Stillen – (k)ein Kinderspiel

Blutende Brustwarzen, Fieber, versiegende Milch – nicht immer klappt´s beim Stillen auf Anhieb. Alles über den gesündesten Schlummertrunk der Welt und wie Sie Stillprobleme lösen können.

Alles fängt gut an: Ihr Baby kommt quietschfidel auf die Welt. Sie strahlen vor Freude: Jetzt geht´s richtig los mit dem Mama-Leben! Trotz überstandener Strapazen sind Sie hoch motiviert, knuffen eine bequeme Beule ins Stillkissen und sind bereit Ihrem Säugling zu geben, was er jetzt am Dringendsten braucht: Nähe und Nahrung. Sicher und geborgen soll es sich fühlen, Ihr Baby – von Anfang an. Und dann geschieht, womit Sie nicht gerechnet haben: Ihr Baby nuckelt und nichts passiert!

Losungswort Entspannung

„Die Hauptsorge vieler Frauen, ihre Milch könne nicht reichen, ist fast immer unbegründet“, macht Hebamme Martina Klasz Neo-Mamas Mut. „Klappt es nicht gleich, lassen Sie sich von kompetenten Stillberaterinnen oder Hebammen helfen. Bloß kein hausgemachter Stress!“ Machen Sie es sich zum Stillen immer bequem. Halten Sie Ihr Baby in der Armbeuge und stützen Sie es auf dem Stillkissen ab. Oder stillen Sie Ihr Kind im Liegen (Tipp: Immer ein Glas Wasser griffbereit halten). Achten Sie darauf, dass Ihr Baby an der ganzen Brustwarze einschließlich Warzenvorhofes saugt und so den Milchfluss in Gang bringt. „Der beste Zeitpunkt, dem Baby zum ersten Mal Muttermilch anzubieten, sind die ersten zwei Stunden nach der Geburt“, rät Martina Klasz. „Der Saugreflex ist dann besonders groß. Meist schmatzen Neugeborene, suchen oder schlagen mit den Ärmchen um sich.“ Ein eindeutiges Zeichen für: „Ich hab Hunger, Mama.“ In den ersten Tagen träufelt bloß Kolostrum, eine gelbliche Vormilch reich an Proteinen, Vitaminen, Milchzucker und Mineralien in Babys Mund. Ein hochkonzentrierter Powercocktail – schon ein paar Tropfen machen satt. Erst etwa ein bis zwei Tage nach der Geburt schießt die Muttermilch in den Busen ein. Dann spannen die Brüste, fühlen sich heiß und schwer wie Pflastersteine an.

Gramm um Gramm

Die meisten Säuglinge specken in den ersten Tagen nach der Geburt ab. „Keine Sorge“, sagt Martina Klasz „Neugeborene können problemlos bis zu drei Tage ohne Nahrung auskommen.“ Wichtig sei, das Baby dann in den ersten zwei Wochen wieder zum Geburtsgewicht hin aufzupäppeln. Regelmässiges Abwiegen nach jeder Stillmahlzeit ist nicht nötig. Das verunsichert Sie, zerrt kolossal an den Nerven macht Ihr Baby nervös. Ein gesundes Kind brauchen Sie nur zu beobachten: Sind die Windeln voll, der Urin hell und geruchsfrei? Sieht mein Kind proper und zufrieden aus – dann ist alles in Ordnung. „Die ersten Tröpfchen der Vormilch sind auf der Waage gar nicht messbar“, so die Fachfrau.

Zum Stillen gehören immer zwei

An Mamas Brust saugen, die natürlichste Sache der Welt. Trotzdem: es klappt nicht immer von Anfang an. Ursache können zum Beispiel Saugprobleme des Kindes, Streß und Nervosität der Mutter, wunde oder zu flache Brustwarzen sein. Trotzdem: Geben Sie nicht auf. Jede gestillte Woche ist besser als gar keine. Zum perfekten Milchgleichgewicht braucht´s: Vertrauen in Ihren Mutterinstinkt und Konsequenz. Wahrscheinlich werden Sie überrascht sein, zu welch unglaublicher Geduld und Liebe Sie fähig sind. Je öfter Sie Ihr Baby anlegen, desto mehr Milch wird produziert. Bieten Sie Ihrem Kind immer abwechselnd beide Brüste an. Der Rest kommt von alleine.

Strikte Zeiten oder Lust und Laune

Ärzte und Hebammen empfehlen heute „Stillen ad libitum (nach Bedarf)“. Ein 24-Stunden-Service also. Das ist anstrengend. Keine Frage. Andere brauchen schrille Wecker, um aus dem Tiefschlaf zu schrecken. Sie haben Ihr Baby. Doch die Mühe lohnt sich. Ihr Kind spürt Ihre Zuverlässigkeit, entwickelt Vertrauen und eine innige Beziehung zu Ihnen. Auch umgekehrt gilt: Stillen und die damit verbundenen Körpernähe lösen häufig Glücksgefühle bei der Mutter aus.
Muttermilch ist einzigartig, ein komplexer Cocktail aus: Kohlehydraten, Fetten, Proteinen, Mineralstoffen, Vitaminen, Enzymen, Wasser und Substanzen, die die Infektabwehr und das Gedeihen Ihres Kindes unterstützen. Ein halbes Jahr voll, und auch danach noch weiter die Brust zu geben, empfehlen Ärzte und die WHO (Weltgesundheitsorganisation)

Vom richtigen Zeitpunkt

Abstillen erfordert Zeit und viel Zuwendung. Ersetzen Sie nach und nach eine Milchnahrung durch Brei, den fehlenden Körperkontakt durch eine Extraportion Kuscheln. Stillen Sie Ihr Baby trotz der Beikost weiter. Die Milchquelle wird langsam versiegen. „Müssen Sie aus gesundheitlichen Gründen abrupt Abstillen, ist medikamentöse Behandlung nötig“, rät Martina Klasz.  Sonst gilt: Den passenden Moment zum Abstillen bestimmen nur Sie und Ihr Baby. Immerhin sind Sie jetzt ein eingespieltes Team.
Text: Beate Giacovelli
Foto: Guzhevnikova Olga, Lopolo – shutterstock.com
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