Mehr zum Beckenboden

Die Wirbelsäule musste plötzlich das ganze Gewicht in der Vertikalen abfedern. Die Bauchwand diente sodann als Tragehilfe und es entwickelte sich unser Beckenboden. Diese handtellerdicke Muskelplatte stellt eine der wichtigsten Muskelgruppen des ganzen Körpers dar. Er besteht aus 3 übereinandergelagerten Muskelschichten und ist zusätzlich quer und längs verstrebt und ideshalb in der Lage das Gewicht des Oberkörpers als auch alle Organe im Bauchraum zu tragen
Hebamme Traude Trieb

Ein ganz besonders wichtiger Muskel

Diese handtellerdicke Muskelplatte stellt eine der wichtigsten Muskelgruppen des ganzen Körpers dar. Er besteht aus 3 übereinandergelagerten Muskelschichten und ist zusätzlich quer und längs verstrebt und ist deshalb auch in der Lage das Gewicht des Oberkörpers als auch alle Organe im Bauchraum zu tragen.
Das nach vorne und unten offene knöcherne Becken wird von den Bauch- und Beckenbodenmuskeln dynamisch umschlossen. After, Scheide und Harnröhre sind in den Beckenboden eingebettet. Sie sind einerseits wertvolle “Ausgänge” für die Harn- und Stuhlentleerung und für die Geburt, andererseits aber auch Schwachstellen in dieser stützenden Beckenbasis.

Durch konsequenten Einsatz des Beckenbodens, d.h. durch integriertes Training des Beckenboden im Alltag, gewinnt der gesamte Körper an Stabilität, denn alle wichtigen Muskelgruppen des unteren Rückens verlaufen zum Beckenboden. Weiters ist der Beckenboden mit den wichtigsten Muskelgruppen im Becken, am Bauch und an den Beiden vernetzt.

Ein gut funktionierender, aktiver Beckenboden, hat somit positive Auswirkungen auf den gesamten Körper – vom Scheitel bis zur Sohle. Dadurch können sogar Blasen- und Gebärmuttersenkungen als auch deren Folgen nämlich die sogenannte Streßinkontinenz (spontaner Harnverlust beim Springen, Hüpfen, Heben, Niesen, Tanzen, Lachen, Treppensteigen etc.) verhindert werden.

Geben und Nehmen

Unser menschliches Sein unterliegt dem ständigen Rhythmus von Prozessen des Aufnehmens, Haltens und Loslassens. Im Körperbereich Becken werden diese Vorgänge von Geben (=sich öffnen) Nehmen und Halten (=sich schließen) auf zweifache Weise sichtbar: Die Blase und der Enddarm liegen im Beckenraum und sind die Speicherorgane für die Endprodukte der Verdauungsprozesse. Die Harnröhre und der After sind die so genannten passagegebende Organe für die Entleerung.
Im Beckenraum befinden sich auch die weiblichen Geschlechtsorgane. Geben und Empfangen verbinden sich im Sexualleben auf besondere Weise. Die Schwangerschaft ist eine Zeit des Tragens und Haltens und führt hin zu dem wohl stärksten Akt des Sich Öffnens – der Geburt eines Kindes.

Ein emotional offener, unbelasteter Zugang zu diesen lebensnotwendigen Prozessen – Sexualität und Ausscheidung – ist mitbestimmend für unser gesamtes Wohlbefinden und vor allem für unsere körperlich, seelische Entwicklung. Der Grundstein wird in der Kindheit gelegt.

Ein behutsames Hinführen zur selbstbestimmten Harn- und Stuhlausscheidung (kein Topfzwang!) und eine liebevolle Begleitung in der sexuellen Entwicklung (Selbstbefriedigung respektieren!) sind wichtige Anliegen in der Begleitung unserer Kinder.

Zusammenhang der Stuhl- und Harnentleerung mit dem Beckenboden

Eine geregelte Verdauung und gute Angewohnheiten bei der Stuhl- bzw. Harnentleerung
sind entscheidend für einen intakten und gut funktionierenden Beckenboden.
· Wenn möglich regelmäßig zur gleichen Zeit den Stuhl entleeren bzw. immer regelmäßig und vor allem rechtzeitig die Harnblase entleeren (nicht zurückhalten!)
· Bei Verstopfung abends ½ l kaltes Wasser mit 2-3 Dörrpflaumen zum Kochen bringen, 10 Minuten köcheln lassen, zum Bett stellen und morgens auf nüchternen Magen trinken und anschließend die Dörrpflaumen ganz langsam zerkauen.
· Sich wirklich Zeit nehmen zum Entleeren von Stuhl und Harn – keine Eile und Hast! Aufrecht auf der WC-Brille sitzen. Ausatmen, Handflächen offen, Stirne glatt und Schultern rund – schieben und nicht pressen; beim Stuhlgang bzw. beim Urnieren einfach rinnen lassen und nicht nachpressen.

Tabu Beckenboden

Bis vor wenigen Jahren war es für Frauen ein noch eher schwieriges Unterfangen untereinander und noch schwieriger mit einem Gynäkologen über den eigenen Beckenboden und eventuelle Probleme zu sprechen. Der Grund dafür lag einerseits an mehr oder minder großen Schamgefühlen und andererseits an der Tabuisierung dieses Themas überhaupt.
Jede Frau sollte sich der Wichtigkeit ihres Beckenbodens bewusst werden und in Eigenverantwortung täglich ihren Beckenboden trainieren. Denn der Beckenbodenmuskel ist ein Muskel wie jeder anderer Muskel auch und erschlafft bzw. verkümmert, wenn er nicht bewegt und trainiert wird. Stressinkontinenz und Gebärmuttersenkungen passieren nur dann, wenn die Frau die Spur zu ihrem Beckenboden verloren hat.

Den Beckenboden in den Alltag einzubauen und ernsthaft zu integrieren erfordert Konsequenz und die richtige, kompetente Anleitung einer Fachfrau. Eine auf den Beckenboden spezialisierte Hebamme ist die geeignete Ansprechpartnerin zum Thema rund um den Beckenboden.

Spürübung für die Lage des Beckenbodens

Setzen Sie sich ganz aufrecht auf einen Sessel, rutschen sie ganz vor auf die vordere Sesselkante, lassen Sie Ihren Atmen ruhig und vor allem in Ihrem Rhythmus fließen und spüren Sie hinein in Ihre knöchernen Auflagenpunkte.
· Verlagern Sie jetzt Ihr Gewicht abwechselnd auf den linken und dann auf den rechten Sitzbeinhöcker.
· Dann schaukeln Sie in Richtung Schambein und Steißbein.
Zwischen diesen 4 Knochenpunkten liegt der Beckenboden – hier ist diese handtellerdicke “Hängematte” aufgespannt.

Beckenboden-Übung für den Alltag

Z.B. beim Zähneputzen, beim Warten an der Kasse, an der roten Ampel, vor dem geschlossenen Bahnschranken, Warten auf den Zug etc.
Grundstellung: im Stehen (kann natürlich auch im Sitzen durchgeführt werden)
Sie stehen mit beiden Beinen, in Beckenbreite auseinander, Füße parallel zueinander, fest am Boden. Lassen Sie die Großzehengrundgelenk (wie ein Saugnapf), die Fußaußenkante und die Ferse in den Boden fließen (Anti-Plattfußstellung). Die Knie sind leicht gebeugt, damit die Energie fließen kann.

Sie atmen ein und beim AUSATMEN beginnen Sie die Übung:
1. Stirn runzeln (Stirn = Verbindungsstelle zur untersten Beckenbodenschicht) und Schamlippen bewusst zueinander bringen (TICK!)
2. Sitzbeinknochen (= Verbindungsstelle zur mittleren Beckenbodenschicht) zueinander ziehen und Becken leicht nach vorne schieben (KICK!)
3. Schulterblätter (= Verbindungsstelle zur innersten Beckenbodenschicht) zueinander bringen und sie nach hinten unten, außen entspannen und sich gleichzeitig am Krönchen (=jene Stelle, wo man eine Krone platzieren würde; d.h. auf Höhe der großen Fontanelle) majestätisch hochziehen (ZU!)
Eine Steigerung dieser Übung erreichen Sie, indem Sie mit Ihrem Becken pulsieren.
Das bedeutet Ihr Beckenboden ist in allen 3 Schichten voll aktiviert (1.-3. TICK-KICK-ZU!) und erst dann rollen Sie kraftvoll Ihr Becken noch etwas weiter nach vorne.
Der Schambeinknochen blinzelt dem Nabel zu: Sie ziehen beim AUSATMEN den Nabel fest nach hinten zur Wirbelsäule und halten diese Position für 3-5 Sekunden, dadurch verkürzt sich der Abstand zwischen Schambeinknochen und Nabel.
Anschließend lockern Sie beim EINATMEN diese Anspannung wieder um 10% um dann wieder neuerlich beim AUSATMEN das Becken nach vor zu rollen und den Nabel fest zur Wirbelsäule zu ziehen.

Nach 30 Pulsationen werden Sie spüren wie sehr Sie diese Übung erfrischt. Diese Übung sollte mehrmals täglich gemacht werden. Sobald bei dieser Übung die Technik nicht mehr im Vordergrund steht, werden Sie diese Übung genießen und lieben lernen und vor allem nicht mehr missen wollen.

Wöchnerinnen-Untersuchung

Jede Wöchnerin sollte spätestens 6 Wochen nach der Geburt eine Kontrolluntersuchung bei ihrem/r betreuenden Arzt/Ärztin durchführen lassen. Somit kann eine eventuelle leicht- oder mittelgradige Senkung gleich erkannt und mit Hilfe von entsprechenden Übungen in den Griff bekommen werden.
Für alle Frauen, egal ob Erst- oder Mehrgebärende, ob Spontangeburt oder Kaiserschnitt (hier erst 10 Wochen danach), ist Rückbildungsgymnastik empfehlenswert, frühestens ab der 6. Woche nach der Geburt über mindestens 10 bis 15 Wochen. Wenn das Kind dann bereits 5 Monate ist, ist es Zeit, sich einmal wieder eine Stunde nur für sich und seinen Körper Zeit zu nehmen und dann wirklich intensiv die Problemzonen Bauch, Bein und Po, natürlich immer unter Einbeziehung des Beckenbodens effektiv zu trainieren.

Foto: Artem Furman – shutterstock.com

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