Die Welt in Farbe

Mama liebt Gelb, Papa macht auf Blau und die Kids mögen alles – Hauptsache bunt.

Kein Wunder, wenn die Gestaltung der familiären vier Wände oft zu Meinungsverschiedenheiten führt. In diesem Fall heißt es: einheitliche Deko und Gesamtkonzept ade. Es gibt nämlich auch andere Varianten, eine Wohnung einzurichten … Abhilfe gegen Familienzwist kann eine unterschiedliche Farbgebung der einzelnen Räume schaffen. Der entscheidende Vorteil: Es werden nicht nur die individuellen Wünsche berücksichtigt, sondern auch die Stimmungen in den jeweiligen Zimmern betont. Zudem wird durch die unterschiedlichen Farbrichtungen ein offener Stilmix möglich. So macht man innerhalb der Wohnung quasi eine Reise durch die Welt des Einrichtens. Erlaubt ist, was gefällt – oder zumindest beinahe: Eine gewisse Homogenität sollte doch erhalten bleiben, innerhalb derer sich die Familienmitglieder in „ihren“ Räumen entfalten bzw. gemeinsam Kompromisse finden können. Papa bekommt dann zum Beispiel im Schlafzimmer „sein“ Blau und Mama findet im Wohnzimmer „ihr“ Gelb wieder.

Erlauben Sie sich Farben

Grundsätzlich ist bei der Gestaltung von Innenräumen heute völlige Freiheit angesagt. Kurz gesagt: „anything goes“. „In diesem Bereich gibt es wie in der Kunst kein ,Richtig‘ und ,Falsch‘“, betont auch Ernst Richter. Er gestaltet als Communication & Interior Design Manager gemeinsam mit seinem Team die ansprechenden Einkaufsbereiche und Musterzimmer bei Ikea Österreich. „Ein Raum ist ja nichts anderes als ein dreidimensionales Bild. Und welcher Künstler würde sich bei seiner Arbeit einengen lassen? Jeder muss für sich selbst erkunden, wie Farben auf ihn wirken.“

Farben haben Kraft

Dabei spielt die Farbpsychologie freilich eine nicht zu unterschätzende Rolle. „Erwiesenermaßen beeinflussen Farben ja nicht nur die Psyche, sondern auch die Atemfrequenz, den Puls, den Blutkreislauf und den Stoffwechsel“, weiß Designexperte Ernst Richter. „Richtig eingesetzt erhöht Farbe also unser Wohlbefinden. Verzichten wir aus Angst vor Fehlern oder infolge von Modeerscheinungen auf Farbe und wohnen in reinweißer Umgebung, bleibt dieses Potenzial ungenützt.“ Weiß als „Must“: Das war also einmal. Heute wird es ganz bewusst eingesetzt, um mit anderen Farben zu harmonieren, zu kontrastieren oder um – in Gestalt einer weißen Wand – kleine, dunkle Räume optisch zu vergrößern. Weiß eignet sich aber auch dafür, bestimmte Wohnstile wie einen maritimen oder den nordischen Look zu realisieren. Heute sind mutige Farbkreationen erlaubt.

So sorgt beispielsweise die Kombination von Grüntönen mit knalligen Farben wie Pink für starke Kontraste. Insbesondere in Familien-Wohnräumen, wissen die Trend-Scouts vom Rohm and Haas Paint Quality Institute Deutschland, lautet die Devise: Die Natur über die Farbe ins Haus holen! Violett ist wieder angesagt, wenn auch eher zurückhaltend und gediegen. Wer es lieber frisch haben möchte, setzt auf Zitronengelb, das besonders lebhaft und fröhlich wirkt. Warme Rot-, Braun- und Orangetöne liegen ebenfalls im Trend und schaffen eine gemütliche Atmosphäre.

Zu welchem Farbtopf man auch immer greift: „Wichtig ist in jedem Fall, bei der Wahl von Farben auf Flächengrößen, Kontraste, Lichteinfall, Oberflächenbeschaffenheit und Farbkombinationen zu achten“, betont Ernst Richter. „Je größer eine Fläche, desto stärker wirkt die Farbe – entsprechend zarter sollte sie gewählt werden. Wenn man sich eine intensive Farbe wünscht, sollte man sich bewusst eine kleine Fläche, also z. B. nur eine Wand, aussuchen.“ Welche Wand ist aber die richtige, wenn es um die farbliche Gestaltung geht? Richter dazu: „Ohne Licht keine Farbe. In dumpfem Licht ,saufen‘ Farben ab. So entsteht an der Fensterfront eines Raumes – im Gegensatz zu der Fläche gegenüber, wo das Licht auftrifft – immer ein schwächerer Farbeindruck. Wenn man also z. B. nur eine Wand farblich abhebt, sollte das nicht die Fensterwand sein. Das Gleiche gilt übrigens auch für Bilder.“

Kleben Sie fest

Eine einfache Methode, Farbe ins Leben zu bringen, sind Wandsticker. Vorbei allerdings die Zeiten, als der Klebefreund nur auf „Pril-Blumen“ zurückgreifen konnte. Die bunten Wandbehübscher sind heutzutage in den verschiedensten Variationen zu haben und verleihen einem Raum seine ganz besondere Note. Sollten diese eines Tages das Auge mehr beleidigen denn erfreuen, werden sie einfach abgelöst. Insbesondere „Wand-Tattoos“ aus selbstklebendem Papier machen sich schön, sei es im Wohnzimmer oder in der Küche, im Kinderzimmer oder in anderen Räumen, die man mit einem ganz individuellen Look aufpeppen möchte. „Die Motive lassen viel Raum für spielerische Kreativität“, betont der bekannte Hersteller Nouvelles Images: „Die extra in kleine Teile gestückelten Kleber sind nach Gefühl zu arrangieren und über Wände, Zimmer und Möbeltüren oder auf Fenster zu streuen. Auf Glas und Keramik haften sie ebenso unkompliziert wie auf Lack- oder Holzoberflächen.“ Die in den Packungen enthaltenen Einzelelemente werden ganz nach Wunsch und Laune, aber auch nach Raumbeschaffenheit zusammengesetzt. Das ist so einfach, dass auch Kids mithelfen können.Für Baby- und Kinderzimmer gibt es übrigens eigene ansprechende und kindergerechte Motive.

Pinseln, Malen, Formen

Wer lieber selbst Hand an die Wand legt, liegt ebenfalls voll im Trend. Schwamm drüber war gestern. Heute wird gepinselt: Unifarbene Wände in individuell auf die Einrichtung abgestimmten Farben. Oder punktuelle große Muster … Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Mittels Schablonen werden breite oder dünne Streifen, Punkte, Quadrate, aber auch Schriftzüge oder Bilder wie Blumenwiesen, Landschaften und anderes auf die Wände gemalt. Starke Effekte erzielen auch Tapeten, bei denen auffällige Muster und Farben dominieren. Sie werden als schmückendes Element eingesetzt, oft auch nur an einer Wand: Das nennt sich dann „Feature Wall“.

Der Stoff- und Tapetenspezialist Arte empfiehlt Lack, Glitter, Flock, aber auch natürliche Produkte wie japanisches Gras, starke Farben sowie Kontraste und große Dessins wie Blumen, um das Zuhause individuell zu gestalten. Nicht nur die Wände machen’s aber aus. Will man den Räumen Behaglichkeit verleihen, spielen auch die Textilien eine wichtige Rolle. Richter: „Das einfachste Mittel, neue Farben in einen Raum zu bringen: Wohntextilien tauschen. Dabei sollte man immer auf das Ganze achten. Teppich, Vorhänge, Kissen, Sofabezüge, Betttextil, Tischtextil sollten also einer Idee bzw. Strategie folgen.“ Mit einem Wort: Spielen Sie mit den Accessoires, bevor Sie in den großen Farbtopf greifen. Probieren Sie nach Herzenslust, wie welche Farben auf Sie wirken – und die ganze Familie wird sich in der Wohnung wohl fühlen!

Tipps vom Profi:

Ernst Richter, Communication & Interior Design Manager Ikea Österreich, über den Umgang mit Farbe.

 

 

  • Kontraste fördern die Aufmerksamkeit. Arbeits- oder Lernbereiche sollten daher nicht Ton in Ton gestaltet werden.
  • Keine Farbe ohne Licht: Nicht die Fensterwand farblich abheben, da das Licht schluckt, sondern je nach Lichtverhältnissen eine andere Wand im Raum.
  • Räume müssen Blickfänge, aber auch Ruhebereiche haben.
  • Glänzende Oberflächen wirken wie ein Spiegel und lassen Räume größer erscheinen. Sie wirken festlicher.
  • Schaffen Sie einen Kalt/Warm-Ausgleich. Blau gehaltene Räume werden erst durch Warm-Kontraste zum Erlebnis. Und umgekehrt.
  • Auch der Hell/Dunkel-Kontrast ist wichtig. Aus modischen oder anderen Gründen in reinem Weiß ausgeführte Wohnumfelder sind unbewohnbar.
  • Nicht zu viele verschiedene Farben auf einmal: Grundfarbe, Ergänzungsfarbe, Akzentfarbe.
  • Mit Farben und Mustern lassen sich ungünstige Proportionen von Räumen korrigieren.
  • Farblich betonte charakteristische Raumelemente wie Unterzüge, Säulen, Dachschrägen etc. bringen einen einmaligen und interessanten Effekt.
  • Entscheiden Sie sich: Wollen Sie ein Farbkonzept durch das gesamte Heim ziehen, es dadurch größer und weiter erscheinen lassen? Oder gestalten Sie lieber in jedem Zimmer eine eigene Welt?

ratz fratz

Farben und ihre Bedeutung:

  • Weiß: Steht für Schlichtheit, Reinheit, Unschuld. Eignung: minimalistische Gestaltungen
  • Gelb: Warm, optimistisch, regt die Kreativität an, fördert Gedächtnis, Urteilsvermögen und Entscheidungsfähigkeit. Eignung: Vorzimmer, Arbeitszimmer, Frühstücksplatz
  • Orange: Lebendig, freundlich, macht gute Laune. Eignung: langweilige Räume
  • Rot: Wirkt wärmend und (Appetit) anregend. Eignung: Esszimmer, Küche, Flur
  • Rosa: Freundlich, beruhigend, romantisch. Eignung: Ankleide-, Mädchenzimmer
  • Violett: Farbe der Spiritualität und Selbsterkenntnis, der Könige und der Kirche, schafft eine ruhige Atmosphäre. Eignung: Schlafzimmer
  • Blau: Beruhigend, entspannend. Eignung: Wohn-, Ess-, Schlafzimmer
  • Grün: Wird mit Natur, Glück, Gesundheit verbunden, wirkt beruhigend und heiter. Eignung: Schlaf- und Wohnzimmer, als Hellgrün besonders für das Kinderzimmer
  • Ocker: Flexibilität. Eignung: Arbeitszimmer, Treppenhäuser mit wenig Sonnenlicht
  • Grau: Unabhängigkeit, Selbstbeherrschung. Eignung: moderne Interieurs
  • Schwarz: Elegant und beschützend. Eignung: Vorzimmer, Treppenhäuser
  • Metallicfarben: Dezente Eleganz, schaffen klare Konturen und Lichteffekte. Eignung: Wohn-, Schlaf-, Vorräume

Dr. Marion Breiter-O’Donovan

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