Und es hat Zoom gemacht!

Der Klassiker: Ein befreundetes Pärchen heiratet und Sie dürfen die Kamera führen, schließlich haben Sie Ihre Erfahrung in unzähligen Stunden feinster Videofilmerei unter Beweis gestellt. So stehen Sie nun geschniegelt und mit Videokamera, Stativ und Ersatzakku ausgerüstet vor dem Standesamt. Gratulation – die ersten Schritte in Richtung Professionalität sind schon getan. Und wo ist nun der Unterschied zwischen dem, was da auf dem heimischen TV-Schirm, LCD-gestützt, flimmert … und einer gekonnten Inszenierung? Erstens: eine Kamera. Zweitens: eine ruhige Hand und ein Stativ. Drittens: das richtige Motiv. So einfach? Ja, im Großen und Ganzen schon. Ob Band, Karte oder Festplatte – unabhängig davon, für welches System Sie sich entscheiden, erfolgt nun aber die Qual der Nachbearbeitung.

 

Nachbearbeitung

Das Band
Vorteil: Sie arbeiten mit digitalen Kassetten (Mini-DV), die einerseits ohne Qualitätsverlust aufzeichnen und andererseits gut archivierbar sind: Ihre Haltbarkeit beträgt durchschnittlich zehn Jahre – dann sind sie aber kaputt!

Nachteil: Um das Material bearbeiten zu können, müssen Sie es in den Computer einspielen. Und das kann dauern: eine Stunde Film – eine Stunde Übertragungszeit!

Die Festplatte

Vorteil: Sie können akkurat – „on the fly“ sagen die Profis – editieren: entweder am Camcorder selbst oder am PC. Der Computer erkennt die angeschlossene Kamera nämlich als eigenständige Festplatte; dadurch minimiert sich die Übertragungszeit entscheidend.

Nachteil: Ist die Platte voll, muss gelöscht oder archiviert werden. Außerdem ist die Kamera empfindlicher gegen Stöße …

Die Speicherkarte

Vorteil: Klein, handlich, gut … und billig! Da die Preise für Speicherchips täglich sinken, läuft die SD-Ram-Karte dem Band zusehends den Rang ab. Auf 4 Gigabyte Kartengröße passen – je nach Auflösung – bis zu eineinhalb Stunden Film.

Nachteil: Klein, handlich, gut … aber die Chips haben eben nur eine begrenzte Kapazität und lassen sich schlecht beschriften. Archivieren über den Computer ist nicht nur möglich, sondern notwendig, es sei denn, Sie legen sich dutzende Karten zu. Hier geht’s sehr schnell!

Welche Kamera für welchen Zweck?

Bevor es überhaupt ans Aufzeichnen und Nachbearbeiten geht, sollten Sie einmal die Kamera-Frage klären. Erste Überlegung: Wie viel wollen Sie ausgeben? Je nach Ausstattung der Kamera mit Band, Festplatte oder Speicherkarte bewegen sich die Preise im Amateurbereich zwischen 200 und 2500 Euro. Zweite (und wichtigste) Überlegung: Was wollen Sie mit der Kamera filmen? Wenn Sie ein Freund der Schmetterlinge und Grashalme sind, dann lassen Sie sich nicht von Zahlen beeindrucken: Die Stärke des Zooms ist nicht von Belang. Gehen Sie besser an das Motiv heran, als es wild an sich zu zoomen. Wollen Sie öfter aus der Hand filmen, dann sollte die Kamera einen optischen Stabilisator besitzen – digitale sind weniger geeignet, da das Bild stärker pixelt. Im Dunkeln ist zwar gut munkeln … Wenn Sie aber planen, dort auch noch zu filmen, ist ein eingebautes Licht von Vorteil – erwarten Sie aber keine Flutlichtanlage: Die Ausleuchtung reicht meist nur wenige Meter. Ein externer Mikrofoneingang erleichtert zudem die Nachvertonung entscheidend.

Mit der richtigen Ausstattung werden Sie Freude am Filmen haben – damit die Freude aber auch bei der Ansicht der Filme anhält, hier die wichtigsten Tipps:

Die häufigsten Fehler

Das Zoomen
Vergessen Sie die Zoomwippe! Suchen Sie sich einen Ausschnitt, der dem Blickwinkel Ihres Auges gleichkommt, und bewegen Sie die Kamera auf das Motiv so zu, dass das Wesentliche zu erkennen ist.

Bildsprache
Ein Baum im Vordergrund oder ein Gebäudevorsprung als Anschnitt komponieren das Bild zu einem dreidimensionalen Objekt. Es gewinnt so an Tiefe und Aussagekraft.
Aufnahme-Winkel

Immer auf Augenhöhe mit der aufgenommenen Person filmen. Es sei denn, Sie wollen die Vogel- oder Froschperspektive als gestalterisches Element einsetzen.

Das ideale Bild

Motivwahl/Drehbuch
Was wollen Sie aussagen? Überlegen Sie sich schon im Vorfeld (am besten schriftlich), was Sie erzählen wollen bzw. wem der Film gefallen soll. Stundenlang gefilmte Tortenvöllerei langweilt … auch wenn die Torte noch so schön ist. Beschränken Sie sich auf fünf Minuten totales Endprodukt – dafür braucht es rund 20 Minuten gefilmten Materials.

Foto-Filmen
Filmen Sie besser ruhige Ausschnitte: Lassen Sie das Objekt die Bewegungen vollziehen und halten Sie die Kamera ruhig, ähnlich einem Fotoapparat. Man spricht dabei auch von der „europäischen Art“ zu filmen. Die „amerikanische“ überlässt der Kamera die Führung des Objektes – das ist aber Geschmackssache …

Standfestigkeit
Stehen Sie breitbeinig, das erspart manchmal das Stativ. Eine Mauer, ein Baum oder auch die Schulter eines Zweiten dienen – ebenso wie ein Stativ – der ruhigen Kameraführung und machen den entscheidenden Schritt zwischen „Verwacklungskunst“ und „Videokunst“ aus. Sie wollen loslegen? Nur zu! Bedenken Sie aber, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. Es geht hauptsächlich um eines – die Freude am Festhalten der Erinnerungen …

Gilbert Brandl

Foto: alphaspirit – shutterstock.com