Schönheitsoperationen

Sie wissen schon, die bewusste Sendung in dem bewussten Programm, wo Frauen um eine Gratis-Schönheitsoperation betteln, die dann passend zu Chips und Popkorn in unsere Wohnzimmer übertragen wird.

Da waren sie wieder, die Kandidatinnen Marke typisch: Die 17-Jährige mit Pam-Anderson-Drang, das Popsternchen mit drei Fettzellen um das Nabelpiercing und die Frau mit Narben an Körper und Seele, deren einzige Freude eine – irgendeine, bitte, bitte! – Schönheitsoperation wäre. In die nächste Runde geschafft hat’s nur eine, das Sternchen nämlich. Und die sah nach der Operation auch nicht anders aus als vorher. Kunststück: Noch weniger Bauch und sie hätte ein Loch in der Mitte gehabt. Aber was soll’s: Gratis war’s und PR war’s auch. Schließlich sitzt eine Menge Masochistinnen wie ich vor den Fernsehapparaten.

Schauen Sie sich gerne in den Spiegel

Genauso gerne wie vor der Schwangerschaft? Ja? Dann herzlichen Glückwunsch. Der Neid von ein paar Millionen Frauen wird Sie verfolgen. Doch wenn’s nicht so ist: Kraut ist zwar noch keines gegen Schönheitsfehler gewachsen – aber Beautykliniken sprießen sowieso noch schneller aus dem Boden. Und das hat schon so seinen Grund: Rund 1.500 bis 2.000 österreichische Frauen lassen sich jährlich ihre Brust vergrößern – Tendenz steigend.

Und zwar besonders in der Altersgruppe der 30- 49-Jährigen: Die sind meist finanziell ganz gut abgesichert, die richten ihre Aufmerksamkeit auch wieder auf anderes als Schwangerschaft und Babyknuddeln. Und die sind dem Jugendwahn der Gesellschaft am heftigsten ausgesetzt.

“Ich tu’ es ja für mich!” – das Argument, das den meisten OP-Willigen am wichtigsten ist. Aber überfällt sie wirklich bei jedem Schritt ein erbarmungsloser Spiegel? Und ist nicht ein Körper oder ein Gesicht ohne Ecken, Kanten, Dellen, Ringe und Streifen ein bisschen langweilig? Nun – die Prioritäten sind verschieden. Und wer sich stark über seinen Körper definiert, hat sicher größere Probleme mit dem herabgerutschten Busen als jemand, der mit 120 Kilo nach vier Schwangerschaften fröhlich oben-ohne im Stadionbad brät.

Und natürlich: Alle, die uns erklärt haben, dass es nach der Geburt eine Rückkehr in den Mädchenbody vor der Schwangerschaft gibt, der hat gelogen. Barmherzig zwar – doch ziemlich überflüssig. Ein kleiner Busen blüht zwar spätestens beim Stillen auf, kann aber danach zu noch kleineren Brüsten schrumpfen. Wer schon vor der Schwangerschaft zu den Großbusigen gehörte, der findet im schlimmsten Fall nach dem Abstillen seine Brüste in Nabelgegend wieder. Und Bauch und Po springen nach 40 Wochen Dehnen-bis-zum-Reißen auch kaum mehr in ihre elastische ungestreifte Knackigkeit zurück. Trübe Aussichten?

Die Brustverkleinerung

Sonja habe ich nach der Entbindung im Krankenhaus kennen gelernt – unsere Söhne sind am gleichen Tag geboren. Ganz schlank war sie nie, sagt sie. Und ihr Busen hatte schon immer eine bedauerliche Tendenz nach unten, stellt sie fröhlich fest. Doch nach dem Abstillen verscheuchte ihr Spiegelbild auch den letzten Rest ihres Galgenhumors: “Riesige Brüste mit handtellergroßen Brustwarzen hingen kraftlos vor meinem Bauch.”, beschreibt sie sich. Natürlich versuchte sie es mit Massagen, mit Training und Diät. Und natürlich wirkte nichts davon: Massagen verbessern die Durchblutung, ja, und Training baut den Brustmuskel auf.

“An dem Hautüberschuss mit Fettzellen konnte das alles aber nichts ändern. Und so begann ich mich zu erkundigen und machte schließlich einen Termin bei einem Spezialisten aus.” Heute, drei Monate später, zeigt sie mir ihren neuen Busen: Klar gibt es feine Narben. Und Pin-up-artig ist er nicht. Aber eines muss ihr der Neid lassen: Sonja sieht gut aus. Und schon wenn sie bloß ihren BH anzieht, käme niemand auf die Idee, sie hätte sich ihren Busen straffen lassen.

Bruststraffung/Brustverkleinerung (Mastopexie)
Dabei ist die Operation gar nicht so einfach: Die Brustwarze mit den verbundenen Drüsengängen wird ausgeschnitten (und kann dabei gleich verkleinert werden) und vom Fettgewebe gelöst. Ein weiterer Schnitt verläuft von der Brustwarze senkrecht in die Unterbrustfalte, in die der dritte Schnitt gesetzt wird. Selbstverständlich nimmt der Arzt eine genaue Abstimmung der Operationstechnik auf den Körper seiner Patientin vor!

Geeignet für: Frauen mit kleinen, mittleren oder großen Brüsten, die an Spannkraft verloren haben. Risiken: Die Stillfähigkeit kann auf der Strecke bleiben. Taubheitsgefühl der Brustwarzen, manchmal dauerhaft. Bei vermehrter Narbenbildung ist etwa sechs Monate nach der Erstoperation eine Korrektur nötig. Frauen mit geringer Hautelastizität müssen vielleicht im Laufe der Jahre eine erneute Straffung durchführen lassen.

Die Brustvergrößerung

Hängebrüste würden Sie schon in Kauf nehmen – alles ist besser als gar nichts? Nun, den Traum vom vollen Busen, Männermagnet und Klamottenfülle, den teilen fast alle Frauen. So auch Henie. “Meine Brüste waren nicht nur winzig, sondern auch noch ungleich groß: Die eine minimal, der andere gar nicht. Ich versuchte zwar immer mit Push-ups und Einlagen zu schummeln, aber ich hatte eigentlich immer das Gefühl, jeder würde es sehen.” Mit 32, nach dem Abschluss ihrer Familienplanung, entschloss sie sich zur Operation.
“Aber ideal ist das auch nicht. Denn das Implantat sitzt wie eine Schüssel unter meiner Haut. Man sieht den Rand und auch, dass sich der Busen nicht richtig bewegt.” Ein Fall von zu hoch gesteckten Erwartungen? Ein Risiko, das die meisten Ärzte durch umfassende Aufklärung minimieren können!

Brustvergrößerung (Augmentationsplastik)
Die brustvergrößernde Operation erfordert meist nur einen Schnitt: Er kann in der Achsel, am Rand der Brustwarze oder auch quer durch den Warzenhof erfolgen. Das Implantat wird dann entweder auf den Brustmuskel gesetzt oder darunter geschoben – welche Technik angewendet wird, entscheidet der Operateur. Geeignet für: Frauen mit kleinen oder kleinen und ungleichen Brüsten.

Risiken: Durch die neue Technik des kohärenten Gels (klebt im Prinzip an sich selbst und kann daher weder auslaufen noch sich im Körper verteilen), sind Silikonkissen so gut wie risikolos geworden. Trotzdem: Nachblutungen können entstehen, das Implantat kann vereitern. Und das Risiko der gefürchteten Kapselfibrose aus verhärtetem Bindegewebe, welches das Silikonkissen schmerzhaft verschiebt, lässt sich nie ganz ausschalten. Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko sollten bedenken, dass eine aussagekräftige Mammografie durch das Implantat verhindert wird.

Die Bauchstraffung

Und der Bauch? Der hat nach einer Schwangerschaft meist die größten Kampfspuren abgekriegt! Schwangerschaftsstreifen, medizinisch Striae genannt, leuchten blaurot, das Bindegewebe ist erschlafft und die Taille können Sie nur noch anhand Ihrer alten Fotos wieder finden? Ein kleiner Trost für Sie: So schlimm bleibt es nicht. Aber ein paar Monate, manchmal auch ein Jahr, sollten Sie Ihrem Bauch schon als Regenerations-Chance bieten! Erst wenn dann immer noch keine Verbesserung zu sehen ist, hilft Ihnen vielleicht der plastische Chirurg mit Rat und Tat.

Bauchstraffung
(Abdominoplastik)
Der Eingriff gehört sicher nicht zu den ganz kleinen: Ein Einschnitt führt knapp oberhalb der Schamgrenze von Beckenkamm zu Beckenkamm. Danach löst der Chirurg die Haut bis zum Oberbauch und zieht sie hinunter. Der Überschuss wird abgeschnitten, der Nabel herausgelöst und weiter oben wieder eingesetzt. Geeignet für: Frauen mit “Schürze”, einer Unterbauchfalte. Und die einzige Möglichkeit Schwangerschaftsstreifen wegzuschnippeln.

Risiken: Eine große Operation mit sehr ausgedehnter Wundfläche – sie reicht unter der Haut ja von der Schamgrenze bis zum Oberbauch. Daher sind Drainagen nötig, Infektionen können sehr, sehr gefährlich werden. Wenn Sie zu Verdauungsproblemen neigen: Die verstärken sich dadurch. Denn der innere Bauchraum wird natürlich verkleinert. Und die Narbe bleibt selbstverständlich auf jeden Fall sichtbar. Wichtigste Warnung: Ein Ersatz fürs Abnehmen ist eine Bauchstraffung sicher nicht! Sie kann aber überschüssige, überdehnte Haut nach einer starken Gewichtsverringerung entfernen.

Ein kleiner Schritt weg vom Unglücklichsein – so empfinden die meisten Patientinnen ihren Entschluss zur plastischen Operation. Aber ein teurer kleiner Schritt: Denn die Krankenkassen halten Schönheit für Privatvergnüngen. Gut, wenn es um die Beseitigung von Unfall- oder Krebsoperationsfolgen geht, dann werden die Kosten übernommen. Falls eine Frau nachweisen kann, dass ihre großen Brüste trotz Wirbelsäulengymnastik, Gewichtsreduktion und Physiotherapie immer noch Schmerzen in den Schultern verursachen, dann hat sie zumindest eine Chance, dass der Kassengutachter einer Operation zustimmt: Eine nicht ganz ökonomische Haltung.

Denn Kuren, begleitete Diäten und Therapeutenhonorare kommen die Kassen sicher teurer zu stehen als die Leistung des Chirurgen. Alle anderen kosmetischen Probleme – auch wenn sie psychische oder psychosomatische Krankheiten verursachen – fallen unter Privatsache. Genauso wie das eigene Geldbörsel. Wem also seine Schönheit unbezahlbar schein, der wird selber blechen müssen. Oder er geht ins Fernsehen. Und vielleicht kann ich während des nächsten Viertel-neun-Masochismus bei der bewussten Sendung im bewussten Sender ja auch – endlich! – einmal eine bluten sehen, die ich kenne. Und mich freuen, dass Millionen Frauen nun ihre Wabbelzonen zu sehen kriegen.

Geschichten aus der Geschichte

Ganz so neu ist die Idee der plastischen Chirurgie nicht.
Vor 2.700 Jahren ging’s los: Damals wurden nämlich Ehebrecher und Diebe mit dem Nasenabschlagen bestraft – und ließen sich’s oft ziemlich viel kosten, den Makel wieder reparieren zu lassen. Der indische Arzt Sushurta beschreibt in seinem Buch genau, wie er aus Gewebe von der Stirn Nase und Ohrmuschel rekonstruiert.
Im 15. Jahrhundert machte sich eine sizilianische Arztfamilie einen Namen mit neuen Nasen aus Wangen- oder Oberarmgewebe.
1818 wurde das erste deutschsprachige Buch zum Thema “plastische Chirurgie” von Carl Ferdinand von Graefe veröffentlicht.
Bis zur ersten Brust dauerte es noch ein Weilchen: Männliche Nasen waren deutlich wichtiger. Erst 1922 bzw. 1925 setzten sich der Amerikaner Thorek und der Deutsche Lexer mit der Brustverkleinerung auseinander.
Und 1963 folgte dann mit der Entwicklung gelgefüllter Silikonkissen die erste Brustvergrößerung durch die Texaner Gerow und Cronin.
Wussten Sie,…
dass Barbie auf allen Vieren kriechen müsste, wäre sie lebendig? Mit ihren Proportionen wäre ein aufrechter Gang unmöglich.
dass die europäische Durchschnittsfrau 68 Kilo wiegt?
dass Schönheitsmagazine Frust auslösen? 70 % der Frauen fühlen sich schuldig und deprimiert, wenn sie 3 Minuten in einem Beauty-Magazin geblättert haben. (Schweden, 1995)
dass eine Frau mit den Maßen einer Schaufensterpuppe weder schwanger sein noch Kinder bekommen könnte?
dass Marilyn Monroe Größe 42 trug?
dass Models vor 20 Jahren 8 % weniger wogen als die Durchschnittsfrau? Heute sind sie um 23 % dünner.

Foto: Maksim Shmeljov – shutterstock.com

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