Gleichzeitig warnen Fachleute, nicht zu früh die erste Löffelkost anzubieten. Das Verdauungssystem des Kindes könnte dadurch überfordert sein und das leistet Allergien Vorschub. Doch wann ist nun der richtige Zeitpunkt für den ersten Brei? Und womit soll man denn beginnen?
Ingeborg Hanreich
Gerlinde Heil
Vom richtigen Zeitpunkt
Wirft man nur einen flüchtigen Blick auf das Etikett von Gläschen oder auf Breipackungen, dann könnte man meinen, bereits im 4. Monat sei Beikost unerlässlich. Prangt doch die große 4 auf den Produkten. Wer mit den gängigen Monatsrechnungen vertraut ist und genau schaut, darf sich aber wundern. “Nach dem 4. Monat” heißt es hier, während auf den Produkten gleich nebenan “im 5. Monat” steht. Das ist doch dasselbe?
Richtig! Während es früher – aufgrund der mangelhaften Ausgewogenheit der Flaschennahrung – notwendig war, bereits ab der 6. Woche zuzufüttern, ist dies heutzutage nicht mehr erlaubt. Eine EU-Verordnung verbietet der Industrie, Beikost vor Ende des 4. Lebensmonats anzubieten. Doch bisher wurde die große 4 am Etikett beibehalten und sorgt so vielfach für Verwirrung.
Sogar im 5. oder 6. Monat sind viele Kinder noch durch Beikost überfordert. Kinder, deren Eltern oder Geschwister an einer Allergie – egal welcher – erkrankt sind und die daher ein größeres Risiko in sich tragen, selbst an einer Nahrungsmittelallergie zu leiden, sollen frühestens nach einem halben Jahr Beikost erhalten. Ja, die Weltgesundheitsorganisation fordert sogar alle Mütter auf, die ersten 6 Lebensmonate voll zu stillen und erst ab dem 7. Lebensmonat die Muttermilch mit Beikost zu ergänzen.
In der Praxis haben sich allzu präzise Empfehlungen für den Beikostbeginn nicht bewährt. Zu unterschiedlich sind das Wachstum und die motorische Entwicklung. Da gibt es Babys, die noch Anfang des 7. Lebensmonats Schwierigkeiten haben, die Nahrung mit der Zunge nach hinten zu transportieren, oder die aufgrund des ersten Zahnens bzw. einer Erkrankung nur gestillt werden wollen.
Andere wiederum schauen schon im
5. Monat wie gebannt auf jeden Bissen, den die Eltern zum eigenen Mund führen und verschlingen das erste Karottenpüree mit Begeisterung. Auch Frühgeborene, deren Beikostbeginn sich normalerweise ab dem Geburtstermin berechnet, können bereits ein Körpergewicht von 3,5 kg erreicht und in ihrer Entwicklung dermaßen aufgeholt haben, dass eine Beikostgabe vor dem 7. Lebensmonat passend sein kann. Jedenfalls können Sie mit der Beikost durchaus bis zum 7. Lebensmonat warten und sollten frühestens im 5. Lebensmonat beginnen.
Selbermachen oder Gläschenkost
Mit dem ersten Beikostlöffel stellt sich die Frage, ob Gläschenkost oder Selbstgekochtes die bessere Alternative ist. Wenn Ihnen frische, hochwertige Lebensmittel aus dem eigenen Garten zur Verfügung stehen oder Sie den gut sortierten Bio-Laden gleich um die Ecke haben, ist das ausschließliche oder teilweise Selberkochen eine gute Wahl.
Manche Gemüsesorten enthalten jedoch zu hohe Nitratmengen und sollten nur in Mischungen angeboten werden. Sie können sich genauer im Ratgeber “Rezepte und Tipps für Babys Beikost” darüber informieren, welche Zutaten geeignet sind und wie die Breie für die jeweilige Altersstufe zusammengesetzt werden sollen.
Der Vorteil der Gläschenprodukte liegt in der regelmäßigen Kontrolle der Zutaten. Denn Gläschenbreie unterliegen strengen gesetzlichen Auflagen und werden von der Lebensmittelpolizei speziell kontrolliert. Es gibt eine reichlich große Auswahl, die allerdings genau unter die Lupe genommen werden sollte. Denn Schokolade, Vanille oder Zucker sind im ersten Lebensjahr gänzlich fehl am Platz.
Viele Gläschen enthalten außerdem Milchbestandteile, die für allergiegefährdete oder gestillte Kinder eine unnötige Allergenquelle darstellen. Sie sollten im gesamten ersten Lebensjahr vermieden werden.
Dadurch wird die Auswahl der Gläschen jedoch eine Wissenschaft für sich. Im Ernährungsratgeber “Essen und Trinken im Säuglingsalter” ist deshalb ein Gläschenfahrplan für das gesamte 1. Lebensjahr enthalten. Da sich das Angebot am Markt jedoch laufend ändert, bietet der Informationskreis Kind und Ernährung (siehe Infos) eine im Herbst 2002 aktualisierte Version an.
Stufenweiser Aufbau
Der Geschmack von Babys ist noch unverfälscht und viel feiner ausgeprägt. Daher ist ein sanfter und schrittweiser Beikostbeginn den Bedürfnissen des Kindes am besten angepasst. Begonnen wird zumeist mit Karottenmus, weil es viel Carotin liefert und süßlich schmeckt. Manche Kinder benötigen eine, andere drei Wochen, um von den ersten wenigen Löffeln mittags zur einer entsprechenden Menge (je nach Alter ca. 1/2 bis 1 Gläschen) pro Mahlzeit überzugehen.
Etwa im Abstand von einer Woche kommen dann weitere Zutaten zum Speisezettel dazu. Dadurch erweitern sich nach und nach die Auswahl- und Kombinationsmöglichkeiten. Der Mittagsbrei wird zuerst zum Karotten-Kartoffel-Brei und später durch kleine Mengen Fleisch zum eisenreicheren Karotten-Kartoffel-Rindfleisch-Brei. Nach zirka einem Monat wird eine 2. Milchmahlzeit durch einen Getreide-Obst-Brei (z.B. Karotte-Apfel, Apfel-Reis) ersetzt. Die Obstmahlzeit wird bevorzugt vormittags oder nachmittags gefüttert und geht später beim Umstieg auf die Familienkost in eine Zwischenmahlzeit (z.B. ein Brot mit Obst) über.
Im 3. Beikostmonat (7. bis Anfang 9. Lebensmonat) wird zusätzlich ein Getreide-Milchbrei (z.B. Haferschleim, Dinkelflocken oder Kindergries) in den Speiseplan aufgenommen, um den wachsenden Energiebedarf zu decken. Am besten eignen sich dazu Baby-Getreideflocken, die aus aufgeschlossenem Bio-Vollkorngetreide bestehen. Instantflocken können direkt in heißes Wasser mit etwas Obst- oder Gemüsebrei eingerührt und z.B. durch Stillen ergänzt werden. Kindergrieß muss hingegen zuerst mit Wasser aufgekocht werden.
Dann können Sie mit einigen Löffeln Obst- oder Gemüsemus Geschmack verleihen und durch Säuglingsmilchpulver oder durch ergänzendes Stillen innerhalb der Mahlzeit die Milch dazufügen. Fertige Milchbreie, die nur mehr mit Wasser zubereitet werden müssen, sind zumeist unnötig stark gesüßt und kuhmilchhältig.
Junior- und Familienkost
Ende des 8. Monats mögen viele Kinder bereits Beikostbreie, die nicht mehr ganz feinpüriert sind. Wenn die ersten Zähne kommen, wird gerne an Beißringen geknabbert und es darf, wenn das Kind schon Weizen kennengelernt hat, auch die Brotrinde eines ganz einfachen Weizenbrotes (ohne Nüsse, Samen, Milchbestandteile oder allzu viele Gewürze) sein. Reiswaffeln sind ebenfalls beliebt.
Sie erfordern aber – wie alle größeren Stücke, an denen das Kind knabbern kann – erhöhte Aufmerksamkeit, damit sich Ihr Kind nicht daran verschluckt.
Zwischen 10. und 12. Lebensmonat kann Ihr Kind schon am Familientisch mitessen und einfache, weichgekochte und mit der Gabel gut zerdrückte Lebensmittel (z.B. Karotten, Erbsen, Nudeln) erhalten, die es bereits aus den Beikostbreien kennt.