Planen Sie schon beim Ausstieg Ihren Wiedereinstieg! So lautet, auf den Punkt gebracht, die Empfehlung von ExpertInnen. Damit lässt sich vermeiden, dass man nach zwei Jahren Karenz plötzlich von der Arbeitswelt – oder auch vom Studium –abgeschottet ist.
Wichtige Schritte, um den Wiedereinstieg optimal zu schaffen, heißen schlicht und einfach: Informieren, Planen, Weiterbilden. Die ersten Hürden auf dem Weg zurück sind seitens des Gesetzgebers zu meistern: Verschaffen Sie sich bereits ab der Mitte Ihrer Schwangerschaft einen Überblick über die für Sie relevanten Bestimmungen. fratz&co gibt ihnen hierfür auf www.fratz.at Tipps – Informationen erhalten Sie aber auch bei der Arbeiterkammer, dem AMS (Arbeitsmarktservice), dem WAFF (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds) und bei Ihrer Krankenversicherung.
Parallel dazu sollten Sie einige wichtige Fragen überdenken:
• Wie lange möchte ich in Karenz bleiben?
• Kann mein Partner einen Teil der Karenz übernehmen?
• Will ich nach der Karenz wieder an meinen Arbeitsplatz zurück?
• Ist eine Teilzeitvereinbarung für beide Seiten denkbar?
• Will ich die Karenz für Weiterbildung nutzen?
Tatkräftige Unterstützung fürs Comeback
Die Karenzzeit als Phase für die Weiterbildung zu nützen, ist in wirtschaftlich flexiblen Zeiten unabdingbar. Unterstützung hierfür kommt von den Arbeiterkammern ebenso wie vom AMS und Institutionen wie dem WAFF: Neben maßgeschneiderter Beratung besteht hier die Möglichkeit, im Rahmen des Programms NOVA finanzielle Unterstützung im Ausmaß von bis zu 2.700 Euro für den Besuch von Weiterbildungskursen auszuschöpfen.
Auch von der Arbeiterkammer erhalten Sie Geld für die Teilnahme an ausgewählten Weiterbildungskursen – eine Unterstützung, die neben Eltern in Karenz im Allgemeinen auch Arbeitslose, NotstandshilfebezieherInnen, Lehrlinge und geringfügig Beschäftigte in Anspruch nehmen können. Spezielle Programme gibt’s für steirische AK-Mitglieder in Elternkarenz: Sie bekommen satte 1.000 Euro auf ein Karenzbildungskonto gutgeschrieben – einlösbar für VHS- und bfi-Kurse bis zum zweiten Geburtstag des Kindes. Und in Kärnten bietet die Arbeiterkammer Eltern in Karenz zur Unterstützung ihres beruflichen Wiedereinstiegs unter dem Titel „Baby. Comeback“ kostenlose Kursprogramme an – eine gute Voraussetzung, um topinformiert wieder einzusteigen. Die Aktion wird vom AMS unterstützt, das Angebot reicht von arbeits- und sozialrechtlichen Informationen für Eltern bis hin zu EDV-, Buchhaltungs- oder Sprachkursen. Ebenfalls im Bildungsprogramm: Kurse mit Zertifikaten, die eine berufliche Neuorientierung ermöglichen.
Auch in anderen Bundesländern hält man Hilfe für Eltern in Karenz bereit, die bereits in der Karenz erste Schritte zum Comeback ins Berufsleben setzen wollen: Wien und Niederösterreich fördern das Vorwärtskommen mit zusätzlichen 50 Euro.
Alle diese Angebote sollen Mütter und Väter motivieren, sich schon in der Karenz wieder optimal auf die Rückkehr in den Beruf vorzubereiten. Ob Sie sich nun für die Auffrischung Ihrer Kenntnisse, zur Neuorientierung in Ihrem Betrieb oder für eine komplette zusätzliche Schulung entscheiden: Weiterbildung in der Karenz ist sinnvoll und notwendig, um up to date ein Comeback in den Beruf zu schaffen.
Ich will!
Angela Luef, Teilzeitbeschäftigt und selbstständig mit der Web-Design-Firma www.barrierefreies-webdesign.co.at
Sie ist Schauspielerin, Grafikerin, Webdesignerin, Schlagzeugerin, Künstlerin, Fotografin, Mutter zweier Buben und seit 2001 verheiratet. Ach ja, dazwischen immer wieder Lagerarbeiterin und zuletzt schon so etwas wie die rechte Hand des Chefs. Kurz und gut: quirlig, blond, strebsam – Angela Luef eben.
Die 39-jährige Angela geht nur zu bestimmten Zeiten ans Telefon, sonst hebt meist ihr Mann ab, der Lehrer ist. „Angela hat leider erst am Abend Zeit“, heißt es dann, „sie arbeitet“. Doch hat man Angela Luef endlich am Telefon, dann ist man mundtot, denn sie hat viel zu erzählen. Und das soll sie nun auch …
fratz&co: Frau Luef, was machen Sie zu Zeit?
Angela Luef: Momentan kümmere ich mich um meine Web-Design-Firma www.barrierefreies-webdesign.co.at – wenn ich nicht als Teilzeitangestellte in einem Pharmaunternehmen Marketingagenden betreue und mich um meine Jungs kümmere.
fratz&co: Ihrem Lebenslauf nach haben Sie aber vor Ihrer Karenz anderes gemacht. Wie kamen Sie dazu?
Angela Luef: Ich war zuletzt als Lagerarbeiterin so etwas wie die rechte Hand meines Chefs. Als ich dann schwanger wurde, musste ich in vorzeitigen Mutterschutz gehen und hatte viel Zeit nachzudenken. An und für sich hatte ich ja geplant, nach der Karenz wieder zurückzukehren, allerdings reizte mich der Gedanke auch, etwas Neues – sprich: Altes – wieder aufzunehmen. Ich entschied mich daher schon während der Schwangerschaft, über Weiterbildungsmaßnahmen nachzudenken. Ich habe mich informiert, bin zur AK und zum AMS gegangen … und bald wusste ich, dass es doch nicht so leicht werden wird. Doch es gibt Maßnahmen, die angeboten werden, speziell in meinem Beruf: Web-Design und PC. Mir war wichtig, den Anschluss zu finden, in den letzten Jahren haben sich die Technik und die Programme stark verändert. Dank des AMS und der AK konnte ich einen Kurs am WIFI besuchen und habe mich relativ rasch wieder in meinem ursprünglichen Beruf wiedergefunden.
fratz&co: So, wie Sie es sagen, klingt das sehr einfach. Ist es wirklich leicht, Weiterbildungsmaßnahmen während der Karenz mit der Aufgabe als Mutter zu vereinbaren?
Angela Luef: Mir war es wichtig, meine Kinder aufwachsen zu sehen. Meine beiden Buben (6 und 7 Jahre) wurden knapp hintereinander geboren. Also entschied ich mich für ein Fernstudium beim Humboldt Institut als Grundlage. Danach wurden mir mehrere Kurse in den Bereichen Existenzgründung und Buchhaltung ermöglicht. Zusammen mit den berufsspezifischen Kursen konnte ich schon am 1. Jänner 2006, also knapp drei Monate nach dem Ende meiner Karenzzeit, meine eigenen Firma gründen.
fratz&co: Welche Tipps können Sie zum Thema Weiterbildung in der Karenz geben?
Angela Luef: Das Wichtigste ist: „Ich will“. Nur wer sich genau informiert und weiß, wohin die Reise gehen soll, weiß auch, wonach er fragen kann. Ich hatte das Glück, gerade in meinem Beruf etliche Angebote vorzufinden, die ich auch genutzt habe. Jede Frau und jeder Mann, die sich weiterbilden möchten, bekommen zum Glück in Österreich Unterstützung, aber es sei auch gesagt, dass man gezielt nachfragen sollte. Sich zu informieren, steht also neben dem Wollen ganz oben auf der Liste der „To Dos“.
fratz&co: Wir danken für das Gespräch … und weiterhin viel Erfolg!
Die Expertin
Silvia Lechner-Stingl, AK Niederösterreich, Abteilung Arbeits- und Sozialrecht, über die Vorteile und Möglichkeiten im Rahmen einer Weiterbildung während der Karenz
fratz&co: Wie wichtig sind Weiterbildungsmaßnahmen in der Karenz und welche Hürden erwarten einen?
Silvia Lechner-Stingl: Heutzutage ist es sehr wichtig, sich immerfort weiterzubilden. Unternehmer bzw. Arbeitgeber erwarten dies sogar in vielen Fällen. In erster Linie ist es im Rahmen der Weiterbildungsfrage wichtig, sich über seine Ziele klar zu werden. Hürden sind kaum zu erwarten, denn gerade Unternehmer begrüßen Eigeninitiative. Allerdings muss man beachten, dass Weiterbildung – zum Beispiel im Unternehmen selbst – nicht als versteckte Teilzeitarbeit ausgenutzt wird. Weiterbildungsmaßnahmen als Arbeitszeit anzurechnen kommt manchmal vor, ist allerdings nicht gestattet: Weiterbildung ist keine Arbeitszeit.
fratz&co: Wenn Anfahrtswege anfallen oder Unterlagen besorgt werden müssen – wer kommt dafür auf?
Silvia Lechner-Stingl: In der Regel muss dafür derjenige aufkommen, der diese Maßnahmen annimmt. Allerdings gibt es seitens der Arbeiterkammer einen „Bildungsbonus“, der einen Teil abdecken kann. Es gibt allerdings auch Unterstützung vom AMS, wenn es um Existenzgründungen geht. Das kann man aber in den einzelnen Fällen prüfen und ist individuell zu sehen.
fratz&co: Welche Möglichkeiten zur unmittelbaren Weiterbildung hat der Interessent?
Silvia Lechner-Stingl: Man kann sich an Bildungsinstitute wie das BFI und Wirtschaftsförderungsinstitute wenden. Die AK hat dezidiert Bildungspartner, die mit dem „AK plus Logo“ gekennzeichnet sind. Das sind Berufsförderungsinstitut sowie das Bildungs- und Heimatwerk (BHW). Viele dieser Maßnahmen betreffen im Übrigen Bürotätigkeiten und PC-Schulungen im Office-Bereich.
Telefonische Beratung durch AK-ExpertInnen
AK Wien: Tel. 01 501650
AK Niederösterreich: Tel. 01 588830
AK Oberösterreich: Tel. 050 96061
Links
www.arbeiterkammer.at
Hier findet man Infos und eine Reihe von Musterbriefen zum Thema Teilzeitarbeit.
www.waff.at
WAFF – Wiener ArbeitnehmerInnen Fonds
www.ams.at
Arbeitsmarktservice
www.arbeiten-in-salzburg.at
Eine Initiative u. a. von AMS Salzburg, Land Salzburg
www.gruenderservice.at
Gründerservice der Wirtschaftskammern Österreichs
www.barrierefreies-webdesign.co.at
Angela Kuef, Web-Design
Haben auch Sie Probleme beim Wiedereinstieg nach der Babypause? Dann schicken Sie eine E-Mail an topimjob@fratz.at. Unsere ExpertInnen werden gemeinsam mit Ihnen nach einer Lösung suchen.
Text: Gilbert Brandl
Foto: Shutterstock.com Monkey Business Images