersten Woche kann sich die Farbe des Ausflusses von rot zu rosa und schließlich zu braun verändern, bis zur vierten Woche nach der Geburt wird er eventuell gelblich bis farblos, um dann schließlich ganz zu verebben. Das ist allerdings nur ein Durchschnittswert. Manchen Frauen haben ihren Wochenfluss auch länger (bis zu sechs Wochen), andere kürzer.”
Stillen ist auch für die Gebärmutter gut
Bei Stillenden, kann der Ausfluss noch stärker und eventuell auch intensiver rot gefärbt sein, da das Hormon Oxytozin ausgeschüttet wird, das Kontraktionen der Gebärmutter bewirkt. Durch diese wird die Gebärmutterschleimhaut wie ein Schwamm ausgepresst, zugleich ist das auch ein Schutz vor einer Gebärmutterhöhleninfektion, da sich das Sekret nicht staut.
Deshalb fördert und beschleunigt frühes, häufiges Stillen sowohl den Heilungsprozess, als auch die Rückbildung der Gebärmutter, denn sie hat die Meisterleistung vollbracht, sich während der Schwangerschaft um das 20fache zu vergrößern. Wenn der Säugling endlich das Licht der Welt erblickt hat, darf sie wieder von etwa 1000g auf leichte 50g abspecken. Bei einer Erstgebärenden sind die Nachwehen übrigens noch kaum zu spüren, das Schmerzempfinden steigert sich jedoch nach jeder weiteren Geburt.
In unseren Breiten kommt es heutzutage zum Glück nur mehr äußerst selten zu einer Infektion der Gebärmutter. Im 19. Jahrhundert sah die Sache noch ganz anders aus. So sind in riesigen Wöchnerinnenzimmern noch bis zu 30% der jungen Mütter am Kindbettfieber gestorben. Doch dank Ignaz Semmelweis wurde eine Keimverschleppung von einer Frau zur nächsten vor rund 150 Jahren durch einfache hygienische Maßnahmen ( saubere Bettwäsche, Händewaschen, auskochen der Untersuchungsinstrumente,…) fast ausgelöscht.
Hebamme Traude Trieb:”Das Blut selbst, das beim Wochenfluss abgeht, ist natürlich ebenfalls nicht infektiös. Eine Regelblutung besteht ja auch nur aus “normalem” Blut. Gefährlich wird es nur, wenn sich das Blut staut, das heißt, der Muttermund so verlegt ist, dass das Blut nicht abfließen kann. Man merkt das aber sehr schnell, da es einfach sehr stark zu stinken beginnt, spätestens dann muss man natürlich unbedingt zum Gynäkologen!
Ich empfehle “meinen Frauen” auch immer sich in den ersten zwei Tagen nach der Geburt möglichst oft auf den Bauch zu legen, das begünstigt zusätzlich den Abfluss des Blutes. Die Brüste sind da noch nicht so schmerzempfindlich, da die Milch erst circa ab dem dritten Tag einschießt, dabei ist ein leichter Temperaturanstieg übrigens völlig normal.”
Vorsicht ist allerdings geboten, wenn man zwischen den Stillzeiten übermäßig starke Blutungen mit kleinen Gewebestückchen (sieht aus wie rohe Leber) hat, dann muss man sofort seinen Arzt oder Hebamme aufsuchen. Die Ursache könnten in der Gebärmutter zurückgebliebene Plazentateile sein, die sofort entfernt werden müssen, denn an solch einer Stelle kann die Wunde in der Gebärmutterwand nicht verheilen!
Hygiene im Wochenbett
Die Hygienemaßnahmen während des Wochenbettes sind nicht viel aufwendiger als sie im normalen Alltag ohnehin sein sollten. Hebamme Trieb:”In den ersten 2 bis 4 Wochen schwitzen die meisten Frauen oft verstärkt und haben das Bedürfnis sich zumindest einmal täglich zu duschen. Auf Intimlotions, parfumierte Badezusätze oder Duschgels sollte man auf jeden Fall verzichten.
Ich empfehle sehr gerne mein*)Wochenbettöl, das aus ätherischen Ölen besteht und sich hervorragend auch für Frauen, die einen Dammschnitt hinter sich haben, eignet. Dieses Öl kann man außerdem für Bauchmassagen verwenden, die ebenfalls den Abfluss des Blutes begünstigen. Ein mildes Duschgel ist natürlich auch in Ordnung.
Es gibt Frauen, die nur sehr ungern auf ein Vollbad verzichten, Experten sind hier unterschiedlicher Auffassung. Ich meine, dass sich die jungen Mütter diesen Genuss ruhig gönnen können, im Badewasser sind ja lediglich die eigenen Hauskeime vorhanden, die ohnehin überall herumflirren. Aber man sollte sich vor dem Bad die Brustwarzen dick mit Vaseline einschmieren, um die doch sehr empfindliche Brust zu schützen. Ein Tampon während des Bades ist überflüssig!
Normale Binden und Vorlagen schützen während der Wochenflusszeit am besten, Tampons würde ich nicht empfehlen! Ich weiß, dass ich da vielleicht ein bisschen konservativ denke, aber ich meine, dass das Blut ungehemmt abfließen sollte. Wichtig ist auch, die Binden häufig zu wechseln und sich danach immer gründlich die Hände zu waschen! Häufiger die Blase entleeren, nicht unnötig aufstauen lassen!
Sport tut gut
Gezielter Sport, hauptsächlich auf die Rückbildung abgezielt, ist besonders wichtig! Bei der Nachuntersuchung durch den Gynäkologen, etwa 5 Wochen nach der Geburt, gibt der Arzt meist ohnehin grünes Licht bzw. Empfehlungen ab, was besonders trainiert werden muss.
Doch spätestens sechs bis acht Wochen nach der Entbindung sollte die junge Mutter unter fachkundiger Leitung mit Beckenbodentraining beginnen! Am besten nicht auf eigene Faust, da man doch einiges falsch machen kann! Viele nehmen das eher auf die leichte Schulter oder wollen gezielt nur ihr äußeres Erscheinungsbild verändern – das übliche Bauch, Bein, Po Training.
Doch der Beckenboden hat jetzt einfach Vorrang, denn man will ja nicht sein Leben lang inkontinent sein! Fitnesscenter die ersten fünf bis sechs Monate meiden, da man sich dort leicht zu viel zu anstrengenden Übungen verführen lässt, dann geht der Schuss erst recht nach hinten los und es kann zu Stressinkontinenzproblemen kommen. Deshalb, Rückbildung für Erstgebärende sehr empfehlenswert, für Mehrgebärende schlicht ein Muss!
Begeisterte Schwimmer sollten sich die ersten zwei Wochen zurück halten, danach solange man noch Blutungen hat, nur mit einem Tampon untertauchen, am besten mit *)Sorpilzöl getränkt, das schädliche Keime aufsaugt, so kann gar nichts passieren!”
Und wie steht’s mit dem Sex?
Mit dem Sex nach der Geburt ist das so eine Sache. Die meisten Frauen fühlen sich während der ersten Wochen ohnehin noch zu schlapp, zu unattraktiv und es mangelt einfach an der Lust. Nach wie vor raten auch viele Frauenärzte vom Geschlechtsverkehr während der ersten Wochen ab.
Doch manch andere betrachten diese Meinung als überholt. Frau Traude Trieb meint hier, dass man ruhig seinem Gefühl vertrauen kann. Wenn man Lust hat, sollte man sich auch nicht davon abhalten lassen, aber, zumindest solange der Wochenfluss noch anhält, unbedingt ein Kondom verwenden, um eventuellen Keimen, die durch die Spermien in die Gebärmutter eindringen könnten, den Einlass zu verwehren. Der Muttermund ist zudem ja noch offen, deshalb ist das Risiko auch erhöht.
Ein weiteres großes Problem für Frauen, die wieder Sex haben wollen, ist eine trockene Scheide. Ausgelöst wird diese Trockenheit durch den Östrogenmangel und vor allem bei Stillenden durch das Hormon Prolaktin, das jetzt vorrangig mit dem Milchnachschub für die Brust beschäftigt ist. Gegen eine zu trockene Schleimhaut empfiehlt Hebamme Frau Trieb ebenfalls Sorpilzöl oder einmal täglich einen Esslöffel Leinsamen einnehmen, da auch dieser die Schleimhäute befeuchtet.
Übrigens ist es auch ein ziemliches Märchen, dass Stillende nicht schwanger werden könnten und somit nicht zu verhüten bräuchten. Prolaktin, das im Normalfall für den Eisprung zuständig ist, ist zwar mit der Milchproduktion ausgelastet, doch tatsächlich müsste man exakt alle 2 Stunden stillen, um einen 100%igen Schutz zu erreichen. Wenn auch nur einmal ein etwas längerer Abstand zwischen zwei Mahlzeiten besteht, kann das gute Prolaktin schon mal ein Ei zwischendurch hüpfen lassen!
Partnerkurse helfen dabei die Erholungsphase richtig zu gestalten
Ganz besonders am Herzen liegt Hebamme Traude Trieb die strikte Erholung der Frauen während des “Wochenbettes”! Wenn sich Mütter während dieser Zeit zuviel zumuten, können zum Beispiel noch nach Wochen, obwohl die Gebärmutterwand schon verheilt schien, plötzlich wieder Blutungen auftreten, oder es kommt zu Stressinkontinenz und Kreislaufproblemen. Frauen, die stillen sind übrigens oftmals viel ruhiger, da sie durch das Hormon Prolaktin quasi ruhig gestellt werden.
Deshalb gibt Frau Traude Trieb “ihren Frauen” genaue Anweisungen: 14 Tage dürfen sie keinerlei Haushaltsarbeiten machen und müssen mittags zwei Stunden im Bett liegen, das sollte für jede Wöchnerin selbstverständlich sein! Vor allem die Männer müssen bei Frau Trieb für das Wohl ihrer Frauen sorgen und werden in Partnerkursen, die mindestens 10 Stunden dauern, eingehend geschult!
Von Schnellsiedekursen, wo die Männer in maximal zwei Stunden eingewiesen werden, hält Frau Trieb gar nichts, denn die seien viel zu oberflächlich! Immerhin hat sich seine Frau die letzten 40 Wochen weiß Gott genug geplagt und mit der Geburt eine Meisterleistung vollbracht, jetzt hat er die Gelegenheit ihr seine Anerkennung zu zeigen und Taten zu setzen, doch das gehört erst einmal gelernt!
Unter anderem wird man(n) darauf gebrieft, lästige Besucher abzuwimmeln, die gleich nach der Geburt scharenweise auftreten und sich womöglich auch noch reichliche Bewirtung erwarten! Da muss man(n) hart bleiben und diese die ersten Wochen, wenn, dann nur kurz empfangen, denn selbst der netteste Besuch strengt an!
Wenn Not am Mann ist und auch sonstige Unterstützung durch Freundinnen oder Familie ausfällt, empfiehlt es sich um eine Caritas Helferin anzusuchen, die dann stundenweise ins Haus kommt.
Hebamme Traude Triebs Leitsatz lautet: ”Alles wird geschehen, wie die Natur es vorgesehen hat- deshalb muss man ja auch nicht gegen sie arbeiten!”
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